Eines vorweg: Die neue Eigenproduktion des TAK bietet anspruchsvolles und packendes Theater in Wort und Bild, brillante Szenen und Dialoge. Das Bühnenbild, verantwortlich dafür Alexander Grüner, ist unaufgeregt konstruiert, die Lichteffekte und Projektionen erzeugen ein dezent fiktionales Universum, die Kulisse ist hier eher Nebensache.
Im Zentrum stehen fünf Darsteller, die ihre Rollen mit Empathie für die Sache, gehaltvoll und wuchtig vortragen. Ein zweieinhalbstündiger Theatergenuss auf höchstem Niveau.
Das Stück basiert auf einem Roman des Schriftstellers Daniel Kehlmann, erschienen im Jahr 2005 im Rowohlt Verlag. Erzählt werden die teils authentischen, teils fiktiven Lebensgeschichten des Mathematikers Carl Friedrich Gauss (1777 bis 1855) und des Naturforschers Alexander von Humboldt (1769 bis 1859).
Für die Produktion hat TAK-Intendant Thomas Spieckermann eigens eine neue Bühnenfassung des Romans verfasst, Regie führt Oliver Vorwerk. Auch dem, der das Buch gelesen hat, ist die kurze Einführung vorab zu empfehlen, Dramaturg Jan Sellke ordnet ein und bietet so den Boden für eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Schauspiel.
Ein Denker und ein Deuter als Gegensätze
Wie auch das Buch erzählt die Bühnenfassung von den Lebenswegen und Lebensweisen zweier aussergewöhnlicher Wissenschafter, zwei Männer, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Der eine, Gauss, ein rationaler und linientreuer Denker, der selbst Liebe in Mathematik konserviert, der andere, Humboldt, ein wagemutiger und nach Deutung strebender Entdecker. Zwei Menschen, zwei Welten, zwei Geschichten – eine Bühne.
Das Theaterstück konzentriert sich geschickt auf Gegensätze, Visionen, Errungenschaften, Bedeutung und persönliche Konflikte der beiden Protagonisten. Besonders hervorzuheben ist im Prinzip die gesamte schauspielerische Leistung aller Darsteller, Dan Glazer als Humboldt und Oliver Reinhard als Gauss ragen dabei als Hauptfiguren naturgemäss heraus.
Glazer verkörpert den ruhelosen, ja fast kindlichen Forscher, der durch die Wildnis Südamerikas streift und in jedem Insekt und in jedem Berg Geheimnisse der Natur entdeckt, mit leidenschaftlicher Intensität. Reinhard hingegen spielt den nüchternen, verschrobenen Gauss, der mit grimmiger Ironie und messerscharfem Verstand seine Umgebung analysiert. Beide schaffen es, die komplexen Charaktere lebhaft darzustellen.
Humor, Tiefe, Reflexion
Die Inszenierung entfernt sich nicht weit von der literarischen Vorlage, nimmt sich jedoch die Freiheit, humorvolle Momente aus den Erlebnissen und dem Schlagabtausch der beiden Forscher aufzugreifen. Auch der Humor kommt nicht zu kurz, besonders die Szenen, in denen Gauss zynische Kommentare zu Humboldts abenteuerlichem Leben abgibt.
Doch dahinter steht eine tiefe Reflexion über die menschliche Neugier, das Streben nach Wissen und die Einsamkeit des Genies. Die Dialoge sind nicht selten rastlos, nie aber ratlos. Sie verlangen dem Publikum eine hohe Aufmerksamkeit ab, sind fesselnd in ihrer Tiefe und eng in der Interpretation.
Thomas Beck, Andy Konrad und Nicole Spiekerman glänzen mit tiefgründigen und langen Mono- und Dialogen, die nie ihre Leichtigkeit verlieren, und fortwährend lebhafter Mimik.
Weitere Aufführungen: 7. und 22. November im TAK, 22. Oktober auf der Bühne Aarau.