Präsident Robert Jörin konnte im reformierten Kirchgemeindesaal über hundert Interessierte begrüssen. Die «Zeitreise» durch den Getreideanbau im Alpsteingebiet startete Thekla Bachofen mit dem historischen Teil. Anhand von alten Landkarten und Dokumenten aus Archiven zeigte die Geografin die Standorte und Besitzverhältnisse von Mühlen im Toggenburg auf.
Mittelalterliche Menüpläne eines Spitals überliefern, dass es meistens (Hafer-)Mus zu essen gab. Für den Getreideanbau spielte schon damals das Klima die wichtigste Rolle, also Temperatur und Niederschläge. Funde von Baumstämmen und Torf unter unseren heutigen Gletschern belegen erstaunlicherweise, dass die Eismassen in vorchristlicher Zeit kleiner waren und später wieder wuchsen.
Jede Bodenfrucht hat Vor- und Nachteile
Im zweiten Teil berichtete Landwirt Jakob «Köbi» Knaus über seinen eigenen Getreideanbau. Seit 1996 betreibt er diesen im Chüeboden oberhalb Unterwasser. Wegen des grossen Interesses von immer mehr Landwirten wurde 2010 der Verein Alpsteinkorn gegründet, um das vorhandene Wissen auszutauschen, mit Bäckereien und Gastgewerbe zu kooperieren, Maschinen auszuleihen und den Boden mit Hilfe von Forschungsstellen zu untersuchen.
Das eigentliche Ziel des Getreideanbaus ist die Ernährungssicherheit in der Schweiz: Trotz Krisen und Bevölkerungswachstum soll die Abhängigkeit von Importen verringert werden. Lokal angebaute Nahrung ist nachhaltig, also umweltverträglich, unabhängig und gesund.
Der Referent erklärte nun eindrücklich die Eignung jeder einzelnen Getreidesorte. Ob Hafer, Weizen, Gerste, Roggen, Raps, Kartoffel oder Mais – jede Bodenfrucht hat Vor- und Nachteile beim Anbau, beim Lagern oder bei der Verarbeitung. Am nützlichsten erweist sich die Kartoffel, die auf relativ geringer Fläche am meisten sättigende Nahrung hervorbringt. Ganz aktuell ist ihr Saatgut jedoch wetterbedingt kaum erhältlich.
Die Produktion im Berggebiet wird wichtiger
Zuletzt lenkten Thekla Bachofen und Köbi Knaus den Fokus erneut aufs Klima. Je nach globaler Erwärmung wird auch im Toggenburg die Temperatur um zwei bis drei Grad steigen. Da die Niederschläge abnehmen und örtlich dem Relief der Berge folgen, kann es für den Getreidegürtel im Mittelland zu trocken werden. Umso wichtiger wird die Produktion im Berggebiet.
Der Verein Alpsteinkorn möchte in Nesslau eine eigene Mühle betreiben. Für deren Finanzierung ist jedermann von nah und fern als Genossenschafter hochwillkommen.