Wir tun uns schwer mit der finanziellen Sicherstellung unserer Sozialwerke. So gilt bei den Pensionskassen immer noch der mathematisch unhaltbare Umwandlungssatz von 6,8%, und selbst eine moderate Senkung trifft seit Jahren auf Widerstand. Und die eigentlich selbstverständliche Angleichung des AHV-Rentenalters unabhängig vom Geschlecht kam bei der letzten Abstimmung nur knapp durch.
Nun kommen gleich zwei AHV-Vorlagen zur Abstimmung Die eine verlangt eine zusätzliche 13. AHV-Monatsrente. Geldverteilen ist populär! Als Rentner nähme ich dieses Geld gerne, wenn ich mir nicht Gedanken über die schlicht fehlende Finanzierung machen müsste. Das Wort «Giesskanne» ist bei dieser Vorlage noch untertrieben, denn ausgerechnet die nicht verheirateten Wohlhabenden mit Maximalrente würden bei einem Ja das grösste Weihnachtsgeld kriegen. Verheiratete kriegen immerhin maximal drei Viertel davon und die ärmeren Menschen mit der Minimalrente gar nur die Hälfte davon, obwohl die Initiative von Links stammt.
In den Sozialen Medien wird mit sehr rechtslastigen Argumenten gefochten. «Ausland- und Flüchtlingshilfe streichen, und dafür eine 13. Rente!» – Das ist eines der noch harmloseren Schlagworte. Und es wird salopp argumentiert, die AHV hätte einen sagenhaften Reichtum von gegen 40 Milliarden Franken und schwimme quasi im Geld! Bei Jahresausgaben von rund 50 Milliarden reicht dieser Geldtopf gerade mal für neun Monate. Bei einem Ja wäre bei vier Milliarden jährlichen Zusatzausgaben dieser notwendige Puffer in neun Jahren verbraucht! Also Nein zu diesem Abenteuer zu Lasten der AHV!
Es gibt noch eine zweite Initiative, von der Jung-FDP, eher unangenehm und unpopulär. Sie will das Rentenalter in Zukunft an die Lebenserwartung koppeln. So daneben ist diese Idee nicht, im Gegenteil! Bei der Einführung der AHV wurde aufgrund der damaligen Lebenserwartung von etwas über 70 Jahren das Rentenalter auf 65 festgelegt, damit die Rentner im Durchschnitt noch etwa zehn Jahre davon zehren konnten. Heute geht die damalige Rechnung nicht mehr auf. Der vorgesehene sehr sanfte Anstieg in mittlerer Zukunft ist notwendig, moderat und zumutbar. Etwas schmunzeln muss man allerdings, dass bei einem Ja dann unter anderem folgender Satz neu in unserer Verfassung stünde: «…Das Rentenalter entspricht der Differenz zwischen der Lebenserwartung und dem Referenzwert, multipliziert mit dem Faktor 0,8 zuzüglich 66…» - Alles klar? Ein bisschen Mathe brauchts offenbar hin und wieder, selbst auf Verfassungsebene.
Josef Dudli, Bogenstrasse 3, 9470 Werdenberg