Die Schweiz erlebt die grösste Flüchtlingskrise seit dem Zweiten Weltkrieg. 2022 wurden rund 100’000 Asylgesuche und Gesuche um den Schutzstatus S gestellt – und der Zustrom hält an. Dies schreibt der Trägerverein Integrationsprojekte St.Gallen (Tisg) in einer gemeinsamen Mitteilung mit der Gemeinde Ebnat-Kappel. Der Verein betreut im Auftrag aller 75 St.Galler Gemeinden Personen mit Bleibeentscheid sowie minderjährige Geflüchtete. Angesichts der aktuellen Lage ist der Verein auf Raumsuche.
Nun wurde er in Ebnat-Kappel fündig. Die Gemeinde vermietet ihm temporär den Altbau des Alters- und Pflegeheims Wier an der Wierstrasse 10. Denn ab November beziehen die Bewohnenden termingerecht einen Neubau. Auf dem Gelände des Altbaus sind zwar weiterhin Alterswohnungen geplant, ab Januar 2024 und bis zum Baubeginn darf der Trägerverein das Gebäude aber nutzen.
Vorwiegend unbegleitete minderjährige Flüchtlinge
Die Vermietung erfolgt mit der Verpflichtung, im Mietobjekt ein Flüchtlingszentrum für die Unterbringung von bis zu 120 Flüchtlingen zu führen. Im Zentrum werden vorwiegend unbegleitete minderjährige Geflüchtete untergebracht, heisst es in der Mitteilung von Mittwochabend. Unabhängig vom Alter und vom Aufenthaltsstatus werden die Bewohnenden durch den Trägerverein beschult und mittels Tagestrukturangebot betreut. Sämtliche Bewohnenden verfügen über einen geregelten Tagesablauf, heisst es.
Die Gemeinde verkauft dem Verein zudem das Provisorium, das nun nach der Bauphase nicht mehr genutzt wird. Das Provisorium wird durch den Verein rückgebaut und an einem anderen Standort wieder aufgebaut.
Gemeinde erhält über eine Million Franken
Ebnat-Kappel profitiert in zweierlei Hinsicht von der Zusammenarbeit mit dem Tisg. Die Mieteinnahmen von jährlich 340’000 Franken wie auch die Einnahmen durch den Verkauf des Provisoriums in der Höhe von 950’000 Franken entlasten das Budget. Für die Gemeinde entstehen durch den Zentrumsbetrieb keine Zusatzkosten.
Wegen der Flüchtlingsunterkunft muss Ebnat-Kappel zudem in den nächsten Jahren 48 Personen weniger in der Gemeinde unterbringen, was zu weniger Ausgaben führt. Im Kanton St.Gallen werden Flüchtlinge proportional zur Anzahl Einwohner auf die Gemeinden verteilt. Gestützt auf die geltende Asylverordnung werden der Gemeinde 40 Prozent der zur Verfügung gestellten Plätze angerechnet. Aktuell leben 83 Geflüchtete in der Gemeinde.
Die Verantwortlichen des Trägervereins kennen die Herausforderungen, die ein Flüchtlingszentrum stellt. So betreiben sie aktuell ein solches in Nesslau, in Uzwil, in Thal oder auch ein Haus für unbegleitete Minderjährige in Eggersriet. Im Alters- und Pflegeheim Wier werden vorwiegend junge Flüchtlinge untergebracht, die in der Schweiz bleiben dürfen. Der Fokus liegt auf der internen Beschulung. Der Tisg als Verein aller Gemeinden ist Garant für einen ordnungsgemässen Betrieb. (pd/red)
Öffentliche Information
Am Montag, 21. August 2023, 19.30 Uhr, findet in der Aula im Schulhaus Wier in Ebnat-Kappel eine Informationsveranstaltung mit anschliessender Fragerunde statt.
Alle Interessierten sind herzlich eingeladen.