Ein verstockter Stalker muss lange in Haft und in die «kleine Verwahrung» | W&O

18.02.2022

Ein verstockter Stalker muss lange in Haft und in die «kleine Verwahrung»

Das Kreisgericht Werdenberg-Sarganserland verpasst einem starrsinnigen Stalker zwei Jahre Knast. Die richterliche Quittung enthält eine folgenschwere Therapie.

Von Reinhold Meier
aktualisiert am 28.02.2023
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Der Mittdreissiger mit albanischen Wurzeln muss nicht zum ersten Mal hinter Gitter. Der Mann ist zweimal vorbestraft. Immer wegen Stalking-Delikten. Immer das gleiche Opfer, immer seine Ex-Frau. Für die bedeutete das kriminelle Treiben ein schier endloses Martyrium, Todesangst und Schrecken über Jahre hinweg, Tag und Nacht. Die lamentable Geschichte beginnt 2005, als dem Täter eine Frau in Serbien als Gat­tin «empfohlen» wird, eine Verkupplung, die vielfach als Zwangsheirat gilt. Man kommt zusammen, lebt unter dem Dach der Eltern des Mannes, es kommen zwei Kinder. Später ging es an den Bodensee, dann ins Rheintal. Zwar gab’s stets Differenzen, Tendenz zunehmend, doch blieb der Mann bis 2014 strafrechtlich unauffällig.

Stalking aus dem Knast heraus

Doch dann erging ein erster Strafbefehl. Der Mann hat die Frau bedroht und verletzt. Unter Faustschlägen auf den Kopf kündigte er ihren Tod an und den ihrer Familie. Es setzte sechs Monate Haft auf Bewährung. Doch schon zwei Jahre später floh die Frau vor erneuten Drohungen ins Frauenhaus. Ursache waren häusliche Gewalt und Drohungen gegen Beamte, Monate später dann die Trennung. Wiederum zwei Jahre später stand der Mann erneut vor Gericht. Er hatte wieder gedroht, die Frau und ihre Familie umzubringen, einen allfälligen neuen Partner ebenso, war gewaltsam in die verschlossene Wohnung des Opfers eingedrungen und hatte nicht einmal davor zurückgeschreckt, die Kinder zu beauftragen, sie sollten der Mama sagen, dass er ihr den «Kopf wegmache». Dafür gab’s 21 Monate Haft, diesmal unbedingt. Doch noch aus dem Knast heraus setzte er sich erneut über Kontaktverbote hinweg und versetzte die Frau weiter mit allen Mitteln in Angst und Schrecken. Und das war erst der Anfang. Die Anklage führt im aktuellen Fall, nebst anderem, allein vier Dutzend Einzelfälle auf, begangen während nur zweier Monate Ende 2020, namentlich zahlreiche Nötigungen und Drohungen der übelsten Sorte, trotz Kontakt- und Rayonverboten, trotz mehrfacher Gefährderansprachen.

Einsichtig aus prozesstaktischen Gründen?

Als die Frau in ihrer Verzweiflung die Polizei einschalten wollte, gab er entschlossen zu Protokoll: «Ist mir scheissegal, ob ich 20 Jahre Knast kriege». Kurz darauf wurde sein Wunsch erfüllt. Er wird festgenommen, sitzt seitdem in Haft und die Frau kann sich wieder halbwegs sicher fühlen. An Schranken zeigte sich der Beschuldigte geständig. Die Einsicht wirkte jedoch eher prozesstaktisch bedingt, waren doch all seine Telefone, Mails und In­ternetaktivitäten aufs Penibels­-te dokumentiert und kaum bestreitbar. Zwar erging in einem Fall der Nötigung ein Freispruch.

24 statt der beantragen 28 Monate

In der Hauptsache erfolgte jedoch ein Schuldspruch. Das Strafmass wurde auf  24 Monate festgesetzt, statt der beantragten 28 Monate. Die Minderung ist dem Teilfreispruch geschuldet. Bedeutsamer dürfte jedoch sein, dass das Gericht eine stationäre therapeutische Massnahme nach Artikel 59 des Strafgesetzbuches verhängte.

«Kleine Verwahrung» angeordnet

Unter Straftätern gilt der im Jargon als «59er» bekannte Paragraf als Schreckgespenst, dem es unbedingt auszuweichen gilt. Dies, weil das zeitliche Ende der besagten Therapie erst dann in Sicht kommt, wenn der Klient geheilt ist. Das aber kann dauern, weshalb man auch von der kleinen Verwahrung spricht. Die Verteidigung wollte umfängliche Freisprüche in Sachen mehrfacher Nötigung und Körperverletzung. Lediglich wegen der Missachtung des Kontakt- und Rayonverbotes sei er schuldig zu erkennen, dafür sollten acht Monate genügen. Sie forderte, von der Verhängung des «59ers» abzusehen und stattdessen eine ambulante Massnahme anzuordnen, die als wesentlich milder gilt. Davon wollte das Gericht aber nichts wissen. Es sprach der Frau stattdessen die beantragte Genugtuung von 3000 Franken zu. Dem Täter verbleiben Verfahrenskosten von rund 35000 Franken.