Die Beschuldigte war Teil einer Betrugsmasche, die als «Falsche Polizisten» bekannt ist. Dabei haben unbekannte Hintermänner, wohl aus der Türkei heraus, Seniorinnen im Kanton St. Gallen telefoniert und sich als Polizisten ausgegeben.
Sie machten geltend, es stünde ein Einbruch bevor, bei dem die Seniorinnen alles Geld verlieren würden. Doch es gäbe Abhilfe. Bald käme eine Mitarbeiterin der Staatsanwaltschaft vorbei, der man das Geld zur sicheren Verwahrung aushändigen könnte. Natürlich erhalte man es umgehend zurück, sobald die Gefahr vorüber sei.
Die Angeklagte hatte die Rolle übernommen, das Geld, insgesamt rund 80000 Franken, bei den jeweiligen Opfern abzuholen und an die Hintermänner weiterzuleiten.
Dies durch Überweisung an Bitcoin-Automaten, sodass die Kohle auf Nimmerwiedersehen verschwunden ist.
Als «Lohn» durfte die Frau jeweils 1500 bis 2000 Franken behalten. Die gingen für ihren Lebensunterhalt und die Finanzierung ihrer Drogensucht drauf.
Eiskalt eingeschüchtert und ausgenutzt
Die Betrugsserie dauerte von April und Mai letzten Jahres genau zwei Monate. Im ersten Fall war das Opfer eine 96-jährige Seniorin. Die arglose, von den Nachrichten stark verängstigte Frau, hob knapp 10000 Franken ab und übergab sie der angeblichen Staatsanwalts-Praktikantin.
Eine Woche später traf es eine 60-Jährige, die um knapp 13000 Franken erleichtert wurde. Dabei hatte die falsche Praktikantin sogar die Nerven, mit ihrem Opfer eineinhalb Stunden in einem Café zu verbringen, bis die Bank des Nachmittags endlich ihre Türen öffnete.
Bald darauf wurde eine 87-jährige Frau das dritte Opfer. Ihr spiegelten die falschen Polizisten vor, ihr Sohn sei festgenommen worden und komme erst gegen Kaution frei. So wechselten knapp 20000 Franken den Besitzer.
Noch dreister gingen die Täter im vierten Fall vor. Hier verzapften sie einer 91-jährigen die Geschichte von der angeblichen Festnahme ihres Sohnes, der in Bulgarien eine Geiselnahme verübt habe. Diesmal flossen 15000 Franken, um ihn vermeintlich freizukaufen.
Erst beim fünften Fall wurde eine 76-Jährige, obwohl schwer verängstigt, misstrauisch. Sie informierte ihre Nachbarin, diese wiederum die echte Polizei, welche dann die falsche Staatsanwaltsgehilfin in flagranti festnahm.
Polizei fordert nie dazu auf, Geld abzuheben
Die Kantonspolizei warnt in diesem Zusammenhang vor der bösen Masche. Sie weist darauf hin, dass die Polizei nie dazu auffordert, Geld abzuheben, es irgendjemandem auszuhändigen oder es gar irgendwohin zu überweisen.
Die Polizei verlangt auch nie, dass man ein Telefon nicht unterbrechen dürfe. Vielmehr solle man im Zweifel auflegen und dann allenfalls selbst bei der Notrufzentrale zurückrufen. Im Zweifel solle man zudem immer Freunde oder Verwandte zu Rate ziehen.
Die fälligen Kosten schmerzen
Den Ermittlungsbehörden ist es bisher nicht gelungen, die eigentlichen Hintermänner auszumachen.
Die falsche Staatsanwalts-Praktikantin konnte der Strafuntersuchung jedoch nicht entgehen. Sie packte während der Untersuchung immerhin restlos aus und zeigte sich umfänglich geständig, so dass im abgekürzten Verfahren ein Urteilsvorschlag erhoben wurde, dem auch die Verteidigung zustimmt.
Danach wird die Frau wegen Gehilfenschaft zum gewerbsmässigen Betrug und wegen mehrfacher Amtsanmassung schuldig gesprochen. Hinzu kommen mehrfache Drogendelikte und mehrfacher Ungehorsam gegen Verfügungen in Zusammenhang mit dem Suchtverhalten.
Dafür soll sie insgesamt 20 Monate in Haft, bedingt bei einer Probezeit von drei Jahren.
Schmerzen dürften die fälligen Kosten. Sie setzen sich aus einer Busse von 2500 Franken, Verfahrenskosten von 12300 Franken sowie Zivilforderungen von knapp 80000 Franken zusammen.