Jahresbeginn mit Stromknappheit und Dorfbrand in Stein: Ereignisse vor 75 Jahren | W&O

11.12.2022

Jahresbeginn mit Stromknappheit und Dorfbrand in Stein: Ereignisse vor 75 Jahren

Im zweiten Nachkriegsjahr 1947 war die Rationierung von Lebensmitteln noch nicht ganz aufgehoben. Zudem gab es einen sehr heissen Sommer und einen trockenen Herbst. Und auch damals musste Strom gespart werden.

Von Hansruedi Rohrer
aktualisiert am 28.02.2023
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1947 – das zweite Nachkriegsjahr schien recht vielversprechend begonnen zu haben, angesichts der vergangenen Zeit des Zweiten Weltkriegs. Das Weihnachtsgeschäft 1946 zeigte sich in vielen Branchen so gut wie nie. Die positiven Seiten der Wirtschaft sollten sich auch im neuen Jahr zeigen. Der Weg zur Normalität des Lebens war zwar geebnet, doch es gab halt immer noch gewisse Einschränkungen. Denn die allgemeine Versorgungslage erlaubte es nicht, das gesamte Rationierungswesen aufzuheben.

Ernste Situation bei Elektrizitätsversorgung

Und am 3. Januar 1947 setzten alle Elektrizitätswerke des Werdenbergs sogar straffe Verbote und Einschränkungen im Verbrauch elektrischer Energie in Kraft. Das hiess: allgemeines Verbot der elektrischen Raumheizung, Einschränkung in der Warmwasserbereitung für alle Boiler, Ausschalten der Schaufenster- und Reklamebeleuchtungen um spätestens 19 Uhr. Die anhaltend ungünstige Wasserführung führte nämlich zu einer sehr ernsten Situation in der Elektrizitätsversorgung.
  • 19. Januar: Der Werdenbergische Feuerwehrverband lud in den Kinosaal des Gasthauses Rätia in Buchs zu einem Vortrag mit Film und Lichtbildern über «Grossfeuer und Feuerwehr in London während des Krieges» ein. Referent war A. Witzig, Vorsteher des technischen Büros des Schweizerischen Feuerwehrvereins.
  • 8. Februar: Die Schaufenster- und Reklamebeleuchtung wurde vollständig untersagt. In Hotels, Gaststätten, Geschäftsräumen und Büros musste der Verbrauch elektrischer Energie für Beleuchtungszwecke um einen Drittel gekürzt werden. Ab 23. Februar durften sämtliche elektrische Warmwasserspeicher jeder Grösse für Haushaltungen nicht mehr eingeschaltet werden. Auch die SBB verminderten seit dem 3. Februar auf den elektrifizierten Strecken die Reisezugsleistungen um rund fünf Prozent. Die Dampflokomotiven kamen wieder vermehrt zum Einsatz.
  • Am 19. März gab es eine erfreuliche Wendung: Alle noch bestehenden Einschränkungen im Verbrauch elektrischer Energie wurden mit sofortiger Wirkung aufgehoben. Anhaltende Niederschläge brachten eine Verbesserung der Produktionsverhältnisse.
  • 29. März: Bei ausgesprochener Föhnlage stellte man in der Region Werdenberg eine intensive schleierartige Trübung der Atmosphäre fest. Es handelte sich um über die Alpen gewehter Wüstenstaub aus der Sahara.

35 Wohnhäuser und Ställe wurden ein Raub der Flammen

  • 29. März: Ein grosses Brandunglück suchte die Gemeinde Stein im Obertoggenburg heim. 35 Wohnhäuser und Ställe wurden ein Raub der Flammen. 91 Personen waren obdachlos geworden. Dank der überaus grossen Hilfsbereitschaft des ganzen Schweizervolkes konnte die Not rasch und tatkräftig gelindert werden.
  • 3./4. Mai: Der Föhn wütete zeitweise in Orkanstärke und richtete in den Waldungen arge Sturmschäden an. Oberhalb des Gasthauses Alvier am Buchserberg legte der Sturm im Buchenwald etwa 40 Bäume um; mehr als ein Dutzend Buchen lagen quer über der Bergstrasse.
  • 4. Mai: Der Männerchor Haag feierte mit zahlreichen Gastchören und viel Publikum sein Gründungfest. Der Festplatz befand sich beim Restaurant Kreuz. Infolge einsetzenden Regens fand das Fest aber ein jähes Ende.
  • 1. Juni: Bundesrat Walter Stampfli sprach am Volkstag in Buchs über die neue Alters- und Hinterbliebenenversicherung (AHV) in der evangelischen Kirche. Trotz des schönen und heissen Wetters – man sprach schon vom Heisswetter-Sommer 1947 – erschienen rund 1200 Zuhörer, darunter eine beachtliche Anzahl Frauen. Bundesrat Stampfli entbot auch den Gruss des Bundesrates und dankte der Bevölkerung von Buchs für die ihm durch den Flaggenschmuck erwiesene Sympathie.
 Bundesrat Walter Stampfli (rechts oben) sprach am Buchser Volkstag vom 1. Juni vor viel Volk in der Kirche. Bilder: Archiv Hansruedi Rohrer
Bundesrat Walter Stampfli (rechts oben) sprach am Buchser Volkstag vom 1. Juni vor viel Volk in der Kirche. Bilder: Archiv Hansruedi Rohrer
  • 1. Juli: Die Grenzkontrolle an der Rheinbrücke Buchs-Schaan wurde aufgehoben. Damit hatte die seit dem 29. August 1939 ununterbrochen andauernde militärische Bewachung ihren Abschluss gefunden. Die eidgenössische Fremdenpolizei hatte etwa 200 Liechtensteiner festgestellt, die unser Land nicht betreten durften, oder sogar beim Übertritt in unser Hoheitsgebiet verhaftet wurden. Es handelte sich dabei um Leute, die sich der Spionage oder ähnlicher Delikte gegen unser Land schuldig gemacht haben; um Einwohner des Fürstentums, die zum Teil als Freiwillige der Waffen-SS dienten. Sogar Kapellmeister und Lehrpersonen befanden sich unter den Fehlbaren.

