Nach 140-Millionen-Pleite: Schuldsprüche im Wirtschaftskrimi von Bad Rans | W&O

07.11.2021

Nach 140-Millionen-Pleite: Schuldsprüche im Wirtschaftskrimi von Bad Rans

Der Krimi um das nie realisierte Hotelprojekt Bad Rans in Sevelen ist wieder um ein Kapitel reicher. Das Kreisgericht St. Gallen verhängt Freiheitsstrafen für die zwei Drahtzieher der Millionenpleite. Beide hatten hohe Investitionsgelder in die eigene Tasche gelenkt.

Von Reinhold Meier
aktualisiert am 28.02.2023
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Das Verfahren sprengte die üblichen Dimensionen. Zu verantworten hatten sich während mehr als zwei Monaten sieben Beschuldigte. Allein das Urteilsdispositiv umfasst 89 Seiten, die Anklageschriften deren viele hundert, die Prozessakten passen kaum in 60 Zügelkartons. In der Summe belegen sie jedoch nach Auffassung des Gerichts, dass eine Pensionskasse, Handwerker und Baufirmen sowie Dutzende von privaten Anlegern viel Geld, ihren Notgroschen oder die Altersvorsorge verloren haben.

Statt in einem Parkhotel mit Seminartrakt, Wellness Spa und Kardiologiezentrum landeten Millionen in den Säckeln der beiden Haupttäter sowie in ihrem weit verzweigten Netzwerk von Gesellschaften. «Die beiden waren die treibende Kraft dahinter und profitierten massgeblich», hielt das Kreisgericht fest.

Urteil fällt milder aus als beantragt

Der 70-jährige Architekt und sein Kumpan, ein 77-jähriger Kaufmann fassten denn auch drei Jahre sowie 14 Monate Freiheitsstrafe wegen Veruntreuung, Betrug, Gläubigerschädigung, Misswirtschaft, Urkundenfälschung und ungetreuer Geschäftsbesorgung. Der Jüngere muss die Hälfte seiner Strafe absitzen, der Rest gilt zur Bewährung. Der Ältere erhält seine Strafe ganz zur Bewährung.

Damit folgte die Kammer zwar im Grundsatz den Anträgen der Staatsanwaltschaft, die Freiheitsstrafen gefordert hatte, sechseinhalb Jahre für den ersten sowie 40 Monate für den zweiten. Sie blieb aber im Strafmass deutlich darunter. Dies namentlich, weil das so genannte Beschleunigungsgebot verletzt worden sei, wie es in der mündlichen Begründung hiess. Dieses verlangt zügige Ermittlungen und Anklageerhebung.

Teils Freisprüche, teils Verjährung

In dem Betrugsfall liegen die meisten Taten inzwischen aber gut zehn Jahre zurück, reichen teils gar bis 2006. Die lange Verzögerung war zwar der Komplexität geschuldet, aber auch dem Umstand, dass ein erstes Verfahren am Kreisgericht in Mels hinfällig geworden war, weil ein Laienrichter als befangen galt. Das Bundesgericht hatte diesen Entscheid der Anklagekammer des Kantons St. Gallen bestätigt.

So musste alles nochmals neu aufgerollt werden, was allein drei Jahre in Anspruch nahm. Zudem hätten sich die Beschuldigten nichts mehr zu Schulden kommen lassen, die Voraussetzung zur Bewährung sei gegeben. Ein Teil der Taten ist bereits verjährt, werde also eingestellt. Ab sofort gelten jedoch die Verjährungsfristen als unterbrochen, sodass die Verteidigung selbst bei einem Weiterzug des Urteils ans Kantonsgericht nicht mehr auf Zeit spielen kann.

Vier weitere Beschuldigte erhielten bedingte Geldstrafen. Sie hätten nur kleinere finanzielle Vorteile erlangt, hiess es. Ihnen sei vor allem vorzuwerfen, dass sie die beiden Haupttäter nicht genügend überwacht hätten. Dabei sei klar, dass wer in einer Genossenschaft Verantwortung trage, sich nicht damit herausreden könne, dass bestimmte Dinge nicht zu seinem Ressort gehörten. «Sie müssen die ordnungsgemässe Verwendung der Mittel überprüfen, auch wenn sie nicht finanzverantwortlich sind», hiess es. Der siebte Beschuldigte kassierte einen Freispruch, er sei nicht für den Schaden verantwortlich zu machen, habe sich sogar für die Belange der Genossenschaftler eingesetzt.

Hohe Zahlungen fällig

Die zivilrechtlichen Folgen für die Haupttäter sind teils beachtlich und dürfen im Einzelfall stärker schmerzen als die strafrechtlichen Sanktionen. So wurden zahlreiche Bankkonten gesperrt und deren Vermögen eingezogen. Der ältere Haupttäter hat zudem dem Staat 850'000 Franken an Ersatzforderung zu zahlen. Auf den Jüngeren warten Zahlungen in Höhe von rund 1.4 Millionen Franken an Zivilkläger. Zahlreiche weitere Zivilklagen in insgesamt mittlerer sechsstelliger Höhe stehen zudem noch offen, auch bei zweien der weiteren Verurteilten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.