Bei Abstimmungsvorlagen gilt der Text der Vorlage, und nicht alles, was auch noch – zum Teil bösartig – hineininterpretiert wird. Liest man die aktuelle Kampagne der Gegner der Kostenbremsen-Initiative der Mitte-Partei, so fallen Ausdrücke wie Kürzungen, starres Kostendach, Zweiklassenmedizin, Rationierung, keine Behandlungen mehr für Kinder und Herzkranke oder nur noch mit Zusatzversicherung etc. etc. Die Schweiz droht bei einem Ja zur wahren Gesundheitshölle zu werden.
Es lohnt sich ein Blick in den Initiativtext. Gekürzt wird am heutigen hohen Kostenniveau gar nichts, nur der weitere Anstieg soll etwas gebremst werden. Der Initiativtext besagt, dass die Kosten sich «entsprechend der Gesamtwirtschaft und den durchschnittlichen Löhnen» entwickeln sollen und das Gesetz die Einzelheiten zu regeln hat.
So daneben ist diese Forderung nicht, denn schliesslich steht für die Finanzierung – sei es durch Prämienzahler oder Staat – nur das zur Verfügung, was erwirtschaftet wird.
Als Übergangsbestimmung, falls nach zwei Jahren noch kein Ausführungsgesetz steht, gilt Folgendes: Wenn die Kosten stärker steigen, nämlich mehr als ein Fünftel über der Entwicklung der Nominallöhne, dann müssen die Tarifpartner gemeinsam Massnahmen zur Kostendämpfung festlegen. Tun sie das nicht, beschliesst «der Bund in Zusammenarbeit mit den Kantonen» verbindliche Massnahmen. Es muss hier ein Konsens zwischen Bund und Kantonen gefunden werden, so dass die eingangs aufgetischten Horrorszenarien mit Garantie nicht eintreten werden.
Bei den Massnahmen selber besteht keine starre Vorgabe, sondern ein erheblicher Spielraum. Es besteht beispielsweise kein Zwang, in Rezessionszeiten die Gesundheitskosten zu kürzen und ärztliche Behandlungen zu streichen, was ja ein kompletter Unsinn wäre. Trotzdem wird solches behauptet.
Die Gefahr liegt nicht in einer zu strikten Umsetzung dieser Verfassungsnorm, sondern eher darin, dass die Umsetzung zu lasch sein wird. Aber soll man deswegen resignierend Nein sagen und den Kostenanstieg weiterhin als gegeben hinnehmen? Ein Nein wäre ein Signal durch das Stimmvolk, dass es Kostensteigerungen offenbar ganz okay findet!
Gut, es gibt noch die zweite Lösung, über die ebenfalls abgestimmt wird. Nämlich die Prämienentlastungs-Initiative der SP. Wir lassen die Kosten steigen, aber wir sorgen dafür, dass die Haushalte nicht mehr als zehn Prozent für die Krankenkassen aufwenden müssen und deshalb vom Kostenanstieg nichts mehr merken. Sehr sympathisch, wenn das Preisschild nicht wäre, wofür einfach «der Staat» aufkommen müsste. Und das zusätzlich zur beschlossenen 13. AHV-Rente und dem dringenden Nachrüstungsbedarf der Armee. So ganz nach dem Motto: Hier ein paar Milliarden, da ein paar Milliarden, dort ein paar Milliarden, und plötzlich hat man es mit grossen Beträgen zu tun!
Josef Dudli,
Bogenstrasse 3, 9470 Werdenberg