Buchs / Sevelen Psychisch aufgewühlt und physisch erschöpft kehren Rachel und Alexander Röck jeweils von ihren Hilfsgüterlieferungen in die Ukraine zurück nach Buchs.
Es erfüllt sie aber jeweils auch eine tiefe innere Zufriedenheit, weil sie geholfen haben, die Not der unter dem Krieg leidenden Bevölkerung in der Ukraine etwas zu lindern – «auch wenn es letztlich nicht mehr als ein Tropfen auf einen heissen Stein ist», wie Rachel Röck nüchtern feststellt.
Alexander Röck ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH mit eigener Praxis, er hat auch eine Ausbildung in Feldchirurgie. Für ihn stand mit dem Einmarsch der Russen in die Ukraine fest:
In Kiew wurde Röck von seinen Bekannten überrascht. Sie haben ein Treffen mit seinem Studienkollegen André Miroshnychenko arrangiert. Seit 1988 haben sich die beiden nicht mehr gesehen. Miroshnychenko war zuletzt Chefarzt in einer Poliklinik und erlebte seit Kriegsausbruch eine sehr schwierige Zeit als Chirurg an der Kriegsfront und schliesslich als Gerichtsmediziner bei der Aufklärung von Kriegsverbrechen im Auftrag der Regierung.
Rachel Röck, die in der Praxis ihres Mannes das Front- und Backoffice betreut, hat schon sechsmal Hilfsgütertransporte in die Ukraine begleitet. Sie erzählt:
Ich mache, was ich machen kann.Nach den ersten Erfahrungen mit einer Lieferung von medizinischem Material war für ihn klar, dass er diese Transporte fortan auch begleiten würde. Medizinisches Material kann von einem Mediziner unbürokratischer ausgeführt und über Grenzen transportiert werden.
Dreimal in die Ukraine gefahren
Alexander Röck hat sich mit seiner Initiative schnell dem Verein Humanitäre Nothilfe Ukraine von Hans Oppliger in Sevelen angeschlossen. Wenn dort wieder eine Hilfslieferung den beschwerlichen Weg in die Ukraine antritt, wurde freier Platz mit medizinischem Material aufgefüllt. Alexander Röck war inzwischen bereits dreimal mit von der Partie, beim letzten Mal ging es sogar bis nach Kiew. Röck erzählt:Nie habe ich mir vorgestellt, dass ich selber einmal einen Luftangriff-Alarm in Wirklichkeit erleben könnte.
Bisher zwischen 120'000 und 150'000 Franken
In Kiew ist dies Realität geworden. Bisher haben Röck und seine Leute medizinisches Material im Wert von 120'000 bis 150'000 Franken in die Ukraine an Vertrauenspersonen geliefert, die er zum Teil noch aus seiner Studienzeit kennt. Den Vorteil eines kleinen Nothilfevereins umschreibt Hans Oppliger wie folgt:Wir sind sehr flexibel und ändern immer wieder unsere Strategie, sodass wir immer am richtigen Ort mit den richtigen Hilfsgütern helfen können.Das gilt für alle Lieferungen, auch für das medizinische Material.
Auch kleine Lieferungen sind wertvoll
Um davon Abstand zu gewinnen, ist er inzwischen in die Schweiz gereist. André Miroshnychenko bestätigt beim Gespräch in Sevelen aus eigener Erfahrung, wie wichtig die von Röck initiierte Nothilfe ist:Egal, wie klein eine Lieferung auch ist, Hauptsache es kommt das richtige Material am richtigen Ort an.Grosse Hilfsgüterströme hingegen seien anfällig dafür, dass sich auch Parasiten daran bedienten.
Die grosse Dankbarkeit der Bevölkerung ist emotional überwältigend. Den Menschen dort ist es sehr wichtig, dass sie im Westen nicht vergessen werden. Sie haben auch Angst, dass die Hilfsbereitschaft sinkt.Immer wieder werde sie umarmt, zum Essen oder Übernachten eingeladen von Leuten, die gar nicht von «ihren» Hilfsgütern profitieren. Und immer kehrt sie mit Grüssen und Dankesbotschaften an die Schweizer Bevölkerung zurück nach Buchs. Der Ukraine-Nothilfeverein in Sevelen spürt, wie die Spendenbereitschaft nachlässt. Kommen jedoch wieder mindestens 25000 Franken für medizinische Güter zusammen, lohnt sich eine weitere Fahrt in die Ukraine. Der Arzt aus Buchs würde fahren, «denn es wäre für mich nicht normal, es nicht zu tun.» Hinweis Spenden mit Vermerk «Medikamente» an: Verein Humanitä-re Nothilfe Ukraine, Industriestrasse 1, 9475 Sevelen; IBAN: CH69 8080 8009 4301 9355 6