Leserbrief: «Bürgerliche wittern unerlaubte Einmischung», Ausgabe vom 10. April
Die Reaktionen von Mitte, FDP und SVP auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sind aus folgenden zwei Gründen befremdlich. Erstens logisch: Die Wissenschaft zeigt klar auf, dass die Schweiz beim Klimaschutz nicht auf Kurs ist. Wenn nun die Massnahmen im CO2-Gesetz wie behauptet, erfolgreich umgesetzt würden, so ist das kein Widerspruch, sondern bedeutet einfach, dass das CO2-Gesetz nicht ausreichend ist.
Zweitens juristisch: Der EGMR hat entschieden, dass die Schweiz durch ihr Handeln (oder eher Nichthandeln) die Menschenrechtskonvention verletzt. Dies als unzulässige Einmischung oder Unverständnis unserer Demokratie zu betrachten bedeutete aber, dass Schweizer Volksentscheide stärkere Gültigkeit als die Menschenrechte hätten – eine Haltung, die dem Artikel 1 ebendieser Konvention widerspricht.
Und mir überdies sehr fragwürdig erscheint, würde sie doch zum Beispiel die Einführung von Sklaverei und Folter via Volksentscheid ermöglichen. Um die Diskussion zu vereinfachen, sei die Gretchenfrage explizit gemacht: «Wie hast du’s mit der Wissenschaft bzw. den Menschenrechten?»
Fred Rohrer, Grosse Grof 9, 9470 Buchs