Der Fall eines Armeepiloten, der im Februar 2021 beim Flug übers Sarganserland von einem Laserpointer geblendet wurde, schaffte es damals in die Boulevardmedien. Jetzt fand die Verhandlung vor dem Kreisgericht Werdenberg-Sarganserland statt – und endete in den Hauptanklagepunkten mit Freisprüchen.
Wenn man sich die Anklageschrift zu Gemüte führt, hat man das Gefühl, die beschuldigte Person sei ein Schwerverbrecher: Versuch der schweren Körperverletzung, Versuch der Störung des öffentlichen Verkehrs, Versuch der Störung des Militärdienstes, Vergehen gegen das Bundesgesetz über den Schutz von Gefährdungen durch nicht ionisierende Strahlung und Schall. Dies sei mit einer achtmonatigen Freiheitsstrafe (bedingt), einer Geldstrafe (bedingt), einer Busse und vor allem einem Landesverweis über fünf Jahre zu bestrafen.
200 Meter höher als die Churfirsten
Was war passiert? Ende Februar 2021 befand sich ein Militärhelikopter des Typs Superpuma bei einem Übungsflug über dem Sarganserland, dies in einer Höhe von knapp 2500 Metern über Meer, also rund 200 Meter höher als der höchste Churfirstengipfel. Ein damals 35-jähriger Deutscher soll die siebenköpfige Besatzung während zwei Minuten mit einem Laserpointer geblendet haben.
Aufgrund der sehr genauen Angaben des Piloten konnte die Kantonspolizei St. Gallen den mutmasslichen Täter im Raum Walensee in weniger als zwei Stunden ermitteln. Verletzt wurde niemand, der Übungsflug konnte fortgesetzt werden.
Verteidiger führt Ungereimtheiten ins Feld
Bereits gegenüber der Polizei, später auch bei der Staatsanwaltschaft, zeigte sich der Mann vollumfänglich geständig. Am Kreisgericht Werdenberg-Sarganserland stellte sich am Montag die Frage, ob der Mann vorsätzlich gehandelt habe oder aber fahrlässig.
Der Anwalt des Angeklagten führte Ungereimtheiten ins Feld – etwa wie sein Mandant den Superpuma, den er nur als Blinklicht am dunklen Himmel wahrnahm, während mehreren Minuten hätte blenden können. Der wäre beim üblichen Tempo doch schon längst über alle Berge gewesen. Auch den Blendewinkel beurteilte der Verteidiger als kritisch – es habe wohl kaum Blendemöglichkeiten gegeben.
Grossteil der Kosten muss der Staat tragen
Die Einzelrichterin kam mehr oder weniger zum gleichen Schluss wie der Verteidiger: Sie sprach den Mann vom Vorwurf der schweren Körperverletzung, der Störung des öffentlichen Verkehrs und Militärdienstes frei. Auch eine Landesverweisung erachtete die Richterin als nicht angebracht.
Es bleibt der strafbare Besitz des Laserpointers, was eine bedingt ausgesprochene Geldstrafe von 20 Tagessätzen à 120 Franken nach sich zog. Verfahrenskosten von insgesamt rund 7200 Franken gehen zum Grossteil zulasten des Staates.
Falls bis hierher der Eindruck entstanden sein könnte, bei Laserpointern handle es sich um harmlose «Spielzeuge», dann stimmt das natürlich nicht – dessen sind sich auch alle Beteiligten an diesem Prozess bewusst. Mit Laserpointern kann der Flugverkehr beeinträchtigt werden und es kann zu schwerwiegenden (Augen-)Verletzungen kommen. Zum Urteilsspruch gehört denn auch der Einzug des Laserpointers und dessen Vernichtung.
Von Grobfahrlässigkeit weit entfernt
Den in diesem Fall verwendeten Laserpointer einer nicht klassifizierten Stärkeklasse hatte mutmasslich seine damalige Freundin aus Deutschland in ihrer Laptoptasche in die Schweiz eingeführt. Zum Zeitpunkt seiner Tat sei der Mann erst kurz in der Schweiz gewesen, habe pandemiebedingt noch kaum Anschluss gefunden und sei psychisch entsprechend belastet gewesen. Das sei keine Entschuldigung, betonte der Verteidiger – aber weit von Grobfahrlässigkeit entfernt.
Man kommt als Betrachter von aussen nicht um den Gedanken herum, dass hier mit Kanonen auf Spatzen geschossen beziehungsweise aus einer Mücke ein Elefant gemacht wurde.