Keine Erinnerung an den Unfall: Autofahrer trägt trotzdem Schuld am Tod seiner Freundin | W&O

14.01.2022

Keine Erinnerung an den Unfall: Autofahrer trägt trotzdem Schuld am Tod seiner Freundin

Ein Autofahrer verlor in einer Kurve zwischen Ricken und Wattwil die Kontrolle über sein Auto. Sein Fahrzeug kollidierte so heftig mit einem entgegenkommenden Auto, dass seine Beifahrerin noch auf der Unfallstelle starb. Vor Gericht wehrte er sich gegen die Strafe – erfolglos.

Von Sabine Camedda
aktualisiert am 28.02.2023
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Ein kleiner Fahrfehler mit fatalem Ausgang, so bezeichnete der Einzelrichter des Kreisgerichts Toggenburg, was sich an diesem Winterabend auf der Strasse abgespielt hat. Ein damals 22-Jähriger fuhr mit dem Auto von Ricken nach Wattwil, auf dem Beifahrersitz sass seine gleichaltrige Freundin. In einer Kurve kam sein Fahrzeug ins Schleudern und kollidierte mit einem korrekt entgegenkommenden Auto.

Der Autofahrer kann sich nicht erinnern

Wie sich der Unfall im Detail abgespielt hat, ist nach wie vor unklar. Der Autolenker kann sich nicht daran erinnern. Er wisse nur noch, dass er aus dem Dorf Ricken gefahren sei. Und dann stand er plötzlich auf der Strasse, neben sich die Unfallsituation. Die Kantonspolizei schrieb damals in der Medienmitteilung, dass der Lenker aus unbekannten Gründen die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren habe. Dieses schleuderte quer zur Fahrbahn und kollidierte mit dem anderen Auto.

In der Kurve auf die Gegenfarbahn geraten

Die Staatsanwaltschaft stützte sich bei ihrer Version auf ein Gutachten und sagt, der Lenker sei einen kurzen Moment unachtsam gewesen. Dies hatte zur Folge, dass er in einer Kurve auf die Gegenfahrbahn geraten sei. Das habe er sofort korrigiert, dann aber eine Gegenlenkung gemacht, wodurch das Auto ins Schleudern geriet und es folglich zur folgenschweren Kollision kam. Der Autolenker sei der fahrlässigen Tötung und der Verletzung der Verkehrsregeln schuldig und dafür zu bestrafen.

Verteidiger zweifelt an der Unfallursache und an der Schuld des Lenkers

Dieser Verlauf stimme nicht mit den Aussagen der Augenzeugen überein, hielt der Verteidiger des Autolenkers entgegen und forderte für seinen Mandanten einen Freispruch. Alle Zeugen hätten gesagt, dass das Fahrzeug ruckartig ausbrach und nicht vorher schon auf die Gegenfahrbahn geraten war.

Das Fahrzeug sei betriebssicher gewesen, der Lenker stand zum Unfallzeitpunkt weder unter Alkoholeinfluss noch unter Einfluss von Drogen. Und auch die Strasse war trocken. Somit bliebe die Unfallursache unbekannt. Sein Mandant sei nicht dafür verantwortlich und trage – strafrechtlich gesehen – keine Schuld. Der Verteidiger stellte den Verkehrsunfall als ein Unglück dar, das niemandem zur Last gelegt werden könne. Er sei «eine Tragödie» für alle Beteiligten. Ausserdem werde sein Mandant immer ein moralisches Schuldgefühl mit sich tragen.

Für den Richter löste ein Fahrfehler das Schleudern aus

Der Einzelrichter folgte in seinem Urteil der Staatsanwalt und sprach den Autolenker sowohl der fahrlässigen Tötung als auch des Nichtbeherrschens des Fahrzeugs schuldig. Da äussere Faktoren ausgeschlossen werden können, müsse man davon ausgehen, dass das Gegenlenken – ein kleiner Fahrfehler – zum Schleudern des Autos geführt habe.

80 Tagessätze zu je 100 Franken

Dafür sei allein der Lenker verantwortlich, der somit seine Sorgfaltspflicht verletzt habe. So begründete der Richter den Schuldspruch. Weil es sich aber um einen kleinen Fehler mit schwerwiegenden Folgen gehandelt habe und weil der Lenker persönlich betroffen ist, setzte er das Strafmass auf 80 Tagessätzen zu je 100 Franken, bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von zwei Jahren, fest.

Ausserdem ist eine Busse von 200 Franken für das Nichtbeherrschen des Fahrzeugs fällig.