«Es ist Zeit, grösser zu denken»: Ein ganzjähriger Zeltainer soll die Zukunft des Theaters sichern | W&O

10.11.2022

«Es ist Zeit, grösser zu denken»: Ein ganzjähriger Zeltainer soll die Zukunft des Theaters sichern

Zeltplanen sollen verschwinden, ein moderner Holzbau an ihre Stelle treten: Der Zeltainer möchte einen Schritt nach vorne wagen. Veranstaltungen im Kleintheater Unterwasser sollen künftig das ganze Jahr über stattfinden.

Von Alec Nedic
aktualisiert am 28.02.2023
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Seit bald 20 Jahren sorgen in Unterwasser Comedians und Kabarettisten für Gelächter, bringen Bands und Musiker das Publikum zum Mitsingen und Theatervorführungen stossen bei Jung und Alt auf Begeisterung. Der Zeltainer bietet der Kleinkunst seit 2003 eine Bühne. Zwischen April und Anfang Oktober finden im Obertoggenburger Kleintheater jährlich rund 50 Anlässe statt.

Im Sommer zu heiss, im Herbst zu kalt

Nun sei es an der Zeit, grösser zu denken, verkündet Betreiber Martin Sailer. Die Vorstellungen und Konzerte im Zeltainer bleiben dem Publikum in Erinnerung – nicht zuletzt durch die einzigartige Atmosphäre des selbst ernannten «speziellsten Kleintheaters der Schweiz». Eine Atmosphäre, die das Publikum im Sommer vor Schweiss triefen und im Herbst sich in dicke Wolldecken hüllen lässt. Das Theater, ein Konstrukt aus Zelt und Schiffscontainern, hat seit Jahren mit einigen Mängeln an der Infrastruktur zu kämpfen. Warmwasseranschlüsse gibt es nicht. Das Zelt ist nicht konstruiert für Schneelasten. Der zwingende jährliche Auf- und Abbau des Zeltes gestalte sich trotz der treuen Helferinnen und Helfer als mühsam, sagt Martin Sailer.
 So sieht der Zeltainer heute aus.
So sieht der Zeltainer heute aus.
Bild: Sascha Erni
Die Klimatisierung innerhalb des Zeltes stelle das grösste Problem dar. Während der gesamten Saison habe man Probleme mit der Hitze und Kälte. Eine bessere Heizung und eine Lüftung müssen dringend her. Martin Sailer bemerkt: «Ich bediente das Technikerpult am Nachmittag bei Sonnenschein schon bei fast 50 Grad, und am Abend muss ich dann wieder die Heizung aufdrehen.»

Ein Ganzjahrestheater aus Holz

Nun soll eine neue Ära des Zeltainers eingeläutet werden. Ein permanenter Holzbau, der ganzjährig betrieben werden kann, klimatisiert, in der äusseren Erscheinungsform des ursprünglichen Pagodenzeltes – davon träume er seit fast vier Jahren, erklärt Martin Sailer. Dieser Traum nahm während des letzten Jahres Form an. Gemeinsam mit den Rundholzbauspezialisten der Firma Blumer Lehmann aus Gossau wurde eine Designstudie für einen neuen Zeltainer entworfen. Die Entwürfe des Rundholzbaus verbinden moderne Architektur mit dem «Containercharme» des bestehenden Theaters und soll für 200 Gäste Platz bieten, also rund 20 Plätze mehr als bisher. Die Dimensionen des Rundbaus: 20 Meter im Durchmesser und 9 Meter vom Boden bis zum Giebel. Gestützt wird der Bau ausschliesslich von Tragstrukturen aus Holz. Drei Schiebetüren an den Seitenwänden und zwei Fenster in der Decke sollen für genügend Tageslicht sorgen und können nach Bedarf geöffnet oder abgedunkelt werden. Akustische Baumassnahmen garantierten eine hohe Tonqualität und lassen fast keinen Lärm nach draussen dringen.

Auch ein neuer Standort

Ein Faltschiebetor erleichtert den Künstlerinnen und Künstlern die Anlieferung und Installation von Bühnenmaterial. Die Tribüne, der Garderobenwagen, der Bühnen- und Barcontainer und der Holzschnitzelboden bleiben erhalten. Als Zugang dient der bewährte Eingangscontainer. Heizung und Lüftung sollen ganzjährig für regulierte Temperaturen sorgen. Wasser- und Abwasseranschlüsse ermöglichen den Bau von sanitären Anlagen, insbesondere Toiletten, und Verbesserungen beim Barbetrieb. Neuer Zeltainer heisst auch neuer Standort: Nicht mehr neben der Badi in Unterwasser, sondern auf der Sternenwiese, gegenüber dem Restaurant Sternen, soll das Theater künftig stehen.

Ein Millionenbetrag ist gefragt

Ob Martin Sailers Traum eines dauerhaften Kleintheaters in Unterwasser Realität wird, steht momentan noch in den Sternen. Alles hängt von einer ganzen Stange Geld ab. Zur Umsetzung des Projektes sind 2,2 Millionen Franken nötig, eine Summe, die Sailers Kleintheater bei weitem nicht alleine aufbringen kann. Die Finanzierung soll zum grössten Teil über Stiftungen gelingen, die Martin Sailer zeitnah anfragen wird. Ausserdem sei man auf Sponsoren und die öffentliche Hand angewiesen. Sailer hofft auf Unterstützung der Gemeinde und des Lotteriefonds.

Bestenfalls 2024 in Betrieb

Weiter werde er ein Crowdfunding organisieren. Sollte es Martin Sailer gelingen, den Geldbetrag vollständig aufzutreiben, möchte er bereits 2024 erste Shows auf die Bühne des neuen Zeltainers bringen. Er sagt:
Wenn tatsächlich alles funktioniert, ginge für mich nicht nur ein Traum in Erfüllung, sondern es wäre auch das Bestehen des Zeltainers für die nächsten Jahrzehnte gesichert.
Als Martin Sailer vor 19 Jahren das Projekt Zeltainer ins Leben rief, zweifelten viele an seinem Verstand. 2,2 Millionen zu sammeln für ein Kleintheater im überschaubaren Unterwasser, auch das wagt nicht jeder. Wo sich andere an den Kopf fassen, erwacht Martin Sailers Ehrgeiz. Ob die Finanzierung gelingt, sei auch ihm völlig unklar, gibt Martin Sailer zu. Er glaube aber fest daran.