Alarm an Berufsschule in Altstätten: wie ein Lernender den Tag erlebt hat | W&O

12.01.2023

Alarm an Berufsschule in Altstätten: wie ein Lernender den Tag erlebt hat

Am Mittwochmorgen liess die Kantonspolizei die Schule wegen eines Drohanrufes räumen. Der Unterricht fiel zwar komplett aus. Doch die Lernenden fanden in ihren Lehrbetrieben genügend Arbeit vor.

Von Monika von der Linden
aktualisiert am 28.02.2023
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Als Michael Steiger am Mittwoch um 7.40 Uhr beim Berufs- und Weiterbildungszentrum in Altstätten ankam, merkte er sofort, dass er keinen gewöhnlichen Berufsschultag vor sich haben würde. «Was ist denn hier los», fragte sich der 24-jährige KV-Lehrling, als er auf dem Parkplatz drei Polizeiautos stehen sah. Am Schulhauseingang wurde er kontrolliert. Michael Steiger sagt:
Als die Polizei meinen Rucksack filzte, dachte ich an eine Drogenkon­trolle.
Schliesslich durfte der Lernende ins Schulzimmer gehen. Dort waren sie zu sechst. Einer von ihnen bereitete sich darauf vor, eine Prüfung nachzuschreiben. Die Lehrerin hatte die Unterlagen bereits ausgegeben. «Sie wusste auch nicht, was los war.» Kurz darauf machte die Polizei eine Durchsage, alle mussten das Schulhaus verlassen und wurden nach Hause geschickt.

Anonyme Drohung löste Polizeieinsatz aus

Um 7 Uhr hatte die Kantonspolizei St. Gallen erfahren, dass jemand eine Drohung gegen das Berufs- und Weiterbildungszentrum ausgesprochen hatte. Betroffen waren alle Standorte in Altstätten und Rorschach. Die Polizei geht nicht darauf ein, womit die anonyme Person oder Gruppe gedroht hatte. So wie Michael Steiger erging es etwa 500 anderen Lernenden und Lehrpersonen. Ihr Unterricht fiel aus. Ein Grossteil von ihnen bekam jedoch nichts vom Grosseinsatz der Polizei mit. Sie erfuhren schon vor Schulbeginn, dass sie sich den Weg sparen konnten. Sie erschienen erst gar nicht im Schulhaus und waren so keiner potenziellen Gefahr ausgesetzt. Ein mulmiges Gefühl oder gar Angst hat Michael Steiger in keinem Moment verspürt. «An einen Amoklauf habe ich gar nicht gedacht.» Eher habe er an eine Übung der Polizeischule geglaubt. Etwas Ähnliches kennt der 24-Jährige aus dem Militär. Erst als er im Lehrbetrieb war, erfuhr er von der Mitteilung der Polizei und der Drohung gegenüber der Schule. Die Kantonspolizei St. Gallen hatte bereits um 9 Uhr Entwarnung für alle Standorte des Berufs- und Weiterbildungszentrums gegeben. Als sie die Gebäude durchsuchte, war ihr nichts aufgefallen. Dennoch blieben alle Standorte der Berufsschule am Mittwoch geschlossen und die Polizei blieb vor Ort präsent.

Nur der Anrufbeantworter war aktiv

Wer am Mittwochmorgen die Berufs- und Weiterbildungszentren in Altstätten und Rorschach am Telefon erreichen wollte, musste mit einem automatischen Beantworter vorliebnehmen. Die Frauenstimme liess die Anrufenden wissen, dass das Berufs- und Weiterbildungszentrum geschlossen blieb. Die Lernenden wurden angewiesen, in ihre Betriebe zu gehen. Diese wurden per Mail informiert: «Der Unterricht fällt heute für alle Lernenden aus! Die Lernenden arbeiten heute somit im Betrieb.»

Genug Arbeit am Ausbildungsplatz

In der Stadtkanzlei Altstätten sind drei Lernende, die mittwochs das Berufs- und Weiterbildungszentrum besuchen, beschäftigt. «Wir sind im direkten Kontakt mit der Schule und den Lernenden», sagt Leiterin Beatrice Zeller. Fällt bei den Lernenden der Unterricht unerwartet aus, bereitet dies der Stadtkanzlei keine Probleme. Alle haben ihren Aufgabenbereich und wären jederzeit beschäftigt. Erst im Laufe des Vormittages erfuhr Marcus Flepp, Standortleiter libs Heerbrugg von dem Polizeieinsatz. Eine Lernende, deren Unterricht ausfiel, hatte gefragt, ob sie den Tag im Homeoffice arbeiten dürfe. Der Wunsch wurde ihr gewährt. Die zwei weiteren betroffenen KV-Lernenden gingen wie üblich in ihren Betrieb. So hält Marcus Flepp fest:
Arbeit hat es immer genug.
Auch im grossen Industrieunternehmen SFS in Heerbrugg löste der Unterrichtsausfall keinen grossen Wirbel aus. «Manche Lehrpersonen haben ihren Lernenden Aufträge erteilt, die sie daheim erarbeiten sollen», sagt Claude Stadler, Leiter Corporate Services bei SFS. So verbrachten einige Lernende den unterrichtsfreien Tag im Betrieb und andere im Homeoffice. Ab Donnerstag sollte der Schulbetrieb wieder regulär verlaufen. Die Polizei ermittelt weiter und sieht es als möglich an, dass ein falscher Alarm provoziert wurde. Dennoch nimmt sie die Drohung sehr ernst und hatte viele Polizeikräfte im Einsatz. Insgesamt waren es am Mittwoch mehr als 100 Mitarbeitende. Angefangen von Einsatzdisponenten, über Frontpatrouillen, die Interventionseinheit, Führungskräfte, Ermittler und diverse Fachspezialisten.

Inventur statt Schulunterricht

Schliesslich verlief Michael Steigers Tag ruhig. Er verbrachte ihn in seinem Lehrbetrieb, der BüroTech Spirig AG in Berneck. «Wir sind mit der Inventur beschäftigt», sagt er. Zu tun hatte der Drittjahr-Lernende also genug, obwohl man im Betrieb nicht mit ihm gerechnet hatte.