Mit Steuerbetrügern hat ein Mann mittels Kapitalerhöhungsschwindel grosse Kasse gemacht | W&O

21.04.2022

Mit Steuerbetrügern hat ein Mann mittels Kapitalerhöhungsschwindel grosse Kasse gemacht

Vor dem Kreisgericht Werdenberg-Sarganserland hat sich ein Buchhalter zu verantworten, der Geld aus dem Nichts heraus «erfunden» hat. Dies in der Absicht, Steuerhinterziehern Sparmodelle anzubieten.

Von Reinhold Meier
aktualisiert am 28.02.2023
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Dem Mann wird vorgeworfen, das Hirngespinst mittelalterlicher Alchemisten - aus Dreck Gold zu machen - beinahe verwirklicht zu haben. Dazu habe er Kapitalerhöhungsschwindel begangen und mit ihnen 50 Millionen Franken in die Welt gesetzt haben, denen aber keine echten, sondern bloss fingierte Werte gegenüberstanden. Dazu soll der Mann, immer laut Anklage, zahlreiche Gesellschaften verwaltet und geführt haben, die im Sinne der Steuereinsparung vor allem deutsche Kunden lockten. Insgesamt geht es um 41 Gesellschaften, die ursprünglich meist mit einem Stammkapital von bloss je 20.000 Franken als GmbHs gegründet worden waren. Diese wandelte der Angeklagte nach und nach in vermeintlich hochkapitalisierte Aktiengesellschaften um. Der Haken dabei: Die Kapitalisierung erfolgte lediglich auf der Grundlage von verlogenem Papier und ohne Sachwerte.

Heilkräuter für die Libido

Dazu dienten ihm so genannte Immaterialgüterrechte wie etwa Patente, Vertriebs- und Produktionsrechte, Konzepte oder Marken- und Vermarktungsrechte, hinter denen in Wahrheit kein substantieller Sachwert stand. Selbst die Rechte an Heilkräutern, welche angeblich die sexuelle Lustfähigkeit steigern sollten, fanden sich unter den Fantasiewerten.
 Heilkräuter gab es nie in Echt - nur virtuell.
Heilkräuter gab es nie in Echt - nur virtuell.
Bild: PD
Auf all diese räumte der Mann als Geschäftsführer der Gesellschaften Darlehen ein, die schliesslich mit der Forderung aus der anschliessenden Kapitalerhöhung der jeweiligen Gesellschaften verrechnet und so zu Eigenkapital verwandelt wurde. Unter Fachleuten ist das als so genannter Passiventausch bekannt. Durch diese Verrechnungstricks soll er knapp 50 Millionen Franken in die Bücher gezaubert haben. Damit habe er das Interesse der Steuerhinterzieher ausgenutzt, Einlagen an Schweizer Gesellschaften in Millionenhöhe zu halten, um es für «dubiose Zwecke» zu verwenden. Bei den besagten Gesellschaften erhielt der Beschuldigte denn auch lukrative Verwaltungsrats- und Buchführungsmandate, die ihm regelmässiges und aufwandarmes Einkommen garantierte, so die Anklage weiter.

Seriös geprüft?

Befördert wurde der Alchemisten-Traum von allzu viel Vertrauen seiner Wirtschaftsprüferin, die mit nicht hinreichender Ausbildung unterzeichnete, was ihr der Chef vorlegte. Die Prüfberichte seien unter Ausnutzung des Wissensgefälles von ihr falsch, lückenhaft und nicht regelkonform für ein bescheidenes Pauschalhonorar gefertigt worden, heisst es. So seien etwa für die 45-minütige «Prüfung» einer Aktieneinbringung gerade mal 206.25 Franken fällig geworden, was kaum auf eine seriöse Prüfung hindeute.
 Die Prüfung der Bücher erfolgte mangelhaft und unseriös.
Die Prüfung der Bücher erfolgte mangelhaft und unseriös.
Bild: PD
Auch fehlten in den «Prüfberichten» formale Details wie etwa das Datum oder die Anwendung aktueller Standards. Nicht einmal Kaufverträge über die angeblichen Sachwerte wurden angefordert. Auch die angeblichen Patente wurden nie seriös mit dem Patentregister abgeglichen. Der Angeklagte habe seine unterqualifizierte Mitarbeiterin zudem gezielt beigezogen, weil er wusste, dass er von ihr keine regelkonformen Prüfungen zu befürchten hatte. Das kantonale Steueramt setzte dem Traum schliesslich trocken und per Anzeige ein Ende. Die Anklage beantragt denn auch Schuldsprüche wegen jeweils mehrfacher Urkundenfälschung, Falschbeurkundung und unwahren Angaben über kaufmännisches Gewerbe. Das genaue Strafmass wird sie erst an Schranken mündlich kundtun. Das Kreisgericht, soviel ist schon jetzt bekannt, tagt jedoch in Dreierbesetzung und kann somit ein Strafmass von bis zu fünf Jahren Haft aussprechen. Dies stimmt mit dem gesetzlichen Strafrahmen für die besagten Delikte überein, der ebenfalls bis zu maximal fünf Jahre umfasst.