Eine uralte Masche, die immer noch funktioniert: Dreister Betrug beim Goldankauf | W&O

16.06.2022

Eine uralte Masche, die immer noch funktioniert: Dreister Betrug beim Goldankauf

Mit Flyern machen Goldhändler auf teils sehr verlockende Art auf sich aufmerksam. Ein Ehepaar erzählt von seiner bitteren Erfahrung.

Von Nadine Bantli
aktualisiert am 28.02.2023
Abo Aktion schliessen
News aus der Region?

Alle Geschichten, alle Bilder

... für nur 9 Franken im Monat oder 96 Franken im Jahr.

Vielleicht bewahren auch Sie zu Hause in einer Schmuckschatulle goldene Hals- oder Armkettchen, Uhren und Ohrringe auf, die eigentlich viel zu selten getragen werden. Vielleicht besitzen Sie aber auch Goldzähne, -barren, -münzen oder gar Diamanten, für die Sie einfach keine Verwendung finden. Da kommt der Aufruf «Machen Sie Ihr Altgold zu Geld» oder «Das meiste Geld fürs alte Gold» doch gerade recht. Oder?

Vorsicht geboten bei dubiosen Anzeigen

Der Betrug beim Goldankauf, wo den Verkäuferinnen und Verkäufern von edlen Schmuckstücken verlockende Offerten, die sich allerdings weit unter dem Marktpreis bewegen, unterbreitet werden, ist laut Florian Schneider ein «uraltes Problem». Der Polizeisprecher bei der Kantonspolizei St. Gallen kennt die beliebte Masche der unehrlichen Goldhändler – viel Geld, das schnell und bar auf den Tisch gelegt wird – und weiss, dass diese leider heute noch immer funktioniert. Schneider rät, gar nicht erst auf dubiose Anzeigen zu reagieren. Seien dies nun Inserate in verschiedenen Medien oder die bekannten Flyer, die im Briefkasten liegen und unter der Windschutzscheibe klemmen. Der Polizeisprecher hält fest:
Hat man tatsächlich Gold, das man verkaufen will, sollte man den Weg zu einem zuverlässigen Goldhändler auf sich nehmen und das Geschäft über diesen abwickeln.
Und, ganz wichtig, «auf jeden Fall Anzeige erstatten», wenn man trotzdem übers Ohr gehauen worden ist.
 Wird man beim Verkauf des Goldes übers Ohr gehauen, unbedingt Anzeige erstatten.
Wird man beim Verkauf des Goldes übers Ohr gehauen, unbedingt Anzeige erstatten.
Bild: PD
Diesen Rat zu befolgen, ist kein Ding der Unmöglichkeit – das wissen jedoch auch die betrügerischen Goldhändlerinnen und Goldhändler, von denen in diesem Artikel ausschliesslich die Rede ist. Wie Schneider bereits erwähnt hat, gibt es nebst diesen natürlich auch vertrauenswürdige Händlerinnen und Händler, die ihrer Kundschaft faire und ehrliche Angebote machen. Doch es sind nun mal nicht alle so – und weil nicht nur das Problem, sondern mit ihm auch die Betrugsmasche bereits «uralt» ist, gehen die Goldschwindler teilweise sehr dreist vor. Auch im Sarganserland sind Fälle bekannt, bei denen Vertrauen schamlos ausgenutzt, die Kundschaft überrumpelt und in vielerlei Hinsicht rücksichtslos behandelt worden ist. Die Betroffenen möchten zwar aus diversen Gründen anonym bleiben – ein Ehepaar schildert seine Erfahrung. Nicht zuletzt, um anderen ähnliches Leid zu ersparen.

