Noch bevor das Wirtepaar Christian und Marianne Birchmeier ein Verkaufsinserat für ihr Restaurant schalten konnte, meldete sich die Ortsgemeinde Wartau als Kaufinteressentin. «Womöglich hat ein Gast unsere Verkaufsabsicht weitererzählt», so das Ehepaar. Die Birchmeiers betonen:
Über all die lange Zeit hat das Wirtepaar Birchmeier seine Speisen in einer konstant hohen Qualität angeboten. Gelistet waren sie bei den Gilde Restaurants, beim Guide Michelin, im Guide Bleu, bei Swiss Wine und im Gault-Millau. Bei Letzterem gab es 25 Jahre lang 12 oder 13 Punkte.
Geht es nach den Birchmeiers, müsste man dies gar nicht erwähnen. Marianne Birchmeier sagt:
Wir verkaufen die ‘Mühle’ nicht, weil es schlecht lief, im Gegenteil. Der Grund ist die nahende Pension.»Marianne Birchmeier ist 60 Jahre alt. In Fachkreisen spricht man davon, dass es fünf Jahre dauert, bis ein Restaurant verkauft werden kann. Deshalb wollte sich das Wirtepaar frühzeitig um den Verkauf kümmern. Christian Birchmeier ist indes erst 53 Jahre alt. Der Verkauf kommt für ihn ebenfalls zum richtigen Zeitpunkt:
In fünf Jahren wäre ich Ende Fünfzig und würde nur noch schwer eine neue Stelle finden.«Das Restaurant lief immer gut» Reibungslos ging nicht nur der Verkauf des Restaurants vonstatten, sondern ihre gesamte Zeit in der «Mühle». Im Jahr 1997 sahen die Birchmeiers – er war 28, sie 35 Jahre – dass das Restaurant Mühle zum Verkauf ausgeschrieben war. Das Paar, welches damals im Sarganserland wohnte, verliebte sich sofort in die Liegenschaft und sagte spontan zu. Ein Viertel Jahrhundert lang arbeiteten die beiden als Gastgeber im Restaurant Mühle. Weder grössere Vorfälle noch Krankheiten plagte das Wirtepaar. «Das Restaurant lief immer gut. Egal, ob nach den Ferien oder nach Corona, wir hatten immer genügend Gäste. Dafür sind wir sehr dankbar», sagen die beiden unisono.
Die Punkte sind uns nicht wichtig. Wir sind kein Gourmetrestaurant. Bei uns gibt es auch einen Teller Spaghetti.Ihr Mann fügt an:
Das ist unser Erfolgsrezept. Bei uns ist jeder willkommen, jeder fühlt sich wohl.Mehrere Generationen durften Christian und Marianne Birchmeier bewirten. «Eltern kommen mit ihren Kindern, später kommen diese wieder mit ihren eigenen Kindern.» Mini Beiz, dini Beiz war das «Verrückteste» Oft sprechen die Birchmeiers nicht von Gästen, sondern von Freunden. «Wenn man so lange jemand bewirtet, so viele Gespräche geführt hat, dann entstehen daraus Freundschaften.» Einer von ihnen ist Bruno Willi. Er ist verantwortlich, für das «absolut Verrückteste, das wir je erlebt haben», so Christian Birchmeier. 37 von 40 Punkten gab es bei «Mini Beiz, dini Beiz» Es war im Jahr 2014 als der Anruf vom Schweizer Fernsehen kam. Das Restaurant Mühle wurde von Stammgast Bruno Willi für die Serie «Mini Beiz, dini Beiz» vorgeschlagen. Vier Gäste testeten darauf vor laufender Kamera die «Mühle». «Wir haben uns nicht verstellt und einfach das gemacht, was wir immer machen. Wir präsentierten einen Schmorbraten mit Wein. Anscheinend so gut, dass die Gäste beinahe ausflippten», so Christian Birchmeier. 37 von 40 Punkten gab es, das bedeutete den Sieg. Hunderte von Kilogramm Schmorbraten «Danach ging die Post ab. Das hatten wir noch nie erlebt», so Christian Birchmeier. Anrufe kamen von überall. Von Luzern wollten sie ins kleine Oberschan. Alle wollten in die Mühle und alle wollten diesen Schmorbraten. «Ich habe Hunderte von Kilogramm Schmorbraten eingekauft», sagt Christian Birchmeier. Das Jahr 2014 war dann auch erfolgsmässig das beste Jahr. Auf Veränderungen reagiert Ein schlechtes Jahr gab es indes nie, Veränderungen schon. «Wir haben uns immer wieder an die Gegebenheiten angepasst», so Marianne Birchmeier. Früher konnte man in der «Mühle» morgens einen Kaffee trinken. Als Post und Bank im Dorf schlossen und deswegen vormittags die Gäste ausblieben, passte das Wirtepaar die Öffnungszeiten an und machten aus der «Mühle» ein reines Speiselokal. Marianne Birchmeier sagt:
Wir haben stets auf Veränderungen reagiert und auch viel investiert.Mit Freude gewirtet Heute sei die Gastrobranche viel schnelllebiger als früher. «Es ist selten, dass heute jemand fünf oder gar zehn Jahre Gastgeber am selben Ort ist», fügt sie an. Umso erstaunlicher ist es, dass die Birchmeiers über 25 Jahre lang nicht nur in der Gastrobranche überlebt haben – sondern mit Freude gewirtet haben. Die beiden sind sich einig:
Wir würden es noch Mal so machen.An Wochenenden und Feiertagen immer gearbeitet 25 Jahre lang hatten die beiden nie an Ostern oder Pfingsten frei, auch am 25. und 26. Dezember arbeiteten sie jedes Jahr. Geburtstagsfeier an einem Samstagabend? Gab es nicht. An den Wochenenden wurden immer gearbeitet, Ferien gab es nie mehr als zwei Wochen am Stück. Das wird sich künftig ändern. Zwar bleibt Christian Birchmeier der Gastronomie treu, doch kann er am neuen Arbeitsort auch einmal am Wochenende oder an einem Feiertag eine Absenz beantragen. Christian Birchmeier wird Koch im «Büelriet» Ab September wird Christian Birchmeier Koch im neuen Pflege- und Betreuungszentrum Büelriet in Sevelen. Die Bewohnerinnen und Bewohner und ihre Angehörigen dürfen sich also über einen sehr erfahrenen Gildekoch freuen. Wohnen werden die Birchmeiers künftig im Sarganserland. Zuerst aber geniesst das Ehepaar eine zweimonatige Auszeit im Ausland. Das Ziel ist noch unbekannt. «Es wird aber sicher eine kulinarische Reise sein, bei der gutes Essen und guter Wein nicht zu kurz kommt», ist sich das Paar einig. Pächter für Restaurant Mühle gesucht Auch das Rad der Mühle wird sich weiterdrehen. Die neuen Besitzer der «Mühle» – die Ortsgemeinde Wartau und die Dorfkorporation Oberschan – suchen einen Pächter. Finden sie jemanden, dann wird das Restaurant weitergeführt. Mit Sicherheit werden Christian und Marianne Birchmeier die «Mühle» besuchen – und wer weiss, vielleicht werden sie sogar Stammgäste.