Amerikanische Sanktionen gegen eine Buchser Geisterfirma: ChimConnect AG ist Geschichte | W&O

08.03.2022

Amerikanische Sanktionen gegen eine Buchser Geisterfirma: ChimConnect AG ist Geschichte

Im März 2021 fanden sich eine Buchser Firma und ihre Konstanzer Tochtergesellschaft auf einer Sanktionsliste der USA. Recherchen zeigen: Die Firmen sind nach wie vor mit Restriktionen beim Export von Gütern im Zusammenhang mit Massenvernichtungswaffen belegt. Doch die Unternehmen gibt es nicht mehr.

Von Thomas Griesser Kym
aktualisiert am 28.02.2023
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Im Frühling 2021, Anfang März, wurde sie wie aus heiterem Himmel publik: eine Sanktionsliste der USA, auf der 13 Firmen und ein russisches Forschungslabor standen. Der Vorwurf des US-Handelsministeriums lautete auf «Weitergabeaktivitäten zur Unterstützung des russischen Massenvernichtungswaffenprogramms». Hintergrund war die Vergiftung des russischen Oppositionellen Alexei Nawalny mit dem Nervenkampfstoff Nowitschok und seine Inhaftierung.

Den angeschuldigten Firmen und dem Labor wurden von den USA Exportrestriktionen auferlegt und jeder, der mit ihnen Geschäfte mache, müsse damit rechnen, ebenfalls von den USA sanktioniert zu werden, schrieb das Ministerium. Von den 13 Firmen kommen neun aus Russland, drei aus Deutschland – und eine aus der Schweiz, die ChimConnect AG aus Buchs im Kanton St.Gallen.

Richter hat ChimConnect aufgelöst und Liquidation angeordnet

Seither ist es ruhig geblieben in diesem Fall. Auch in deutschen Medien war die Angelegenheit rasch kein Thema mehr. Ein Blick ins Handelsregister zeigt: ChimConnect existiert nicht mehr. Demnach hat der Einzelrichter des Kreisgerichts Werdenberg-Sarganserland mit Entscheid vom 13. September 2021 die Firma gemäss OR Art. 731b aufgelöst und ihre Liquidation nach den Vorschriften über den Konkurs angeordnet. In der Folge wurde am 1. Oktober 2021 der Konkurs eröffnet, und an die Adresse der Gläubiger der ChimConnect erging der Schuldenruf.

Zu konkursamtlicher Liquidation einer Gesellschaft gemäss OR Art. 731b kommt es im Falle von Organisationsmängeln, beispielsweise wenn die Gesellschaft keine eingetragenen Organe mehr hat. Das war bei ChimConnect der Fall: Ihr einziger Verwaltungsrat war noch im März 2021, kurz nachdem die US-Sanktionsliste mit seiner Firma drauf publik geworden war, aus dieser ausgeschieden.

Das Unternehmen war nur noch eine Hülle

Zuständig für die Konkurseröffnung bei ChimConnect ist die Regionalstelle Buchs des Konkursamts St.Gallen. Der Regionalstellenleiter und Konkursbeamte Roger Bernegger sagt, das Konkursverfahren sei in fortgeschrittenem Liquidationsstatus und dürfte demnächst abgeschlossen werden können, wohl noch im ersten Quartal 2022.

Bernegger bestätigt, dass der damalige einzige ChimConnect-Verwaltungsrat, der wie schon im Frühling 2021 keine Stellung nehmen mochte, bei Konkurseröffnung längst ausgeschieden und die Firma nicht mehr operativ tätig war. Aus ihrem Umfeld verlautet, ChimConnect sei bereits seit rund zwei Jahren nicht mehr aktiv gewesen. Als Zweck war im Handelsregister der Handel mit Laborchemikalien und Laborgeräten genannt.

Seco hat keine Verstösse gegen Exportkontrolle festgestellt

Roger Bernegger sagt weiter, bei Konkurseröffnung seien bei ChimConnect, die Anfang 2012 mit einem Aktienkapital in Höhe von 100'000 Franken gegründet worden war, kaum Vermögenswerte vorhanden gewesen. Auf den Schuldenruf hätten sich zwar Gläubiger gemeldet, doch mit keinen grösseren Forderungen.

Aktiv geworden betreffend ChimConnect ist auch das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco). Der Fall ist allerdings bereits abgeschlossen. Seco-Sprecherin Livia Willi äussert sich in aller Kürze: «Die Abklärungen des Seco haben ergeben, dass in der Schweiz keine Widerhandlungen gegen das Exportkontrollrecht begangen worden sind.»

Eine neue US-Liste mit Firmen aus aller Welt

Gar nicht äussern über die Sanktionsliste und allfällige Folgen wollen sich die amerikanischen Behörden in Washington. Eine Sprecherin des US-Handelsministeriums, zuständig für die Führung von Sanktionslisten, wollte auf Anfrage keine Stellungnahme abgeben.

Im Internet einsehbar ist jedoch eine neue Liste des Amts für Industrie und Sicherheit (BIS), das Teil des US-Handelsministeriums ist. Auf 526 Seiten werden Firmen aus aller Welt genannt, die für die Ausfuhr gewisser Güter Exportgenehmigungen der USA benötigen.

Auch die Konstanzer Tochter ist passé

Auf der Liste, die vom 3. März 2022 datiert, stehen unter vielen anderen auch alle Firmen von der ein Jahr alten Sanktionsliste, also auch die Buchser ChimConnect AG und deren Konstanzer Tochter ChimConnect GmbH. Sie unterliegen demnach US-Restriktionen beim Export von Gütern zur Verwendung für nukleare Zwecke, für Raketen und Drohnen sowie für chemische und biologische Waffen.

Allerdings: Wie mit der Buchser ChimConnect AG in Liquidation ist es allen Anzeichen nach auch mit ihrer Konstanzer Tochter vorbei: Deren Büro ist geschlossen und die Telefonnummer ungültig, die Website funktioniert nicht mehr, und die Geschäftsführerin ist vor einem Monat, per 8. Februar 2022, ausgeschieden.