So richtig erklären konnte sich der heute 50-Jährige an Schranken die ganze Geschichte selbst nicht. «Ich nie Problem in Schweiz», beteuerte der heute 50-Jährige aus dem Kosovo mit entwaffnender Gestik. Nie. Er sei über 20 Jahre hier. «Immer gearbeitet, immer ganze Tag Baustelle, normal», ergänzte er.
Warum es denn dann mit dem Deutsch so hapere, dass er zur Verhandlung einen Dolmetscher brauche, forschte das Gericht nach. «Baustelle, nur Italienisch, kein Problem», verwies er auf seine Kenntnisse der hiesigen Landessprache. Dann klingelte sein Natel. «O, sorry, vergessen.»
Der Ernst der Lage rückte nach vorn, als es um die vier Straftatbestände ging, die ihm die Anklage zur Last legte. Danach soll er mit einem Alkoholspiegel von 1,35 Promille seinen damals 16-jährigen Sohn bei einem Fussballplatz in der Region Werdenberg-Sarganserland am Hals gepackt und zugedrückt haben, rechtlich gesehen eine einfache Körperverletzung.
Kurz darauf telefonierte er seiner Ex-Partnerin und drohte ihr in aggressivem Ton «schlimme Dinge» an. Es werde «problematisch». Die gab den Hörer ihrem neuen Partner weiter, der ebenfalls bedroht wurde.
Mit viel Glück nur «Schrammen»
Der Angeklagte fuhr sodann betrunken zu seiner Ex. Dort wartete bereits deren Neuer samt Freund. Obwohl der Angreifer ein Teppichmesser zückte, dessen Klinge ausfuhr und damit auf Kopf, Hals und Oberkörper des Opfers einstach, konnte jenes den Angreifer zu Boden ringen und mit seinem Kumpel festhalten, bis die Polizei eintraf.
Die Wunden waren eher bescheiden, sie hätten jedoch lebensgefährlich enden können. So stand eine versuchte schwere Körperverletzung im Raum. Schliesslich schlug noch eine weitere Trunkenheitsfahrt, einen Monat vor dem Ausraster, zu Buche.
Die Anklage betonte, alle Tatbestände seien eingestanden. Der Mann sei seit dem Vorfall von vor zwei Jahren abstinent. «Und er ist willig, dranzubleiben.» Überhaupt habe der Alkohol den Hauptanteil an den Delikten.
Der Beschuldigte habe sonst und bis heute eine gute Beziehung zu seiner Ex-Frau und seinen Kindern. Alle hätten denn auch unisono ihr Desinteresse an der Strafverfolgung erklärt. Zudem sei er bisher unbescholten und habe sich im Verfahren wohl verhalten.
Nicht ohne Bewährungshilfe
Die Verteidigung mochte dem kaum widersprechen. «Er zeigt authentische Reue und trinkt seit der U-Haft keinen Tropfen Alkohol.» So sei auf einen Landesverweis zu verzichten. «Damit würden nur seine Kinder und deren Mutter bestraft», hiess es. Man habe sich mit der Anklage denn auch auf ein abgekürztes Verfahren geeinigt.
Das Gericht erhob den gemeinsamen Urteilsvorschlag schliesslich zum Urteil und sprach den Beschuldigten antragsgemäss schuldig. Nun werden 20 Monate Haft fällig, bedingt auf zwei Jahre Probezeit.
Für diese Zeit wird eine Bewährungshilfe angeordnet sowie die Weisung zur Alkoholabstinenz. Der Verurteilte muss somit regelmässig Urin- und Haarproben abgeben.
Hohe Verfahrenskosten von fast 34'000 Franken
In einem ersten Anlauf im Spätsommer letzten Jahres hatte das Gericht unter einem anderen Vorsitzenden den Fall schon einmal bearbeitet. Damals folgte es dem gemeinsamen Urteilsvorschlag der Parteien jedoch überraschenderweise nicht wie sonst üblich. Mit bloss elf Monaten auf Bewährung sei der Rahmen des Nötigen markant unterschritten worden, hiess es. Es müsse ein härteres Strafmass her.
Das jüngste Urteil folgt dem und ist bereits rechtskräftig, nachdem beide Seiten auf Einspruch verzichtet haben. Auch der Verurteilte akzeptierte es ohne Zucken.
Allein die Verfahrenskosten von gesamthaft 33'978 Franken verursachten ihm Bauchweh. So viel Geld. Er habe doch eine neue Freundin in New York, genauer gesagt in Brooklyn. Man beabsichtige, bald zu heiraten.