Kulturveranstaltungen zum Anpfiff, da stellt sich die Frage: Katar oder Kleintheater? | W&O

23.11.2022

Kulturveranstaltungen zum Anpfiff, da stellt sich die Frage: Katar oder Kleintheater?

Wer eine Alternative zum WM-Programm sucht, wird beim Werdenberger Kleintheater Fabriggli fündig.

Von Alexandra Gächter
aktualisiert am 28.02.2023
Abo Aktion schliessen
News aus der Region?

Alle Geschichten, alle Bilder

... für nur 9 Franken im Monat oder 96 Franken im Jahr.

Die Verantwortlichen der Fussballweltmeisterschaft haben ihr zweites Eigentor geschossen: Nach dem Bierverbot gibt es nun auch ein Verbot für das One-Love-Bändeli. Das Fabriggli bietet der WM in Katar die Stirn und hat sein eigenes Programm zusammengestellt. Wer Fussball und Kultur mag, hat die Qual der Wahl. Katar oder Kleintheater, das ist hier die Frage. Katharina Schertler Secli, Verantwortliche eines Teils des Musik- und des Kinderprogramms, gibt Antwort. Katharina Schertler Secli, Kultur nährt die Seele, Fussball das Portemonnaie. Würden Sie für 1000 Franken ans Public Viewing gehen anstatt ins Fabriggli? Katharina Schertler Secli: Nein, ich würde trotzdem ins Fabriggli gehen. Vielleicht käme es aber noch darauf an, um was für ein Spiel es sich bei der WM handeln würde und wer im Fabriggli auftritt. Nehmen wir an, die Schweiz spielt im Finale. Mit welcher Band müsste das Fabriggli locken, damit Sie dem Fussballzauber nicht doch noch erliegen? Šuma Čovjek. Diese Band liebe ich einfach. Wir konnten sie schon zweimal fürs Fabriggli gewinnen. Šuma Čovjek spielt Balkan Pop. Sie sind live absolut der Hammer. Innerhalb der ersten drei Takte haben sie die Gunst des Publikums im Sack. Schauen Sie sich zu Hause dennoch das eine oder andere WM-Spiel an? Unser Fernseher wird bei gewissen Spielen eingeschaltet sein, da mein Mann und unser Sohn Fussball schauen. Aber auch sie scheinen lustloser als an früheren Weltmeisterschaften. Die diesjährige WM irritiert. Zum einen bezüglich der Menschenrechtssituation, zum anderen weil Fussball nicht in die Adventszeit passt. Die Resultate werden aber bestimmt verfolgt. Wem drückt Ihre Familie die Daumen? Mein Ehemann ist halb Italiener, halb Spanier und hat einen Schweizer Pass. Da Italien nicht dabei ist, drücken meine Männer vermutlich Spanien und der Schweiz die Daumen. In der Regel sind es eher die Männer, welche Fussball der Kultur vorziehen. Wie locken Sie die Männer ins Fabriggli? Wir haben nicht nur ein tolles Programm, bei uns gibt es auch Bier. Welcher der kommenden Programmpunkte des Fabriggli würden Sie als Finale – also als Highlight – bezeichnen? Ich kann kein einzelnes Highlight nennen, da wir den ganzen Dezember über ein ausserordentlich gutes Programm haben. Angefangen bei Frölein Da Capo, welche am 1. Dezember auftritt, über Manuel Stahlberger in «Liederliche Weihnacht» und Suzie Candell & The Screwdrivers bis zu unserem Silvesterprogramm mit den ReBeatles und DJ Powerflower gibt es gleich mehrere «Fabriggli-Finale». Normalerweise findet die WM im Sommer statt und nicht während der Fabriggli-Hauptsaison. Bereitet Ihnen das Kopfzerbrechen? Wir sind bezüglich den Terminkollisionen schon etwas angespannt. Im Team haben wir überlegt, wie wir am besten vorgehen. Wir sind zum Schluss gekommen, dass es für uns keine Alternative ist, während vier Wochen auf unser Programm zu verzichten. Schliesslich ist Ende November bis Ende Dezember eine wichtige Zeit für das Fabriggli. In dieser Zeitperiode verzeichnen wir viele Eintritte. Habt ihr bei der Planung Rücksicht auf gewisse WM-Spiele genommen? Wie gesagt, war eine Fabriggli-Pause keine Alternative. Es sind nicht alle Menschen fussballbegeistert und gewisse boykottieren die WM in Katar sogar. Für all jene möchten wir eine Alternative bieten. Zudem ist es so, dass wir bei der Terminplanung nicht nur auf unsere eigenen Wünsche, sondern auch auf die der Künstlerinnen und Künstler achten müssen. Insofern haben wir nicht wirklich Rücksicht auf die WM-Spiele nehmen können.
 Katharina Schertler Secli ist für einen Teil des Musik- und Kinderprogramms im Fabriggli verantwortlich.