«Er hat sich Sympathien und Vertrauen erschlichen»

Frau M.* sei von einem ihr unbekannten Goldhändler vor ih­rer Haustür abgefangen und direkt auf ihren Schmuck aus Gold angesprochen worden, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt gar nichts davon getragen hatte. Die nach einem anstrengenden Tag erschöpfte Frau M. wollte sich nicht auf ein längeres Gespräch einlassen, der aufdringliche Goldhändler liess sich jedoch nicht abwimmeln. Daraufhin nahm sie ihn mit in die Wohnung, wo er sich besser mit ihrem Ehemann unterhalten sollte. Das tat der Händler dann auch. Und je länger er redete, Gemeinsamkeiten zwischen ihm und Herrn M. erwähnte und ganz nebenbei über sein erfolgreiches Leben plauderte, desto mehr goldene Schmuckstücke sammelten sich auf dem Küchentisch. Der Händler, mittlerweile hatte er sich durch seine Wortgewandtheit und optische Erscheinung das Vertrauen des Ehepaars schon fast auf routinierte Weise erschlichen, schaute sich den Schmuck an und bot einen Preis. Herr und Frau M. – er überrumpelt, sie müde – willigten ein. Quasi mit einem Kopfnicken.

«Der Schmuck ist bereits verkauft»

Bezahlt wurde bar, allerdings hatte der sympathische Händler nicht genügend Geld bei sich, weshalb er zur nächsten Bank gehen und den fehlenden Restbetrag später bezahlen wollte. Er verschwand, und nachdem sie sich ein wenig ausgeruht hatte, überlegte es sich Frau M. anders: Sie wollte ihren Goldschmuck, darunter wertvolle Erbstücke ihrer Mutter, wieder zurück. Da realisierte das Ehepaar seinen Fehler – doch der Händler war mitsamt dem Schmuck weg, eine Kontaktadresse fehlte.
 Wer Altgold verkaufen will, wendet sich am besten an vertrauenswürdige Händlerinnen und Händler.
Wer Altgold verkaufen will, wendet sich am besten an vertrauenswürdige Händlerinnen und Händler.
Bild: Oliver Menge
Doch der betrügerische Händler kam tatsächlich zurück. Allerdings nicht in erster Linie, um seine Schuld zu begleichen, sondern vor allem, um sich noch mehr teure (Sammler-)Stücke aus der Wohnung für einen Schnäppchenpreis zu erhaschen. Darauf ging das Ehepaar nicht ein, der zweite Besuch endete in einer lautstarken Diskussion. Angesprochen auf ih­ren Schmuck, den Frau M. nun zurückhaben wollte, hiess es vonseiten des Händlers bloss, dass dieser bereits verkauft sei – wohl zu einem beachtlich höheren Preis, als er noch vor wenigen Stunden selbst dafür bezahlt hatte. Der Goldhändler liess nicht mit sich reden, legte den versprochenen Restbetrag auf den Tisch, dort, wo die Schmuckstücke gelegen hatten, und ging.

Eine Bedenkzeit mit dem Händler vereinbaren

Erschüttert über das Erlebte, unternahm das betroffene Ehepaar im Nachhinein Bestrebungen, auf irgendeine Art Vergeltung zu üben, doch weit kamen die beiden damit nicht. Faktisch gesehen kann nämlich nicht von Diebstahl die Rede sein, da mit dem Goldhändler, der übrigens unter einem Pseudonym agiert, ein mündlicher Vertrag abgeschlossen und von seiner Seite her eingehalten wurde. Denn das Geld für ihren Schmuck haben die M.’s schliesslich erhalten – auch wenn der aktuelle Marktwert diesen Betrag massiv übersteigt. Das Einzige, was das Paar noch tun will, ist, andere auf solch betrügerischen Goldankauf aufmerksam zu machen. «Bitte passt auf», warnt Frau M., «denn diese skrupellosen Menschen nützen das Vertrauen der Verkäuferinnen und Verkäufer aus, einzig, um ihren Wohlstand zu maximieren.» Sie ergänzt die Ratschläge von Kantonspolizeisprecher Schneider um weitere wichtige Punkte und betont, dass man noch dazu unbedingt eine Bedenkzeit von Stunden oder Tagen mit dem Goldhändler vereinbaren soll, innert der man seine Meinung noch ändern kann. Und sicherlich sei es auch sinnvoll, jeweils eine Zweitmeinung einzuholen – so kann man einem Betrug vorbeugen und sichergehen, dass man ein faires Geschäft abgeschlossen hat. * Name von der Redaktion geändert.