«SP zurück auf dem Boden der Realität»,
Ausgabe vom 10. Juni
Mit der Ablehnung der Prämienentlastungsinitiative, so lese ich im W&O vom 10. Juni, habe die SP «einen Wirkungstreffer kassiert». Als «Wirkungstreffer» bezeichnet man gemäss Wikipedia «insbesondere beim Boxen Schläge, deren Wirkung den Gegner körperlich und geistig sichtbar beeinträchtigen». Ist es also den Gegnern der Prämienentlastungsinitiative bloss darum gegangen, der Linken eine vernichtende Niederlage zuzufügen? Fast scheint es so, wenn man jetzt überall die triumphierenden Kommentare der «Sieger» vom vergangenen Wochenende sieht und hört.
Ein Sieg aber mit überaus bitterem Nachgeschmack. Denn «gesiegt» haben vor allem all jene Gutverdienenden, für die eine Deckelung der Krankenkassenprämie auf zehn Prozent des Einkommens kaum einen Vorteil bringt, da sie sowieso einen viel kleineren Prozentsatz ihres Einkommens für die Prämie aufbringen müssen.
Verloren haben dagegen all jene, die so wenig verdienen, dass sie bis zu 20 Prozent ihres Einkommens für die Prämie hinblättern müssen. Die Abstimmungsanalyse zeigt daher auch deutlich: Je höher das Einkommen, umso geringer die Zustimmung zur Initiative. So funktioniert eine «Demokratie», die nicht auf Solidarität und Gemeinsinn gegründet ist, sondern auf purem Egoismus.
Einmal mehr ist die Rechnung jener, welche immer wieder Initiativen von grösster gesellschaftspolitischer Dringlichkeit mit allen Mitteln bodigen wollen, aufgegangen: Betrug die Zustimmung zur Initiative in den ersten Meinungsumfragen noch rund 60 Prozent, was ihre breite Akzeptanz bei der Bevölkerung bewies, so nahm sie darnach kontinuierlich ab, bloss weil von ihren Gegnern Angst geschürt wurde, man könnte die entstehenden Mehrkosten nicht bezahlen. Wenn man aber in Betracht zieht, dass diese Mehrkosten 18-mal geringer gewesen wären als die Gesamtheit aller jährlichen, unversteuerten Erbschaften, dann wird deutlich, wie weit hergeholt diese Argumentation gewesen ist.
SP zurück auf dem Boden der Realität» – so lautet der Titel des erwähnten Artikels im W&O. Lieber wäre mir, die FDP und alle anderen, welche die Initiative erfolgreich gebodigt haben, würden endlich auf dem Boden der Realität ankommen. Auf jenem Boden der Realität nämlich, auf der sich, zusammen mit Abertausenden anderen, jene 20-Jährige befindet, die mir just dieser Tage erzählte, sie könne sich nach ihrem schweren Autounfall die dringend nötige Rückenoperation nicht leisten, da sie, weil sie die Krankenkassenprämie nicht mehr hätte bezahlen können, auf eine schwarze Liste gesetzt worden sei und deshalb nur noch bei Notfallbehandlungen finanzielle Unterstützung bekomme.
So wird sie wohl zeitlebens unter Schmerzen leiden und in ihrer beruflichen Tätigkeit stark eingeschränkt bleiben. Der «Wirkungstreffer» hat voll ins Schwarze getroffen.
Peter Sutter, Wiedenstrasse 32, 9470 Buchs