Dezent und elegant: Die Guitar-Repairs Werkstatt ist um eine Gitarre deutlich reicher | W&O

21.04.2022

Dezent und elegant: Die Guitar-Repairs Werkstatt ist um eine Gitarre deutlich reicher

Das Vater-Sohn-Duo Urs und Micha Winkler von der renommierten Werkstatt in Gams importierte eine Ikone der Gitarrenindustrie.

Von lukas.hohmeister
aktualisiert am 28.02.2023
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Kurz vor Ostern erhielt die Guitar-Repairs Werkstatt ein Lieferung der besonderen Art mit ausserordentlich viel Stil. Direkt vor dem im amerikanischen Stil gebauten Haus der Familie Winkler steht ein als Lieferwagen fungierender Amischlitten schlechthin – ein 1954 Chevrolet Bel Air. Der Grund dafür: Der Importeur von Martin Guitars Switzerland, Marco Peic, liefert eine aus den USA bestellte Gitarre, die gleichzeitig die erste des Modells in der Schweiz und Europa ist. Die Gitarre, um die es geht, ist eine der unter Gitarristen bekannten Marke Martin & Co., D-45S Authentic 1936. Kostenpunkt 60'000 Franken.
 Ein exquisiter Lieferwagen: Der 1954 Chevrolet Bel Air
Ein exquisiter Lieferwagen: Der 1954 Chevrolet Bel Air

«Es arbeiten die besten Leute daran»

Wo andere einen solch hohen Preis für ein Instrument nicht nachvollziehen können, sehen Urs und Micha Winkler, Inhaber und Betreiber der über 30 Jahre alten Werkstatt, einen gerechtfertigten Preis. Das Produkt sei ein Zusammenkommen bester Materialien und Arbeitskräfte. Zum ersten Mal gesehen hat Urs Winkler das Original des Nachbaus aus 1936 während eines Fabrikbesuchs von Martin & Co. in Nazareth USA im Jahr 2020. Vom Original wurde nur eine Handvoll produziert und die Fabrik musste für das hauseigene Museum ein Exemplar für 270'000 US-Dollar zurückkaufen, da sie keines mehr hatte. Dieses diente als Vorlage für einen Originalnachbau «ganz nach den Dimensionen wie sie früher in den 30ern hergestellt wurde», erklärt Urs Winkler.

Tropenholz und präzise Handarbeit

Für den Bau wurden nur hochwertige Materialien verwendet. Dazu gehört zum Beispiel Rio-Palisander, das dem Instrument einen einzigartig klaren Klang verleiht. Das geschützte Tropenedelholz ist Grund für ein zum Import notwendiges Zertifikat, welches die Legitimität des Handels verifiziert. Weiter wird bestes Adirondackholz benutzt. Teile, die sonst mit einer Maschine automatisch ausgefräst würden, werden von Hand bearbeitet, weiss Urs Winkler. Zusammengehalten wird das Instrument durch Hautleim. Der aus der Vorzeit bekannte Leim besteht aus echter Haut und ist schwer zu verarbeiten, dafür sorgt er für eine ausserordentlich gute Härte. Zusammenfassend meint der Gitarrenexperte:
Ich glaube nicht, dass es eine besser klingende Gitarre von Martin & Co. gibt wie diese.
Die einmalige Gelegenheit, das Original im Museum zu spielen, liess sich der von Martin & Co. zertifizierte Reparateur nicht entgehen.

Kaum Geschäfte mit hochwertigen Instrumenten

Der Gitarrenhändler bemerkt, es würde in der Schweiz immer mehr Kunden geben, die hochwertige Instrumente kaufen wollen. Nur gebe es zu wenig Fachgeschäfte, welche eine solche Qualität überhaupt anbieten. Dem möchten Urs und Micha Winkler mit dem Angebot solcher Instrumente der Superlative entgegenwirken.
 Das Schmuckstück in einer temperierten Vitrine.
Das Schmuckstück in einer temperierten Vitrine.
Bild: Lukas Hohmeister

Die Erwartungen wurden erfüllt

Die Lieferung traf fristgerecht und ziemlich genau ein Jahr nach der Bestellung ein. «Und das obwohl die Fabrik während 2,5 Monaten Corona bedingt geschlossen war und das Personal für eine längere Zeit mit 40 Prozent Arbeitspensum arbeiten musste», so der Importeur. Die lange Wartezeit schien niemanden zu stören. «Die Gitarre wurde nicht auf Auftrag bestellt, deshalb war das Warten nicht schlimm.» Mit Sorgfalt und vom Herunterfallen geschützt wurde das Instrument auf dem Geschäftsboden ausgepackt. Der Fachmann Urs Winkler zeigte sich nach der ersten Spielprobe sichtlich zufrieden, war aber nicht überrascht, da er klare Erwartungen an das Produkt hatte. https://vimeo.com/701635542 Auf die Frage, ob er die Gitarre jetzt öfters spielen würde, antwortete er mit «nein, eher nicht». Weiter meint Urs Winkler, es wäre sicherlich eine gute Gitarre, aber von der Form her würde sie ihm persönlich nicht passen. Er werde aber für Interessierte und potenzielle Kunden die Gitarre spielen oder diese spielen lassen. Immerhin: «Wer bereit ist, so viel Geld auszugeben, der will das auch mal gespielt und gehört» haben. Falls die D-45S verkauft wird, ist für Nachschub bereits gesorgt. Momentan wird für die Guitar-Repairs Werkstatt eine Gitarre gebaut, die teils aus 8000 Jahre altem Holz aus dem Permafrost besteht.