Die Pandemie hat uns von der Illusion befreit, alles im Griff zu haben | W&O

23.12.2021

Die Pandemie hat uns von der Illusion befreit, alles im Griff zu haben

Weihnachten ist für viele ein Familienfest. Man begegnet den Verwandten und feiert miteinander. Dieses Jahr vielleicht reduziert. Wie schon letztes Jahr.

Von Pfarrer John Bachmann, Grabs
aktualisiert am 28.02.2023
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Wie es wohl an Weihnachten 2022 sein wird? Aber Maria und Joseph mussten auch reduziert die Geburt ihres Kindes erleben. Bedingt durch ihre verwaltungstechnisch bedingte Reise waren sie ohne Verwandtschaft.

Die Pandemie hat viele Menschen ins Herz getroffen, weil etwas vom Zentralsten des Menschseins betroffen war: die Gemeinschaft, die Beziehungen. Sei es durch Abstandsregeln oder durch Streit.

Die Besonderheit von Weihnachten ist aber, dass Schwäche ein Ort der Offenbarung von Gottes Herrlichkeit wird.

Ein Stall wird Ort der Geburt des Heilands. Der Retter der Welt geboren in einem Stall. Der König in Windeln zwischen Heu und Tieren. Das Wunder der Menschwerdung Gottes wird in diesem Stall, in diesem Säugling ganz besonders sichtbar. Gott wird Mensch, ganz Mensch. Von Anfang an. Darum auch zuerst ein Säugling, hilflos auf Mutter und Vater angewiesen.

Niemand muss sich ausgeschlossen fühlen

Mit der Geburt von Jesus geht in jeder Situation der Schwäche eine Türe auf. Denn der allmächtige Gott selbst ist in diese Situation eingegangen. Und zwar verstehend, barmherzig und einladend. Die Türe war offen für ausländische Könige und Hirten. Niemand muss sich ausgeschlossen fühlen. Jeder und jede ist total verstanden. Das ist eigentlich eine Revolution.

Schwäche und Bedürftigkeit wird zum Ort der Gottesbegegnung. Die Schwäche lädt uns ein, zu Gott zu kommen. Die Pandemie hat uns von der Illusion befreit, alles im Griff zu haben. Das hatten wir nie. Wir meinten es nur. Vieles war Pseudostärke.

Der Mensch ist schwächer, als er denkt, mehr auf Gott angewiesen, als er denkt.

Viele schämen sich ihrer Schwäche. Aber an Weihnachten wird die Schwäche zum Ort, wo wir Gott begegnen. Wer durch die Türe zum Stall eingeht, allen falschen Stolz abwirft, seine ganze Bedürftigkeit vor dieses Kind bringt und mit den anderen anbetet, wird von einem neuen Licht beleuchtet, dem Licht der völligen Annahme durch den dreieinen Gott.