Heisser Sommer und trockener Herbst

  • 31. Juli: Der Juli entwickelte sich zum heissesten Monat seit Beginn der Aufzeichnung durch den damaligen Buchser Chronisten im Jahre 1930. Das Jahrestemperaturmaximum am 29. Juli betrug 35 Grad, der höchste Wert seit 18 Jahren. Auch nach dem bisher einzig dagewesenen Hitze-und Trockensommer herrschte 1947 weiterhin sommerlich warmes Wetter.
  • 14. August: Im Hotel Bahnhof wurde eine eindrückliche Gedenkfeier «100 Jahre Schweizerbahnen» mit grossem Aufmarsch seitens der Bevölkerung durchgeführt. Organisiert wurde die Veranstaltung von der Verwaltung des internationalen Grenzbahnhofes Buchs. Die Bedeutung dieses Bahnhofes lag in der Internationalität als Tor zum Osten.
 Herausgeber dieses Bahn-Jubiläumsbuches war 1947 die Generaldirektion der Schweizerischen Bundesbahnen.
Herausgeber dieses Bahn-Jubiläumsbuches war 1947 die Generaldirektion der Schweizerischen Bundesbahnen.
  • 17. August: In Azmoos konnte der 33. St. Gallisch Kantonale Schwingertag abgehalten werden. 109 Schwinger traten an, dazu gab es Musikvorträge, Fahnenschwingen und Jodellieder an der Abendunterhaltung auf dem Festplatz. Anfangs September: Die zuständigen Instanzen in Bern haben die Konzession für den Betrieb einer Seilbahn Oberschan-Kurhaus Alvier erteilt. Im Bau befanden sich erst die beiden Stationsgebäude, dann folgte der Bau der Eisenmasten. Sie wurden von der Firma Schmidt, Stahlkesselbau, Azmoos, erstellt.
  • 9. September: Das neue Buchser Pfadfinderheim Schneggenbödeli konnte seiner Bestimmung übergeben werden, verbunden mit einer prächtig verlaufenden Pfadfindertagung.
  • 9. September: In der Region machte sich grosse Trockenheit bemerkbar. Das Herbstgras wurde dürr und mancher Obstbaum liess seine Früchte vorzeitig fallen. An die Wasserbezüger wurde appelliert, im Wasserverbrauch Mass zu halten.
  • 26. November: Mit einer geschlossenen Eröffnungsvorstellung vor geladenen Gästen und der am Neubau beteiligten Firmen wurde das Cinema Leuzinger, Buchs, gegenüber des Bahnhofes, seiner Bestimmung übergeben. Nach dem Einweihungsakt sah man sich den Technicolorfilm «Jody und der Jährling» an.
 Das Buchser Cinema Leuzinger kurz vor der Fertigstellung und Eröffnung am 26. November.
Das Buchser Cinema Leuzinger kurz vor der Fertigstellung und Eröffnung am 26. November.
  • 27. November: Die Grabser Musikgesellschaft Konkordia beabsichtigte, eine Knabenmusik zu gründen. Damit erhoffte man sich, den Nachwuchsschwierigkeiten, unter denen der Verein seit Jahren litt, abhelfen zu können.
  • 16. Dezember: Ab diesem Tag befand sich die Filiale der Genossenschaft Migros an der Bahnhofstrasse in einem Neubau (später Bankgebäude Credit Suisse). Seit 1930 war das Migros-Lädeli an der Grünaustrasse zu finden, wo etwas später Hans Nötzli Filialleiter war.
 Inserat am 23. Dezember 1947 des Dorfladens E. Torgler in Sevelen.
Inserat am 23. Dezember 1947 des Dorfladens E. Torgler in Sevelen.
Quellen: Gemeindechronik Buchs 1947, Werdenberger Nachrichten 1947