25-Millionen-Investition: Der Baustart am Stausee Gigerwald steht an | W&O

30.08.2022

25-Millionen-Investition: Der Baustart am Stausee Gigerwald steht an

Demnächst wird mit dem sehr aufwendigen stufenweisen Ablass des Gigerwald-Stausees im Calfeisental begonnen.

Von Hans Bärtsch
aktualisiert am 28.02.2023
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Die Vorarbeiten laufen seit Langem. Nun ist alles bereit. Sichtbarstes Zeichen dafür sind die beiden feuerroten Kräne, die auf der Krone der Staumauer stehen. Dort, wo sie in den kommenden Monaten vom sogenannten Installationsplatz ausser- und unterhalb der 141 Meter hohen Staumauer den Beton und die Fertigbauteile heraufhieven und auf der Seeseite wieder hinunterlassen. Projektleiter Erich Schmid – er ist bei der Axpo Hydroenergie «für alle komplizierten Fälle zuständig», wie er mit einem Lachen sagt – hat bereits bei diesen Kränen Superlativen zur Hand. Es handelt sich um die leistungsfähigsten Modelle europaweit; entsprechend musste sie die ausführende Baufirma (Marti AG aus Zürich) aus dem Ausland zumieten. Der stärkere von beiden Kränen schafft es, mit einem Ausleger von 30 Metern ein Gewicht von 30 Tonnen zu heben. Allein die Gegengewichte dieses Krans wiegen um die 230 Tonnen
 Erich Schmid, Projektleiter.
Erich Schmid, Projektleiter.

Lose Steine wurden bereits entfernt

Bei der kürzlich stattgefundenen Besichtigungstour wird mit diesem Kran im Wasser nochmals «abgetastet», wie viel Material auf der Decke des jetzigen Grundablasses liegt. Ansonsten sind auf der Staumauer selber erst kleinere Arbeiten im Gang. So entfernt die Werkgruppe der Kraftwerke Sarganserland (KSL) letztes Material (Sträucher, kleine Bäume) von der steilen Wand, die auf der gegenüberliegenden Seite der Strasse nach St. Martin nach oben ragt. Von losen Steinen ist die Felswand bereits gereinigt. Das gehörte mit zu den wichtigen Vorarbeiten, damit die Tätigkeit im Stausee möglichst gefahrlos vonstattengehen kann.
 Der Installationsplatz unterhalb der Mauer füllt sich mit Baumaterialien – es kann losgehen.
Der Installationsplatz unterhalb der Mauer füllt sich mit Baumaterialien – es kann losgehen.
Den zweiten Halt legen wir auf dem Installationsplatz am Fuss der Staumauer ein, von wo aus sich die beiden Kräne schier wie Spielzeuge ausnehmen. Hier steht eine grosse Betonmischanlage, dazu das nötige gedeckte Sand-, Kies- und Gesteinsmateriallager. Dieses wird für die Betonherstellung benötigt. Das Lager wird dann im Winter permanent voll gehalten. Die ersten Betonfertigteile sind auch schon eingetroffen.

Bis zu 14 Tage ohne Nachschub sind möglich

Weitere Sondertransporte werden in den nächsten Tagen und Wochen erfolgen. Die Vorfertigung sei zwar deutlich teurer, erläutert Schmid, aber die Zeitersparnis mitgezählt, rechne es sich dann doch wieder. Da die Bauphase auf die Wintermonate gelegt ist, die Zufahrt zum Gigerwald jedoch in lawinengefährdetem Gebiet liegt, ist der Installationsplatz so konzipiert, dass dort immer so viel Baumaterial zur Verfügung stehen muss, um 14 Tage ohne Nachschub weiterarbeiten zu können. Schmid sagt:
Essen könnte man zur Not einfliegen, aber mit tonnenweise Material für Beton würde es schwieriger.
Die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Erhöhung der Einläufe beim Stausee Gigerwald sind insbesondere die äusseren Einflüsse: Witterung, Schnee, Wasser, Kälte. Nicht umsonst ist die Strecke von Vättis nach St. Martin den Winter über gesperrt. Die Bedingungen sind einfach zu unwirtlich, die (einzige) Zufahrtsstrasse, wie erwähnt, stark lawinengefährdet.
 Demnächst wird das Wasser nach und nach aus dem See abgelassen.
Demnächst wird das Wasser nach und nach aus dem See abgelassen.
Von der Kälte her sollte die Temperatur idealerweise nicht unter fünf Grad Celsius fallen, um doch noch betonieren zu können. Dazu darf es nicht zu starken Niederschlägen in Form von Regen kommen, damit nicht zu viel Wasser anfällt. Die Tage sind zudem kurz, sodass man nicht um Flutlicht herumkommt, um im Zwei-Schicht- und Sechs-Tage-Woche-Betrieb mit rund 50 Mitarbeitern bis spätestens 30. April nächsten Jahres durchzukommen.

