Für Monika Gantenbein und Ruth Herzog gehört das Sterben zum Leben | W&O

09.10.2022

Für Monika Gantenbein und Ruth Herzog gehört das Sterben zum Leben

Monika Gantenbein und Ruth Herzog engagieren sich für Sterbende und deren Angehörige.

Von Adi Lippuner
aktualisiert am 28.02.2023
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Seit der Gründung von Palliative Ostschweiz und dem Forum Toggenburg hat sich, wie Monika Gantenbein aus Wildhaus betont, viel verändert. Sie ist noch bis Ende Jahr Leiterin des Pal­liativ-Forums Toggenburg und wird dann die Verantwortung an ein Zweierteam mit der Ärztin Michaela Signer und Monika Rutz übergeben. Ihre Kollegin Ruth Herzog, ehemalige Pflegedienstleiterin des Spitals Wattwil, war von Beginn an mit im Boot und ist überzeugt: «Sterben gehört zum Leben, genau wie die Geburt.»

Weniger tabu durch Öffentlichkeitsarbeit

Dank zahlreicher Veranstaltungen und Gesprächsrunden sei die Bevölkerung offener für Gespräche. Herzog sagt:
Sterben ist kein Tabuthema mehr.
Erzielt wurde dieser Sinneswandel dank der Tätigkeit von Palliative Ostschweiz und des Einsatzes der regionalen Koordination im Bereich Palliative Care im Forum Toggenburg sowie der Hospizgruppe Toggenburg-Neckertal. Monika Gantenbein sagt:
Gerade im Bereich Hospiztätigkeit durften wir von Anfang an viel Wohlwollen und Wertschätzung von Seiten der Bevölkerung spüren. Das gibt Kraft, unsere nicht immer einfachen Einsätze zu bewältigen.

Vernetzung der verschiedenen regionalen Akteure kommt zum Zug

Beide Frauen sind sich einig, dass Sterbende und deren Angehörige Unterstützung brauchen. «Dies war von Anfang an das Ziel von Palliative Ostschweiz mit der Informationsstelle, der 24-Stunden-Hotline und zahlreichen Partnerorganisationen in der Region.» Das Credo der beiden Pflegefachfrauen ist klar:
In den letzten Stunden sollte eigentlich kein Mensch allein sein, wobei Sterben ein sehr individueller Prozess ist.
Und Monika Gantenbein doppelt nach: «Oft ist es auch für pflegende Angehörige wichtig, dass sie eine Nacht durchschlafen können.» Und da kommt die Vernetzung der verschiedenen regionalen Akteure zum Zug. «Wenn eine Partnerin oder ein Partner oder ein Elternteil schwer krank ist, haben die Angehörigen kaum Ressourcen, um sich um bestehende Angebote zu kümmern», so der Tenor.
 Beide Frauen haben ihre eigene Methode, um belastende Er­lebnisse zu verarbeiten.
Beide Frauen haben ihre eigene Methode, um belastende Er­lebnisse zu verarbeiten.
Bild: Adi Lippuner
Dank der Organisation Palliative Care Forum Toggenburg und der Vertretung von Institutionen des Gesundheits- und Sozialwesens von Kirchberg bis Wildhaus seien die nötigen Informationen vorhanden, erklärt Monika Gantenbein.

Die meisten Menschen versterben in Ruhe

Beide Frauen haben ihre eigene Methode, um belastende Er­lebnisse zu verarbeiten. Monika Gantenbein versucht, das Erlebte möglichst am Ort des Geschehens zurückzulassen, holt sich aber auch Kraft in der Natur. Monika Gantenbein sagt:
Wenn ich allein im Munzenriet spazieren gehe, kann ich den Kopf auslüften und meine Gedanken ordnen.

Kraft aus dem Glauben schöpfen

Ihre Kollegin Ruth Herzog glaubt an die Existenz der Seele nach dem Tod und schöpft daraus Kraft. Die Frage, was Sterbende kurz vor dem Ableben am meisten bedauern, wird unterschiedlich beantwortet. Ruth Herzog:
Viele belastet es, dass Konflikte innerhalb der Familie nicht gelöst werden konnten.
Und Monika Gantenbein ergänzt: «Ich sage den Sterbenden oft, dass sie loslassen dürfen und dass nun alles gut ist.» Einig sind sich die beiden, dass die meisten Menschen, abgesehen von gesundheitlichen Beschwerden, diese Welt in Ruhe verlassen.   Ein geschützter Ort für Trauernde in Unterwasser Jeweils am ersten Donnerstag im Monat findet in der Trefferei Unterwasser ein Trauertreff statt. In einem geschützten Rahmen können Hinterbliebene über den erlittenen Verlust sprechen und sich mit Fachpersonen austauschen. «Diese konfessionell unabhängige Möglichkeit wird jeweils von einer Handvoll Menschen genutzt und hilft, sich mit der eigenen Trauer auseinanderzusetzen», so Monika Gantenbein. Interessant sei, dass es oft einige Wochen oder Monate gehe, bis sich jemand zur Teilnahme entscheide. Während der ersten Wochen nach dem Tod seien die Hinterbliebenen oft noch stark beschäftigt. «Die Leere kommt meist erst nach zwei, drei Monaten oder sogar noch später. Dann wollen wir da sein, Trost und Zuversicht geben und ganz einfach für die Menschen da sein», sagen die Leiterinnen Monika Gantenbein und Ruth Herzog. «Es braucht sicher zu Beginn etwas Überwindung, aber was im Raum besprochen wird, bleibt dort und wenn Emotionen hochkommen, können wir mit der betroffenen Person auch in einen anderen Raum gehen oder einen Spaziergang in der Umgebung machen», verraten die zwei Fachfrauen.  Willkommen sind Menschen aus der ganzen Region, die Hilfe und Unterstützung bei der Bewäl­tigung ihrer Trauer suchen. Der nächste Trauertreff findet am Donnerstag, 3. November, von 15 bis 17 Uhr in der Trefferei Unterwasser statt.