Das Amt für Soziales des Kantons St. Gallen, Abteilung Integration und Gleichstellung, hat in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Graubünden die Geschlechterverteilung in gewählten Gremien der Gemeinden im Kanton St. Gallen erhoben. Die Zahlen bilden den Stand der letzten Gesamterneuerungswahlen im Herbst 2020 ab und zeigen klar: Das weibliche Geschlecht ist über alle gewählten Gremien hinweg gesehen in der Unterzahl.
Am meisten Frauen sind in Schulräten und Bildungskommissionen vertreten. Dort herrscht fast Gleichstand zwischen den Geschlechtern. Über den ganzen Kanton gesehen, aber auch im Wahlkreis Werdenberg: 14 Frauen (43,8 %) und 18 Männer (56,3 %) sind dort Schulrätin oder Schulrat. In Wildhaus-Alt St. Johann liegt der Anteil der Frauen im Schulrat sogar höher (60 %): Drei Frauen und zwei Männer bilden den Schulrat. Auch in Buchs und in Sennwald sind die Frauen hierbei in der Überzahl. Das sind dann aber auch schon alle Ausnahmen.
Zwölf Gemeinde- und Stadträtinnen im W&O-Gebiet
Anders sieht es nämlich bei den Gemeinderäten und dem Stadtrat aus. Von total 36 Gemeinde- und Stadträtinnen und -räten im Wahlkreis Werdenberg sind nur elf weiblich (30,6 %). Kantonsweit liegt der Frauenanteil in den Gemeindeexekutiven noch tiefer, nämlich bei 25,3 Prozent. Im Gemeinderat Wildhaus-Alt St. Johann sitzt eine Frau (20 %) zwischen vier Männern. Am wenigsten Frauen sind in Geschäftsprüfungskommissionen vertreten. Im Wahlkreis Werdenberg sind es 5 von 30 (16,7 %). In der Stadt Buchs und der Gemeinde Gams gibt es keine weiblichen GPK-Mitglieder. Im obersten Toggenburg sind zwei der fünf GPK-Mitglieder Frauen. Über den ganzen Kanton gesehen liegt der Frauenanteil in den GPK bei 21,5 Prozent.Sevelen hat die meisten Gemeinderätinnen
Drei Frauen sitzen in Sevelen im Gemeinderat – so viele wie in keiner anderen Gemeinde der W&O-Region. «Die Vielfalt in einem Gremium wie dem Gemeinderat betrachte ich als wertvoll und bereichernd. Nicht nur was das Geschlecht betrifft, sondern auch was die Parteizugehörigkeit, die beruflichen Hintergründe, die Erfahrung, Kultur und die Hobbys angeht», sagt Gemeindepräsident Eduard Neuhaus.Je breiter ein Gremium aufgestellt ist, desto mehr Sichtweisen können eingebracht werden.«Dies vereinfacht den Prozess der Lösungsfindung nicht immer, aber die Entscheide wurden so bereits im Gemeinderat von verschiedenen Seiten beleuchtet, hinterfragt und gemeinsam entwickelt.» Schliesslich gehe es darum, die für die Bürgerschaft beste Lösung zu erarbeiten sowie mehrheitsfähige Vorlagen zu präsentieren, so Neuhaus. Er ist überzeugt, dass Frauen andere Impulse, Sichtweisen und Schwerpunkte einbringen können. «Ich denke aber, dass nicht nur das Geschlecht entscheidend ist. Die Übernahme von Aufgaben und Funktionen sind eher interessensabhängig. Wie im beruflichen Umfeld gibt es auch im Rat Personen, die sich mehr für den Bau, das Soziale, die Bildung, das Alter, die Finanzen oder beispielsweise die Kultur interessieren als andere», sagt Eduard Neuhaus.Eduard Neuhaus, Gemeindepräsident Sevelen. " fotograf="Bild: PD" textUmfliessen="0" lightbox="0" />
Die reine Frauen-Männer-Diskussion greift hier zu kurz. Aus meiner Sicht sollte die Qualifikation, die Einsatzbereitschaft, die Freude an der Tätigkeit und der Wille etwas zu gestalten im Vordergrund stehen – und dies unabhängig vom Geschlecht.
Gams hat den niedrigsten Frauenanteil
Über alle drei Gremien – Gemeinderat, GPK und Schulrat – gesehen hat Gams mit 20 Prozent den niedrigsten Frauenanteil. Warum ist das so? «Eigentlich müsste diese Frage den Frauen gestellt werden», so Gemeindepräsident Fredy Schöb. «Bei den letzten Wahlen im Jahr 2020 hat sich mit Monika Lenherr eine einzige Frau um einen Sitz im Gemeinderat beworben, sie wurde auch mit Bravour gewählt. Im Schulrat sind von fünf Sitzen zwei durch Frauen besetzt.»Scheinbar macht es aber die Männerwelt nicht so schlecht, sonst würden sich bestimmt mehr Frauen um einen Sitz bemühen.Letztendlich bestimme die Stimmbürgerschaft, wie sich eine Behörde zusammensetzt, sagt Schöb. «Es ist aber sehr wertvoll, wenn beide Geschlechter vertreten sind. Die Art und Weise der Zusammenarbeit ist spürbar anders, so auch indem, wie Frauen und Männer ihre Ansichten bei der Diskussion der Themen einbringen.»
Immer öfters sind auch Frauen verfügbar
Den höchsten Frauenanteil in Gemeinderat, GPK und Schulrat in der W&O-Region haben Wildhaus-Alt St. Johann und Sennwald mit je 40 Prozent. Grundsätzlich sollte die Geschlechterverteilung heute keine Rolle mehr spielen, so die Meinung von Bertrand Hug, Sennwalder Gemeindepräsident. «Es gibt bei beiderlei Geschlechtern fachkundige Personen in fast allen Bereichen. Hingegen spielt, natürlich neben dem Interesse, wohl eher die Verfügbarkeit eine Rolle, ob sich jemand für ein Gremium interessiert. Hier hat die Entwicklung der letzten Jahrzehnte sicher dazu geführt, dass immer öfters auch Frauen verfügbar sind», so Bertrand Hug.Aus meiner persönlichen Erfahrung schätze ich grundsätzlich Gremien, die gemischt sind.Die Erhebung der Zahlen durch den Kanton St. Gallen fand im Rahmen des Projekts «Promo Femina» statt. Dieses hat zum Ziel, die Partizipation von Frauen in den Gemeinden zu fördern, schreibt der Kanton in einer Medienmitteilung.Bertrand Hug, Gemeindepräsident Sennwald. " fotograf="Bild: Corinne Hanselmann" textUmfliessen="0" lightbox="0" />