Einläufe werden höher gelegt

Wie am öffentlichen Infoabend von Ende April in Vättis erläutert, geht es bei den Arbeiten am Stausee Gigerwald um langfristige Massnahmen gegen die Verlandung – also Ablagerungen von Sand und Kies, die sich auf dem Grund des Sees ansammeln. Aus diesem Grund werden sowohl der Grundablass wie der Triebwassereinlauf separiert und auf einem höheren Niveau angebracht; um 18 Meter wird der Grundablass- und um 24 Meter der Triebwassereinlauf nach oben versetzt. Das ergibt ein Bauwerk, welches eine Höhe von insgesamt rund 40 Metern aufweist.

Kraftwerk geht sieben Monate vom Netz

Diese Arbeiten können natürlich nicht unter Wasser erfolgen. Deshalb wird der See ab Ende August stufenweise abgelassen. Zuerst auf ein Niveau von 1290 Meter über Meer, dann folgen weitere Schritte auf 1270 und 1250 Meter. Ab 3. Oktober erfolgt dann die komplette Absenkung, womit auch die Turbinen des KW Mapragg zum Stillstand kommen und das Kraftwerk für rund sieben Monate vom Netz geht.
 25 Millionen Franken werden investiert.
25 Millionen Franken werden investiert.
Die Restentleerung des Sees erfolgt über den Grundablass mit der Abgabe des Wassers in die Tamina. Dies erfolgt mittels einer stufenweisen Erhöhung der abgegebenen Wassermenge – und aus ökologischen Gründen. Die Lebewesen in der Tamina können sich so auf deutlich stärker fliessendes Wasser einstellen. Insgesamt geht es um rund 500 000 Kubikmeter Wasser, das aus dem Gigerwald-Stausee abgelassen wird.

Im Sommer fliesst zuviel Wasser zu

In diesem Zusammenhang werden schon bald auch auf der Weisstanner Seite die Klappe heruntergelassen und die Wasserfassungen ausgeleitet, sodass kein Wasser mehr von dort durch den sechs Kilometer langen Stollen Richtung Calfeisental respektive Stausee fliesst. Heisst auch, dass die Seez und ihre Zuflüsse mehr Wasser führen werden. Schmid relativiert indes: Im Winter fliesse in den Bergen deutlich weniger Wasser als im Sommer. Das sei im Übrigen auch der Grund, die Arbeiten am Gigerwald-Stausee auf die Wintermonate zu legen. Im Sommer würde man der zufliessenden Wassermassen kaum Herr werden.

«Gigerwald» für Bauarbeiter offen

Interessantes Detail im Zusammenhang mit dem Wasser: Auch vom Tersol her fliesst Wasser in den Stausee. Dieses wird nun in neu angelegte Rohre geleitet, ausserhalb der Staumauer zum Installationsplatz geführt und für die Herstellung des Betons verwendet. Der Installationsplatz selber wurde seit vergangenem Herbst ausgeebnet – eine ebenfalls nicht unerhebliche Vorarbeit, galt es doch einen Höhenunterschied von drei Metern auszuebnen. Hier führt auch die temporäre Verbindung nach St. Martin durch – der Weg über die Staumauer steht während der ganzen Bauphase nicht zur Verfügung. Bis zur Wintersperre kommt man zu Fuss, mit dem Bike, Motorrad oder Auto problemlos ins Walserdorf, die Umleitung ist, verbunden mit einer Lichtsignalanlage, beim Restaurant Gigerwald markiert. Die erlaubte Fahrzeit pro halbe Stunde ist mit dieser Umleitung um fünf Minuten verkürzt. Ebenfalls zu beachten: Auf der Staumauer stehen zurzeit keine Parkplätze zur Verfügung. Apropos Restaurant Gigerwald: Dieses geht normalerweise in den Winterschlaf, bleibt heuer jedoch offen – als Kantine für die erwähnten rund 50 Mitarbeiter, für die gleich daneben ein Containercamp errichtet wurde, um vor Ort bleiben und übernachten zu können.

Investition dient unter anderem der Betriebssicherheit

In diesem Restaurant blinzeln wir in die Sonne, obwohl es gemäss den Wetterprognosen regnen sollte. Projektleiter Schmid, bei der Axpo Hydroenergie der Mann für die heiklen Projekte, steht vor einer Sitzung und sagt zum Abschied noch einmal mit einem Lachen:
Es kommt alles gut, wir haben ja auch gutes Wetter bestellt.
Das sei ihm und dem ganzen Team auf dieser spektakulären Baustelle gewünscht. Das ganze Projekt wird mit 25 Millionen Franken zu Buche schlagen. Eine Investition, die einerseits der Betriebssicherheit der Anlage dient und langfristig das Engagement der Axpo, zu der die KSL mehrheitlich gehören, zugunsten der erneuerbaren Energien in der Schweiz bekräftigen.