Der Wolf ist zurück: Doch die Landwirte wollen ihn hier nicht haben | W&O

02.06.2022

Der Wolf ist zurück: Doch die Landwirte wollen ihn hier nicht haben

An der Informationsveranstaltung vom Dienstag in Nesslau war die Meinung gemacht: Der Wolf muss weg.

Von Urs M. Hemm
aktualisiert am 28.02.2023
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Die Referenten Urs Büchler, Wildhüter im Toggenburg, Markus Hobi, Leiter des Landwirtschaftlichen Zentrums St. Gallen in Salez, und Mathias Rüesch, Geschäftsführer des St. Galler Bauernverbandes, hatten am Dienstagabend im Büelensaal in Nesslau keinen leichten Stand. Rund 200 Interessierte wollten sich über das Thema «Der Wolf im Toggenburg» informieren. Keinen leichten Stand deshalb, weil die Meinung unter den mehrheitlich anwesenden Landwirten gemacht war. Der Wolf habe im Toggenburg nichts zu suchen. Dennoch versuchten die Referenten klar zu machen, dass die Anwesenheit des Wolfes einerseits dem Willen der Politik und der Bevölkerung entspricht. Andererseits kennt ein Wolf keine Grenzen – er kann innert Wochen bis zu 1500 Kilometer zurücklegen. Thema kann emotional sein Hansruedi Thoma, Präsident des Bauernvereins Toggenburg, stellte in der Einleitung fest, dass der grosse Aufmarsch an Besucherinnen und Besuchern belege, dass das Thema auf Interesse stosse. «Uns im Vorstand war von Angang an klar, dass das Thema ‹Wolf› emotional sein kann. Darum haben wir keine Podiumsdiskussion, sondern einen informativen Anlass mit ausgewiesenen Experten auf dem Gebiet ‹Der Wolf im Toggenburg› organisiert.» Bauernstand sei besorgt In der Schweiz gebe es zurzeit rund 150 Wölfe, über gezielte Ansiedelungen im Toggenburg sei aber derzeit nichts bekannt. Dennoch sei der Bauernstand besorgt, führte Hansruedi Thoma aus und fügte hinzu:
Wir sind bereits jetzt mit dem Vieh auf den Alpen, wissen aber nicht, wie es zurückkommt und ob es überhaupt zurückkommt.
Darum sei die drängendste Frage:
Worauf müssen wir uns gefasst machen, wie wird sich der Wolf im Toggenburg ausbreiten?
Wolfsthematik ist sehr dynamisch Den Anfang des Reigens der Referenten machte der Toggenburger Wildhüter Urs Büchler. Er informierte die Anwesenden über die Verhaltensweise des Wolfes im Allgemeinen und über das nachgewiesene Vorkommen in der Schweiz und explizit im Toggenburg. Er sagte:
Ich kann verstehen, dass der Wolf Angst verbreitet, aber so dramatisch ist die Situation im Toggenburg noch nicht.
Er wies darauf hin, dass die Wiederansiedlung des Wolfes in der Europäischen Union gewollt war. Der Wolf halte sich aber nicht an Landesgrenzen. «Ein Wolf wandert innert weniger Wochen bis zu 1500 Kilometer.» Die ganze Wolfthematik sei demnach sehr dynamisch, weil ein Wolf heute hier im Toggenburg und zwei Tage später schon im Tessin sein könne. Anzahl Risse in der Vergangenheit angestiegen Die genaue Anzahl Wölfe im Toggenburg lasse sich demnach nicht feststellen. Urs Büchler sagte:
Es ist aber belegt, dass die Anzahl Risse in der Vergangenheit angestiegen ist.
Der Wolf sei im Toggenburg schon lange kein Mythos mehr. Er bestätigt, dass im Jahr 2021 rund 30 Risse an Nutztieren durch Wölfe haben nachgewiesen werden können – allesamt auf ungeschützten Weiden. Effektiv nachgewiesen wurden im Toggenburg aber nur zwei Wölfe. Genügend Herdenschutz sei grundlegend   Als Nächster stieg Markus Hobi in den Ring. Er referierte über Angebote und Möglichkeiten im Bereich Herdenschutz, über präventive Massnahmen beim Rindvieh sowie über den Umgang mit Grossvieh, sollte es zu einer Begegnung mit dem Wolf gekommen sein. Grundlegend sei ein genügender Herdenschutz mit Zäunen und Herdenschutzhunden. Er sagte:
Wir haben auch Herdenschutzberater, die jederzeit für Beratungen bereit stehen.
Nicht einfach und sehr aufwendig Es sei allen bewusst, dass der Herdenschutz, insbesondere auf den Alpen, nicht einfach und sehr aufwendig ist. Markus Hobi sagte weiter:
Aus unserer Erfahrung ist es aber der einzige Weg, um die Tiere gegen Wölfe zu schützen.
Betreuung an 365 Tagen im Jahr Wer sich aber neben Zäunen einen Herdenhund anschaffen möchte, müsse sich bewusst sein, dass ein Hund 365 Tage des Jahres betreut werden müsse. Als Sofortmassnahme könne das Landwirtschaftliche Zentrum Material wie beispielsweise Zäune, aber auch Personal zur Verfügung stellen. Gesetze müssten geändert werden Mathias Rüesch, Nachfolger von Andreas Widmer als Geschäftsführer des St. Galler Bauernverbandes, sagte klar, dass er sich für die Tierhalter einsetzen möchte. Er berichtete aber, dass die politische Diskussion im Bundesrat und im Parlament sehr harzig sei. Er sagte:
Es ist Parlamentariern wie Mike Egger zu verdanken, dass das Thema ‹Wolf› im Parlament noch einmal diskutiert wurde und dass 5,7 Millionen Franken für den Herdenschutz und Zahlungen für Risse ausgesprochen wurden.
Diskussion brachte keine Antworten Grundlegend sei aber das Bestandesmanagement. Es müsse etwas gegen die unkontrollierte Vermehrung des Wolfes unternommen werden können.
Der Wolf muss lernen, dass er nichts bei unseren Tieren und im Siedlungsgebiet zu suchen hat.
Mit diesem Statement schloss Mathias Rüesch sein Referat. Die nachfolgende Diskussion brachte kein Antworten. Denn die politischen und rechtlichen Vorgaben seien gegeben und nach denen habe man sich zu richten, sagte etwa Urs Büchler. Und weiter:
Wer etwas ändern will, muss die Gesetze ändern.