In Sommerferienlaune zeigt sich das Landwirtschaftliche Zentrum Rheinhof in Salez. Es grünt und blüht, die Bienen summen. Im Eingang zur Metallwerkstatt ist ein Meer von Blumen anzutreffen. Dahlien und Astern, Sonnenblumen und Hortensien, Tagetes und Rudbeckien. Dazu Berge von Koniferen, blühende Nielen und Tannenzweige. Drinnen wird fleissig gearbeitet, geschnitten und genäht, gestopft und gehämmert – und gelacht.
Insgesamt 14 Frauen aus der ganzen Ostschweiz haben sich zum Tageskurs «Tschäppel, Bauchgurt oder Halfter für ein stolzes Tier» eingefunden. Eine Bäuerin ist gleich mit drei befreundeten Frauen angereist, um Tschäppel herzustellen – ein dekorativer Kopfschmuck für ihre gehörnten Kühe.
Jetzt ist Fantasie gefragt. Will ich Ton in Ton arbeiten? Oder ganz farbig? Soll ich Sonnenblumen und Dahlien mischen oder doch lieber Sonnenhut und Margeriten? Wieder sind die Kursleiterinnen zur Stelle, geben gut gelaunt Tipps.
Heidi Preisig hat sich mit der Tochter und vielen Sommerblumen aus dem eigenen Garten in den Rheinhof aufgemacht. «Mich interessiert, wie man Viehschmuck professionell herstellt», begründet die Bäuerin aus Frümsen ihre Motivation. Die Idee, Bauchgurte aus ausgedienten Feuerwehrschläuchen herzustellen, findet sie genial – «eine günstige und langlebige Methode».
Die von Mutter und Tochter kreierten Bauchgurte werden am 10. oder 17. September zu bestaunen sein, wenn die rund 140 Jungrinder von Valtüsch im Weisstannental heimwärts ziehen. «Pächter der Alp ist unser Sohn», verrät Preisig.
Mitten in den Sommerferien
An langen Tischen kreieren weitere Kursteilnehmerinnen aus ausgedienten Feuerwehrschläuchen Bauchgurte für die Viehschauen. «Dieser Kurs mitten in den Sommerferien kommt just zur passenden Zeit», freut sich eine Bäuerin.Eine kurze Auszeit. Arbeit mit Blumen, Begegnung mit Frauen, neue Ideen. Das tut uns gut.Kompetent durch den Tag führen zwei Frauen aus dem Sarganserland: Marlen Bertsch, Handarbeits- und Hauswirtschaftslehrerin aus Heiligkreuz, und Monika Bertsch aus Flums-Hochwiese, die ein Flair für Blumen besitzt und leidenschaftlich gerne bastelt und dekoriert. «Uns ist es ein Anliegen, dass die Frauen den Schmuck für das Vieh auch zu Hause nacharbeiten können», betont Marlen Bertsch, die auf einem Bauernhof in Bad Ragaz aufgewachsen ist und früher selbst auf der Alp angepackt hat. Wichtig sei zudem, dass er den Tieren keine Schmerzen bereite und die Kosten für die Materialien nicht allzu hoch seien.
Vieh soll für den Höhepunkt des Jahres farbenfroh daherkommen
Mittendrin packt Elvira Brändle aus Dreien (Gemeinde Mosnang) mit einer Kollegin an. «Ich bin auf einem Bauernhof aufgewachsen, liebe die Arbeit im Stall und Garten», erzählt sie fröhlich. In Sachen «Kranzen» habe sie bereits Erfahrung. Am Kurs in Salez wolle sie Tipps und Tricks für die Herstellung und die Dekoration von Bauchgurten und Halfter kennenlernen. Insgesamt zwanzig Gurte und passende «Stirntäfeli» möchte die 20-jährige Landi-Verkäuferin in den kommenden Wochen für das Vieh ihres Freundes herstellen. Grosser Auftritt ist am ersten Mittwoch im Oktober an der Viehschau in Bütschwil. Für diesen Tag gibt sie alles. 92 Dahlienstöcke hat Elvira Brändle im Frühjahr gepflanzt.Das Vieh soll möglichst farbenfroh daherkommen, richtiggehend leuchten.Die Viehschau sei der Höhepunkt des Jahres.
Ich bekomme jeweils Hühnerhaut, wenn wir mit Sennenchutteli und Hirtenhemd durchs Dorf zum Viehschauplatz laufen.
Gute Befestigung des Materials ist wichtig
Die Zeit fliegt. Der Magen knurrt. Zum Mittagessen wird Salat und Lasagne aufgetischt, zum Dessert Kuchen und Kaffee. Frisch gestärkt geht’s zurück an den Arbeitsplatz, wo es in den folgenden Stunden rundum blumig zu- und hergeht. «A und O ist das Zuschneiden des Materials», geben die Kursleiterinnen den Frauen als Tipp mit auf den Weg. Wichtig sei zudem, dass das Grünzeug gut befestigt werde. Wenn beispielsweise eine zweite Alpabfahrt angesagt sei, könne man lediglich die Blumen ersetzen. Empfohlen wird auch, die Floristennägel oder Agraffen vor dem Gebrauch in Wasser zu legen.Geschmückte Gurte werden für den Alpabzug angezogen
Zum Kurs angemeldet hat sich auch Stefanie Müller, die mit ihrem Mann Konrad den Hof Steinersteg in Heiligkreuz führt. Routiniert geht sie ans Werk, umwickelt die zu einem Strick zusammengebundenen Strohballenschnüre mit Blumen und Grünzeug aus ihrem Garten: «Mit der Herstellung von Tschäppeln habe ich bereits Erfahrung», erzählt sie. Jetzt wolle sie sich an Bauchgurte wagen. Vier bis sechs Stück möchte sie für den «schönen Brauch» kreieren. Umgebunden wird der Schmuck im September ihren Tieren, wenn sie von den Alpen Siez, Kohlschlag und Mädems nach Hause zurückkehren.Unsere Familie will mithelfen, eine alte Tradition im Sarganserland zu pflegen.