Katharina Schertler Secli ist für einen Teil des Musik- und Kinderprogramms im Fabriggli verantwortlich.
Bild: Lisa Jenni
Am 2. Dezember spielt die Schweiz um 20 Uhr. Dann gibt es keinen Anlass im Fabriggli. Ist zumindest das bewusst so gewählt? Als wir das Programm erstellten, wussten wir noch nicht, wann die Schweiz spielen wird. Es ist also ein Zufall, der sich als Glücksfall erwiesen hat. Dafür startet der WM-Final zeitgleich um 16 Uhr mit eurem Figurenspiel für Kinder. Dass der Final am 18. Dezember ist, wussten wir. Aber wir gingen davon aus, dass er erst später am Abend angepfiffen wird. Deshalb haben wir unser Kinderprogramm auf 16 Uhr angesetzt. Nun startet der Final und das Figurenspiel gleichzeitig. Es gibt sicher genug Familien, welche mit ihren Kindern in der Adventszeit gemeinsam etwas erleben wollen. Dafür eignet sich unser Figurenspiel bestens. Was erwartet die Kinder? Die «Zauberflocke» ist ein sehr schönes Weihnachtsstück. Es geht um ein Mädchen, das sich nichts sehnlicher wünscht, als dass es endlich wieder schneien würde. Dazu haben wir ein weihnachtliches Angebot in unserem Beizli. Ich weiss noch nicht genau, ob es Guetzli oder Weihnachtspunsch gibt, aber ich weiss, dass das Beizli-Team etwas Weihnachtliches anbietet. Diesen Samstag spielt um 20 Uhr die Band von Karin Streule im Fabriggli. Was gefällt Ihnen an ihrer Musik? Karin Streule ist eine Appenzellerin mit einer wunderbar lockeren und klaren Stimme. Zusammen mit ihrer Band macht sie Schweizer Volksmusik und mischt sie mit verschiedenen kulturellen Einflüssen und verschiedenen Musikstilen, zum Beispiel mit Jazz oder Latino. Das deckt sich mit der Schweiz: Unser Land lebt einerseits von der Tradition, andererseits von ihren anderen kulturellen Einflüssen. Auf Karin Streule und ihre Band freue ich mich ganz besonders. Der Vorverkauf läuft leider nicht so rund. Es steht bei diesem Anlass also 1:0 für die WM. Was für eine Taktik fährt das Fabriggli, um eine Niederlage abzuwenden? Wir nutzen wie immer unsere verschiedenen Werbekanäle. Das sind zum einen die sozialen Medien wie Facebook und Instagram, zum anderen schalten wir Inserate im Print. Wir nutzen auch Whatsapp für Werbung und nicht zuletzt machen wir Mund-zu-Mund-Propaganda. Wir haben in unserem Team alle gebeten, ihren Bekannten von unserem Anlass am Samstag zu erzählen. Gibt es bei euren Veranstaltungen auch eine Art Schiedsrichter, der darauf achtet, dass sich alle Beteiligten richtig verhalten? Die Fabriggli-Veranstaltungen laufen sehr friedlich ab. Früher brauchten wir manchmal bei Jugendanlässen eine Art Peacemaker. Sicherheitspersonal benötigen wir hingegen nie wirklich. Ausser beim Auftritt von Loco Escrito. Da waren zwei Sicherheitsleute auf Wunsch des Künstlers im Einsatz. Es ging ihm dabei aber offensichtlich eher nicht darum, allfällige Gewalt abzuwenden, sondern um weibliche Fans fernzuhalten (lacht). War es schon mal nötig, einem Gast die rote Karte zu zeigen – also aus dem Fabriggli zu verweisen? Ich bin seit 22 Jahren im Fabriggli-Team und habe hier noch nie eine wirklich brenzlige Situation erlebt. Ein einziges Mal hat sich ein Gast extrem über eine Band aufgeregt, die sich von russischer Musik inspirieren liess. Es ging dabei nicht um ein politisches Statement, dennoch hat der Gast sein Bier herumgeschüttet. Ich und ein weiteres Teammitglied tranken mit dem Gast ein Glas Wasser und sprachen mit ihm. Er hat sich beruhigt und ging dann selber nach Hause. Wenn man so will, war das eher eine gelbe Karte. Beim Fussball ist in der Regel die eine Hälfte immer enttäuscht. Wie sorgt ihr dafür, dass im Fabriggli alle glücklich nach Hause gehen? Das Fabriggli-Team hat sehr grosse Gastgeberqualitäten. Wir schaffen eine tolle Atmosphäre und achten darauf, dass es allen gut geht. Wir bieten für alle ein Rundum-Wohlfühlpaket an. Unsere Künstlerinnen und Künstler verwöhnen wir, indem wir sie bekochen. Das wird von ihnen sehr geschätzt. Die gute Stimmung überträgt sich von den Künstlerinnen und Künstlern auf das Publikum. Nicht nur während der WM, sondern das ganze Jahr.