Wie im W&O zu erfahren war, («Ein Armutszeugnis?», Ausgabe vom 31. Oktober) sind über 15 Prozent der Bevölkerung des Kantons St. Gallen von Armut betroffen bzw. armutsgefährdet. Die Caritas St. Gallen-Appenzell befürchtet, dass diese Zahl künftig noch deutlich steigen wird und spricht von einer «sozialpolitischen Zeitbombe».
Eine deutliche Verbesserung brächte die Einführung von Familienergänzungsleistungen. Doch bereits winkt die St. Galler Regierung ab und hält in einem Communiqué fest, dass sie die Einführung von Familienergänzungsleistungen «aus finanzpolitischen Gründen nicht als angezeigt» erachte. Dabei wäre, wenn man die Schweiz als Ganzes betrachtet, mehr als genug Geld vorhanden.
Dazu einige Zahlen: Die 300 Reichsten verfügten im Jahre 2022 über ein – von Jahr zu Jahr weiter wachsendes – Gesamtvermögen von sage und schreibe 820 Milliarden Franken, was der gesamten jährlichen Wirtschaftsleistung der Schweiz entspricht und beinahe dem jährlichen Militärbudget der USA, der mit Abstand grössten Militärmacht der Welt. 88 Milliarden Franken wurden im Jahre 2022 steuerfrei weitervererbt, das ist fast doppelt so viel, wie jährlich insgesamt an AHV-Renten ausbezahlt wird.
Im Pharmakonzern Roche beträgt der höchste Lohn das 307-fache des niedrigsten. Und in einzelnen Grosskonzernen verdienen CEOs bis zu 10000 Franken pro Stunde, während sich Arbeitgeberorganisationen schon gegen die flächendeckende Einführung von Mindestlöhnen im Bereich von 20 bis 22 Franken mit Händen und Füssen wehren.
«Die Behauptung, es gäbe kein Geld, um die Armut zu beseitigen», sagte der bekannte deutsche CDU-Politiker Heiner Geissler, «ist eine Lüge. Wir haben Geld wie Dreck, es haben nur die falschen Leute.» Fazit: Um die Armut wirksam zu bekämpfen, müsste man vor allem den Reichtum bekämpfen. Wenn man den Reichtum bekämpft, dann verschwindet die Armut ganz von selber.
Peter Sutter, Wiedenstrasse 32, 9470 Buchs