Die Kantons- und die Stadtpolizei St. Gallen rückten im häuslichen Bereich im vergangenen Jahr 77-mal häufiger aus als im Vorjahr.
Während in 551 Fällen strafrechtsrelevante Sachverhalte erfasst wurden, blieben über 1000 Einsätze ohne strafrechtsrelevante Sachverhalte.
Diese Zahlen verdeutlichen laut einer Medienmitteilung des Kantons St. Gallen die wichtige Rolle, die die Polizei in der Früherkennung und Verhinderung von Gewalt spielt.
In den Fällen mit strafrechtsrelevanten Sachverhalten waren 507 Männer, 213 Frauen und 17 Minderjährige in der Rolle der gewaltausübenden Person. Sie wurden bei der Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen zur Anzeige gebracht.
Viele Minderjährige beteiligt
In 661 Interventionen im häuslichen Bereich waren Minderjährige beteiligt. Über 1000 Minderjährige waren dabei von Gewalt betroffen, übten Gewalt aus oder waren bei Gewaltausübung anwesend.
In der Präventions- und Sensibilisierungsarbeit müsse den Minderjährigen deshalb unbedingt Rechnung getragen werden, schreibt der Kanton.
Dies nicht nur in Fällen, bei denen Minderjährige direkt Gewalt erfahren haben, sondern auch wenn sie elterliche oder familiäre Gewalt mitansehen und miterleben mussten.
Im Jahr 2023 waren dies über 300 Minderjährige in strafrechtsrelevanten Sachverhalten.
Beratungsangebote bleiben zentral im Unterstützungssystem
Die Opferhilfe SG-AR-AI und das Frauenhaus St. Gallen sind zentral für die Unterstützung der Gewaltbetroffenen.
Im Jahr 2023 nahmen 649 Personen, überwiegend Frauen, eine Beratung zu häuslicher Gewalt bei der Opferhilfe in Anspruch.
Das Frauenhaus leistete Schutz und Unterstützung für 87 Frauen und 81 Kinder, wobei die Auslastung die Kapazitätsgrenzen überschritt. Die Nachfrage nach sicheren Unterkünften bleibt hoch.
Das Angebot der Beratungsstelle Häusliche Gewalt für gewaltausübende Personen sowie das Lernprogramm «Partnerschaft ohne Gewalt» der Bewährungshilfe St. Gallen sind wichtige Pfeiler in der Präventionsarbeit.
Im vergangenen Jahr nahmen 60 Personen eine Beratung in Anspruch. Zwölf neue Teilnehmende stiegen ins Lernprogramm ein, bei einer Abschlussquote von rund 40 Prozent.
Beim Lernprogramm «Partnerschaft ohne Gewalt» der Bewährungshilfe St. Gallen handelt es sich um ein Programm für gewaltausübende Personen, das auf der kognitiv-verhaltensorientierten Ebene ansetzt.
Es wird in Gruppentrainings über 20 Wochen hinweg neues Verhalten erlernt, um gewaltfreie Partnerschaften zu leben.
Der Kanton St. Gallen setzt seine Arbeit fort, um auf die steigenden Zahlen im Bereich der häuslichen Gewalt zu reagieren.
Zum Beispiel möchte der Kanton die Zusammenarbeit innerhalb des Unterstützungssystems weiterentwickeln und die Öffentlichkeit für das Thema häusliche Gewalt sensibilisieren.
Die Koordinationsstelle für Häusliche Gewalt und Menschenhandel hat die Erhebungsmethode für die Statistik 2023 leicht angepasst.
Die diesjährigen Zahlen sind deshalb nur teilweise direkt vergleichbar mit den Zahlen der Vorjahre.