Gierig zieht Cahit Cerci an seiner Zigarette. Mit traurigen Augen verfolgt er gebannt und fast nonstop seit vier Tagen die Bilder im Fernsehen. Der türkische Sender «Eurostar» sendet «Canli» – live – rund um die Uhr über die Erdbebenkatastrophe in der Türkei.
Cahit Cerci ist seit 1991 Präsident des Türkischen Kulturvereins Buchs. Er war damals eines der Gründungsmitglieder. Was sich derzeit im Südosten der Türkei und in Syrien abspielt, bricht ihm und der türkischen Gemeinschaft in der Region das Herz. Mit belegter Stimme sagt er:
Bei Cahit Cerci wurden Erinnerungen wach. Im Jahr 1999 starben bei einem verheerenden Erdbeben in der Türkei mehr als 17000 Menschen. Damals hat Cerci ein Auto bis unters Dach mit Babynahrung gefüllt und ist losgefahren.
Seit 1979 lebt Cahit Cerci in der Schweiz. Die türkische Fahne in der Ecke des Wohnzimmers erinnert an sein Herkunftsland. In den letzten Tagen hat er unzählige Telefongespräche geführt, mit Freunden in der Türkei, aber auch mit Vereinsmitgliedern.
Meine Schwester lebt im Erdbebengebiet.Dass ihre Familie die schweren Erdbeben unverletzt überstanden und ihr Haus nur einige Risse abbekommen hat, ist etwas Trost, mehr nicht.
Geld spenden statt Hilfsgüter sammeln
Die Vereinsleitung war hin- und hergerissen. Sollte man nun sofort Hilfsgüter sammeln und damit in den Südosten der Türkei fahren? Das Problem: zwischen Buchs und dem Erdbebengebiet liegen rund 4500 Strassenkilometer.Mein erster Gedanke vor vier Tagen war: Jetzt braucht es dringend Babynahrung.Der Vereinsvorstand hat als Sofortmassnahme beschlossen, Geld aus dem Vereinsvermögen in die Türkei zu schicken – für Babynahrung. Empfänger der Überweisung in die Türkei ist der befreundete Hilfsverein Ahbap (www.ahbap.org). Auf der Website, die auch auf Deutsch übersetzt werden kann, findet man auch eine IBAN-Nummer für Geldspenden aus dem Ausland. Von einer Sammlung von Hilfsgütern hier in der Schweiz sieht der Türkische Kulturverein ab. Zu lange, zu beschwerlich und mit zu vielen Hürden versehen wären die Hilfstransporte, ist Cerci überzeugt.
Was wirklich am meisten hilft sind Geldspenden, um damit in der Türkei Zelte, Heizungen, Nahrungsmittel usw. zu kaufen.
Sensationelle TV-Bilder
Während dieser Schilderung hat Cerci für kurze Zeit seine Augen und Ohren ganz dem Gegenüber zugewandt. Darum macht ihn seine Frau Margrith auf sensationelle TV-Bilder aufmerksam:Schau, sie haben nach 80 Stunden ein neunjähriges Kind lebend geborgen.Erneut ein kleines Wunder. Das gibt etwas Trost, mehr nicht.
Einige Familien hatten noch immer keine Kontakte
Er kennt Familien in unserer Region, die noch immer keinen Kontakt zu ihren Angehörigen im Erdbebengebiet herstellen konnten. Alles sei so unendlich traurig, sagt Cerci, «trotzdem müssen wir stark sein, denn das Leben geht weiter.» Margrith Cerci unterstreicht dies mit dem Verweis auf die TV-Bilder:Schauen Sie doch nur in die Augen der Menschen, die gerettet werden.Da sei Energie und Überlebenswille spürbar. Auch die Rettungskräfte müssten Stärke ausstrahlen, um den Menschen Hoffnung zu geben.