Als ich vom Entscheid des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte erfuhr, glaubte ich, mich verhört zu haben. Dieses Gericht ist nicht zuständig über die Einhaltung der Klimaschutzvereinbarung, sondern einzig für die Einhaltung von Menschenrechten. Dass Schweizer sich in ihren Menschenrechten verletzt fühlen könnten, weil die Schweiz zu wenig fürs Klima tut, ist doch sehr weit hergeholt. Es geht hier nicht um Menschen im Sahel oder in Bangladesh, die unter Trockenheit oder Überschwemmungen infolge des Klimawandels tatsächlich leiden, sondern um Leute in unserem Land. Und schuld daran am weltweiten Klimawandel soll der Schweizer Staat sein, weil er zu wenig tut? Hier haben sich die Richter bös verrannt und sich Kompetenzen angemasst, die sie schlicht nicht haben.
Erstens sind heisse Sommer für uns zwar unbestreitbar eine Belastung, aber bestimmt nicht menschenrechtsverletzend. Dies im Gegensatz zu anderen Ländern dieser Erde, wo der Klimawandel wirklich existenzbedrohend ist. Wer sich bei uns wegen des Klimas in den Menschenrechten bedroht fühlt, jammert auf international sehr hohem Niveau.
Zweitens müssten diese Richter wissen, dass es einen Unterschied zwischen Wetter und Klima gibt. Selbst bei normalem Klima gibt es Wetterkapriolen. Sind nun auch diese inskünftig als Menschenrechtsverletzung einklagbar? Hat der Europäer das Recht auf ordentliches Wetter? Und müsste auch der liebe Gott auf die Anklagebank?
Drittens macht die Schweiz nicht einfach nichts. Selbst wenn man immer mehr tun könnte, so brauchen wir einen Vergleich mit anderen europäischen Staaten nicht zu scheuen. Und dies, obwohl unsere Gesetze auch ein Referendum mit Volksabstimmung überstehen müssen. Viertens ist der Klimawandel ein weltweites Problem. Selbst ein «Musterknabe» Schweiz mit Null Emissionen hätte an den angeblichen Menschenrechtsverletzungen der Klägerinnen kein Haar geändert. Problematisch ist die Wirkung des Urteils. Der Schweiz werden keine konkreten Vorschriften gemacht, was sie genau zu tun hat. So gesehen wird sich unsere Klimapolitik wohl nichts ändern.
Fatal ist ein anderes Signal, nämlich in Sachen Rahmenabkommen mit der EU. Bis jetzt dachte ich, dass ja auch fremde Richter einen Streitfall objektiv und fair und sachlich beurteilen können. Und dass bei einem Streitfall über die Auslegung einer EU-Norm auch ein EU-Gericht fair urteilen würde. Hier ging es zwar nicht um ein EU-Gericht, aber ein europäisches Gericht hat hier das bare Gegenteil demonstriert und unser Land völlig zu Unrecht «vorgeführt». Das gibt mir zu denken. Ich erwarte, dass sich die Schweiz mit aller Entschiedenheit gegen dieses eklatante Fehlurteil zur Wehr setzt. Im Klartext: Sie soll dieses Urteil diesem Gericht vor die Füsse werfen und deutlich sagen: «So nicht!».
Josef Dudli, Bogenstrasse 3, 9470 Werdenberg