Das Johanneum gibt Einblick in einen Ort, wo Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam lernen, arbeiten und leben. Vorstands- und Stiftungsratsmitglied Götz Rübsaamen und der Verantwortliche der Gastronomie, Ralph Hagen erzählen aus ihrem Alltag.
Die Johanneumsküche ist Culinarium-zertifiziert und garantiert Regionalität. Wie sieht diese aus und lässt sie sich bei 300 Mittagessen und 200 Nachtessen auch konsequent umsetzten?
Ralph Hagen: Durch die Zertifizierung «Culinarium – natürlich ausgewogen» garantieren wir eine grosse Regionalität und eine Menüplanung, die auf eine gesunde Ernährung ohne den Einsatz von Zusatzstoff ausgelegt ist. Dies lässt sich aufgrund einer engen und guten Zusammenarbeit mit den lokalen Lieferanten gut umsetzten.
Wie geht die Johanneumsküche damit um, dass einige Klientinnen und Klienten vegetarisch leben, Nahrungsmittelunverträglichkeiten haben, Diät machen oder einige Nahrungsmittel nicht mögen?
Götz Rübsaamen: Eine ärztlich verordnete Kost ist sichergestellt. Das Johanneum hat langjährige und gute Erfahrungen in diesem Bereich gemacht. Nicht zuletzt, da Ralph Hagen als ehemaliger Küchenleiter im Spitalverbund Appenzell-Ausserrhoden ein grosses Wissen in diesem Bereich aufweist. Regelmässige Umfragen zeigen, dass der Zufriedenheit mit dem Essen besonders Rechnung getragen wird.
Ralph Hagen: Unsere Bewohner und Klienten haben bei uns die Möglichkeit, ihre Nahrungsmittelunverträglichkeiten zu melden. Ebenfalls bieten wir jederzeit ein vegetarisches Menü sowie ein Menü abgestimmt auf den islamischen Glauben an. Durch dieses Angebot können unsere Gäste Nahrungsmittel, die sie nicht mögen, umgehen und das andere Menü wählen. Die meisten Diäten können wir aufgrund unserer Fachkräfte und deren Ausbildung auf ärztliche Verordnung anbieten.
Welchen Stellenwert hat das Essen für die Klienten?
Götz Rübsaamen: Der generelle Stellenwert des Essens für uns alle ist sehr hoch. Daher achten die Verantwortlichen des Johanneums besonders auf die notwendige Vielfalt und auf die Schmackhaftigkeit. Der Magen spielt nicht nur bei der Liebe, sondern auch beim Sich-Wohlfühlen im Johanneum eine tragende Rolle. Das Gütesiegel Culinarium steht für regionale Produkte und bewusste Ernährung im Einklang mit den Jahreszeiten. Culinarium als lokale Verankerung passt zur Haltung des Johanneums als Arbeitgeber.
Ralph Hagen: Wie hoch der Stellenwert für unsere Klienten ist, kann ich selber nicht beantworten. Ich werde jedoch oft auf der Strasse oder in unseren Gebäuden von unseren Klienten direkt angesprochen, wenn es gut war, aber auch wenn sie nicht ganz zufrieden waren. Dies zeigt mir, dass das Essen einen hohen Stellenwert haben muss.
Wie schätzen die Mitarbeitenden und die Klienten das Essen im Johanneum?
Götz Rübsaamen: Meine Erfahrung mit dem Essen im Johanneum ist hervorragend. Klienten und Personal werden jährlich befragt, Anregungen aufgenommen und, wenn möglich, umgesetzt. Eine Rückmeldung zur Zufriedenheitsbefragung erfolgt einmal pro Jahr an den Vorstand.
Ralph Hagen: Aufgrund der vielen mündlichen Rückmeldungen und der Auswertung von unseren Umfragen kann ich sagen, dass das Essen im Johanneum sehr geschätzt wird. Selbstverständlich gelangen aber auch Anregungen und kritische Stimmen zu uns, die wir sehr ernst nehmen und auf die wir auch reagieren. Die Erfüllung individueller Wünsche wie zum Beispiel ein Geburtstagsmenü oder -kuchen gehören ebenfalls zu unserem Angebot.
Das Johanneum plant ein Zentralgebäude mit Küche und Restaurant. Bin auch ich da willkommen?
Götz Rübsaamen: Der Vorstand unisono sieht das geplante Zentralgebäude als Chance und wichtigen Schritt gelebter Inklusion: In der Zentralküche werden Lernende ausgebildet. Für Klienten im Erwachsenenbereich stellt sie einen attraktiven und erfüllenden Arbeitsort dar. Jedermann ist im künftigen Johanneum-Restaurant herzlich willkommen. Ich freue mich schon jetzt, bei meinen Ausflügen mit dem E-Bike dort Zwischenstation zu machen. Um den Anforderungen Rechnung zu tragen, braucht es natürlich die entsprechenden Möglichkeiten zur Umsetzung. Eine zu kleine Küche oder ein einzelner Kessel auf dem Feuer sind hierzu nicht tauglich.
Ralph Hagen: Ziel des neuen Zentralgebäudes wird sein, das Gastroangebot des Johanneums nicht nur für die uns anvertrauten Menschen und den Mitarbeitenden anzubieten, sondern auch der breiten Öffentlichkeit einen kulinarischen Mehrwert im Toggenburg zu bieten. Wir streben eine breitmöglichste Inklusion an.
Fakten zur Johanneumsküche
1 Anzahl Essen pro Jahr: 65 000 Mittagessen / 34 000 Nachtessen.
2 Budget für Lebensmittel: 570 000 Franken pro Jahr.
3 Einkauf: Menge pro Jahr, zum Beispiel 19 000 Joghurt, 8900 kg Früchte.
4 Was produziert das Johanneum selbst: 12 Sorten Brot, diverse Patisserie, Früchtebrot, Spätzle usw. Die Küche bezieht praktisch keine Fertigprodukte.
5 MA/Stellenprozent in der Klosterküche: 450% Köche, 360% Mitarbeitende / 300% Lernende.
6 Zertifikat für «Culinarium» und «natürlich & ausgewogen». Mit dem Gütesiegel Culinarium bietet die Küche zertifizierte einheimische Spezialitäten und Produkte aus der Region an. Die Auszeichnung «natürlich & ausgewogen» steht für eine Menüauswahl mit zusatzstoffreduzierten Culinarium-Produkten sowie geringem Fett- und Zuckergehalt.
7 Gemäss jährlicher Befragung sind 95% der Klienten und Mitarbeitenden mit der Verpflegung zufrieden oder sehr zufrieden.