Nach dem tödlichen Verkehrsunfall auf dem Ricken vom Donnerstag werden nun die genauen Umstände unter Leitung der Staatsanwaltschaft untersucht. Florian Schneider, Mediensprecher der Kantonspolizei St.Gallen, sagt auf Anfrage: «Im vorliegenden Fall haben wir die Hoffnung, dass die Obduktion weitere Hinweise liefern wird, weshalb es zum Unfall gekommen ist.»
Dabei könnte auch das Alter des Fahrzeuglenkers, er war 76-jährig, eine Rolle spielen. Gemäss Schneider sei Fahrunfähigkeit aufgrund des Alters ein regelmässiges Thema in der täglichen Arbeit der Kantonspolizei.
Ab einem gewissen Alter verschickt das kantonale Strassenverkehrs- und Schifffahrtsamt Aufforderungen für verkehrsmedizinische Kontrolluntersuchungen, um die Fahreignung zu prüfen. Dabei müssen sich alle Lenkenden ab dem 75. Lebensjahr alle zwei Jahre untersuchen lassen. Schneider sagt: «Im Alter sollte man sehr gut auf seinen Körper und den eigenen Zustand achten. Wir empfehlen, das Auto lieber einmal mehr stehen zu lassen, als andere zu gefährden.»
Schwerster Verkehrsunfall seit über zwei Jahren
Beim tödlichen Unfall vom Donnerstag handelt es sich um den schlimmsten Verkehrsunfall im Kanton St.Gallen seit über zwei Jahren. Damals, am Karfreitagabend im April 2022, verstarben drei Männer, als ein Auto in Niederuzwil auf Höhe des Parkplatzes Töbeli von der Fahrbahn abkam und sich mehrfach überschlug.
Und auch im laufenden Jahr reiht sich der Unfall auf dem Ricken nahtlos ein in eine Reihe tragischer Vorfälle in der Region, die vier weitere Todesopfer forderten. So verstarb am 10. Juli ein 68-jähriger Mann bei einer Frontalkollision auf der Uznacherstrasse zwischen Gommiswald und Ricken.
Ausserdem wurden zwischen Januar und März 2024 zwei Männer und eine Frau bei Unfällen auf der Umfahrungsstrasse H16 auf Höhe Dietfurt, Lichtensteig und Wattwil getötet. Polizeisprecher Schneider sagt dazu:
Die Unfälle haben keinen Zusammenhang zueinander, bis auf denselben tragischen Ausgang
Dem fügt er noch an, dass Unfall diesen Donnerstag am Ricken die Statistik im Kanton – sieben Todesopfer im laufenden Jahr – massiv hochschnellen lasse.
Drei Hotspots, 32 Unfälle, sieben Tote
Die bisherigen Unfälle mit Todesfolge im laufenden Jahr passierten allesamt im Toggenburg. Dort können generell drei Gebiete ausgemacht werden, auf die der Grossteil der Verkehrsunfälle zurückgeführt werden kann:
- die Hauptstrasse 16 (H16) mit den Umfahrungen Bazenheid und Bütschwil–Wattwil–Ebnat-Kappel,
- der Ricken respektive die Rickenstrasse
- sowie die Hulftegg mit den umliegenden Ortschaften Mühlrüti und Gähwil.
Im laufenden Jahr berichtete die Kantonspolizei von insgesamt 32 Unfällen, die sich an den drei genannten Hotspots ereigneten (Ricken 15 Unfälle; Hulftegg 11 Unfälle; H16 sechs Unfälle).
Doch sind die Hulftegg oder die Rickenstrasse wirklich Hotspots, oder im Fachjargon, Unfallschwerpunkte? Als Unfallschwerpunkt gilt ein Ort, wenn er einen bestimmten Wert bei Parametern wie Häufigkeit und Schwere von Unfällen überschreitet. Florian Schneider sagt:
Nach aktuellem Kenntnisstand sind weder die Rickenstrasse noch die Hulftegg ein Unfallschwerpunkt.
Ein Blick in die Statistik zeige, dass die meisten Unfälle auf dem Ricken und der Hulftegg auf das Fahrverhalten in Kombination mit erhöhter Geschwindigkeit zurückzuführen sei. «Auf der Hulftegg haben wir die lokal begrenzte Thematik junger Töfflenker, die meist wegen des Fahrstils oder überhöhter Geschwindigkeit verunfallen», sagt Schneider.
Beim Ricken handle es sich um eine Passstrasse und Ausserortsstrecke, die kurvenreich und hügelig sei und auf der Geschwindigkeiten bis zu 80 Kilometer pro Stunde erreicht werden, die also gewisse Herausforderungen an die Fahrenden stelle.
Doch die Rickenstrasse entspricht der Norm und ist strassentechnisch gesehen nicht gefährlicher als andere Strassen.
Käme die Kantonspolizei aber zum Schluss, dass eine Strasse oder Teile davon unfallursächlich gewesen seien, dann würden auch entsprechende Massnahmen folgen, versichert Schneider.