«Hier gibt es nichts mehr zu deuteln»: Wattwils Gemeindepräsident freut sich über gewaltiges Ja zu den Spitalplänen | W&O

18.12.2021

«Hier gibt es nichts mehr zu deuteln»: Wattwils Gemeindepräsident freut sich über gewaltiges Ja zu den Spitalplänen

Das ist ein klares Ergebnis: Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger von Wattwil sagen am Sonntag mit einem Anteil von 96,1 Prozent Ja zum Rückkauf der Spitalimmobilie und mit 93,7 Prozent Ja zum weiteren Ausbau der Immobilie. Sie sprechen einen Gesamtbetrag von 35 Millionen Franken.

Von Sabine Camedda und Regula Weik
aktualisiert am 28.02.2023
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Die Gemeinde Wattwil kann die Spitalimmobilie zurückkaufen. Mit der kommunalen Abstimmung vom Sonntag ist die letzte Eventualität zur Gewissheit geworden. Im Vorfeld der Abstimmungen gab es viel Zuspruch und Unterstützung für den Kurs, den Gemeindepräsident Alois Gunzenreiner und der Gemeinderat gefahren sind. Kritische oder negative Stimmen zum Kauf der Spitalimmobilie zum Preis von 9,5 Millionen Franken wurden aber weder in der Bevölkerung noch bei den Parteien laut. Im Gegenteil: Unisono warben diese für ein Ja zu den Vorlagen. Dennoch interessierte das Geschäft die Bürgerschaft. Das zeigt sich unter anderem bei der Stimmbeteiligung, die bei über 47 Prozent lag.

So wurden die beiden Vorlagen zu einer deutlichen Sache. Mit 2516 Ja- zu 102 Nein-Stimmen, dies entspricht einem Ja-Anteil von 96,1 Prozent, sprachen die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger von Wattwil 15 Millionen Franken. Dieses Geld – zehn Millionen davon sind als Darlehen zurückzuzahlen – ist zum einen für den Kauf der Liegenschaft bestimmt. Der Rest soll eine Gesellschaft finanzieren, die zu 100 Prozent der Gemeinde gehört und die selbstständig für den Betrieb der Liegenschaft verantwortlich ist.

Auch das zweite Ja war deutlich

Weil die erste Vorlage angenommen worden ist, kommt auch die zweite Vorlage zum Tragen. Dabei ging es ebenfalls um ein rückzahlbares Darlehen, und zwar über 20 Millionen Franken. Dieses Geld soll für den bedarfsgerechten Ausbau verwendet werden. Denn durch den Baustopp, den der Kanton St.Gallen kurz vor der Eröffnung verhängt hat, ist der ehemalige Altbautrakt nicht nutzbar. 2425 Personen waren für diese Vorlage, 163 dagegen. Der Ja-Stimmen-Anteil belief sich hierbei auf 93,7 Prozent.

Gemeindepräsident Alois Gunzenreiner zeigte sich erleichtert über das Resultat. Dass im Vorfeld keine kritischen oder negativen Stimmen laut geworden seien, habe auf einen positiven Ausgang hingedeutet. Diese Deutlichkeit von über 96 Prozent für den Kauf der Liegenschaft habe er aber nicht erwartet.

Die Stimmbeteiligung von über 47 Prozent erachtet Alois Gunzenreiner unter den Gegebenheiten als sehr erfreulich. Am vierten Advent, wenn nur eine kommunale Abstimmung stattfinde, sei es nicht selbstverständlich, dass so viele Stimmbürgerinnen und Stimmbürger ihren Stimmzettel ausfüllen.

Diese hohe Stimmbeteiligung und das klare Ja sind im doppelten Sinn ein klares Zeichen. Hier gibt es nichts mehr zu deuteln.

Gemeinde Wattwil führte parallel Verhandlungen mit der Berit Klinik

Die Abstimmung vom Sonntag ist der Schlussstrich unter eine lange, emotionale und nervenaufreibende Geschichte um die künftige Gesundheitsversorgung im Toggenburg. Doch nun ist geklärt: Es geht nahtlos weiter. Am 31. März löscht die Spitalregion Fürstenland Toggenburg (SRFT) die Lichter im heutigen Spital Wattwil, am 1. April geht es los mit der Nachfolgelösung – aufgegleist von der Gemeinde.

Im Sommer haben die St.Galler Stimmberechtigten einen weiteren Ausbau des Spitals Wattwil abgelehnt und damit die geplante Schliessung definitiv besiegelt. Wenig später platzte auch die vom Kanton geplante Nachfolgelösung mit dem privaten Pflegeunternehmen Solviva.

Gemeindepräsident Gunzenreiner hatte dann überraschend die Berit Klinik als neue Partnerin aus dem Hut gezaubert; er hatte mit der Privatklinik parallel zu den Verhandlungen mit dem Kanton Gespräche geführt. Denn aus seiner Sicht befriedigte die vom Kanton ausgearbeitete Lösung das Bedürfnis nach einer Gesundheitsversorgung für die Toggenburger Bevölkerung nicht.

«Wir kommen nicht, um das riesige Geschäft zu machen»

Inzwischen hat die Berit Klinik zwei Leistungsaufträge des Kantons – für das Notfallzentrum und die etablierte und renommierte Alkoholkurzzeittherapie. Damit geht es im April los. Die weiteren von der Privatklinik geplanten Angebote, ein ambulantes Zentrum mit Tagesklinik, müssen danach erst noch aufgebaut werden.

«Wir kommen nicht, um das riesige Geschäft zu machen», hatte Peder Koch, CEO der Berit Klinik, Anfang Monat an einer Informationsveranstaltung in Wattwil betont.

«Es ist für uns eine Ehre, das Toggenburg zu unterstützen.»

Hinzu kommt ein Ärztezentrum mit einem Hausarzt und vier Fachärzten. Für die ebenfalls geplante Spezialpflege läuft die Anfrage beim Kanton für einen Leistungsauftrag noch; betreiben soll diese die gemeindeeigene Pflegeheim Rosengarten GmbH. Mit den heute bekannten und potenziellen Nutzern werde die Liegenschaft «zum grössten Teil genutzt und belegt sein», so Alois Gunzenreiner.

Klarheit in verschiedener Hinsicht

Mit der Zustimmung, die Spitalliegenschaft kaufen zu können, sei ein Meilenstein erreicht worden, sagt der Gemeindepräsident weiter.

Wir haben in verschiedener Hinsicht Klarheit erhalten und alle relevanten Voraussetzungen geschaffen.

Damit spricht er an, dass nun die Trägergesellschaft gegründet, der Verwaltungsrat besetzt und der Verkauf der Liegenschaft abgewickelt werden können. Momentan würden viele verschiedene Bearbeitungspfade parallel beschritten.

Der erste Termin ist gesetzt: Am 1. April wird die Berit Klinik den Betrieb der Notfallstation und der Alkoholkurzzeittherapie übernehmen. Dann erfolgen die weiteren Schritte, bis aus dem heutigen Spital das Gesundheitszentrum entstanden ist.