Wintereinbruch in der Nacht auf Mittwoch. In weiten Teilen des Kantons St.Gallen und Appenzell, besonders im Obertoggenburg, werden Schneemassen von bis zu 40 Zentimetern erwartet, die Schneefallgrenze sinkt im Verlauf der Nacht auf 600 Meter. Das eidgenössische Naturgefahrenportal geht im Obertoggenburg und im Werdenberg von Gefahrenstufe 3, sprich «erheblicher Gefahr», aus. Heisst: Behinderungen und Einschränkungen im Strassenverkehr, im Luft- und Schienenverkehr sowie unter der Schneelast abbrechende Äste.
Was am Dienstag davor auffällt: Auf Toggenburger Wiesen weiden noch auffällig viele Kühe und Rinder. Wie kommen die Nutztiere mit dem Wintereinbruch zurecht? Bei welchen Temperaturen wird es für Kühe ungemütlich? Und welche Vorschriften gelten bei der Haltung der Tiere im Winter? Nina Keil, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei Agroscope des Bundesamts für Landwirtschaft, sagt im «Schweizer Bauer»: «Wenn sich Nutztiere vor der Witterung ‹schützen› können, gesund und gut ernährt sind, können sie grundsätzlich das ganze Jahr über draussen bleiben.»
Temperaturen bis minus 10 Grad problemlos
Mitte-Politiker und Landwirt Hansruedi Thoma aus Müselbach geht derweil davon aus, dass die meisten Tiere, die derzeit noch auf den Wiesen zu sehen sind, bis Mittwoch eingestallt werden. «Zwar sind sich Kühe und Rinder tiefe Temperaturen gewohnt, aber es gäbe eine grosse ‹Sauordnung›, wenn die Tiere im nassen Schnee herumstapfen», sagt Thoma auf Anfrage. Das meiste Vieh im Toggenburg sei bereits seit Mitte Oktober im Stall, entscheidend sei die Witterung. Thoma fügt an: «So waren dennoch einige Rinder noch draussen, beispielsweise im Obertoggenburg oberhalb der Nebelgrenze.»
Kühe und Rinder fühlen sich bei Temperaturen zwischen 10 Grad Celsius und minus 10 Grad Celsius am wohlsten. «Daher sind viele Tiere auch im Winter in überdachten Aussenstallungen, auch bei mir auf dem Hof», sagt Thoma und fügt an: «Bei minus 10 Grad fühlen sich die Tiere noch pudelwohl. Einfach trocken muss es sein.» Bei Temperaturen darunter könne es laut Thoma sein, dass die Rinder zu zittern beginnen und in der Herde nahe zusammenrücken – dann entsteht sogenannter Kältestress. Nina Keil von Agroscope sagt: «Kältegestresste Tiere stehen mit aufgewölbtem Rücken und vermeiden das Liegen auf nassem Boden.»
Regelmässiger Auslauf gesetzlich vorgeschrieben
Wichtig bleibt auch in den Wintermonaten, dass Kühe und Rinder regelmässigen Auslauf erhalten – die Anzahl Tage ist in der Tierschutzverordnung festgelegt. Demnach müssen Rinder in der Winterfütterungsperiode von 1. November bis 30. April mindestens 30 Tage nach draussen, bei Biobetrieben jeden zweiten Tag.
Zusätzlich gibt es in der Schweiz das Anreizprogramm Raus (Regelmässiger Auslauf ins Freie), das der Bund mit jährlichen Direktzahlungen entschädigt. Im Raus-Programm gelten zusätzliche Richtlinien, so ist den Tieren von 1. November bis 30. April an mindestens 13 Tagen pro Monat Auslauf auf einer Auslauffläche oder Weide zu gewähren. Thoma sagt: «Das Programm ist sehr beliebt und sinnvoll, aber auch mit Zusatzaufwand und Mehrkosten verbunden – daher die Entschädigung durch den Bund.»
Und wie geht es den Schafen im Winter?
Noch robuster als Rinder sind Schafe – ausgewachsene Tiere können Temperaturen von bis zu minus 20 Grad aushalten. So können Schafe grundsätzlich das ganze Jahr auf einer Weide gehalten werden. Allerdings ist ein Unterstand mit trockenem und windgeschütztem Liegebereich vorgeschrieben, damit die Tiere bei extremen Wetterbedingungen geschützt sind. Hansruedi Thoma fügt an: «Wenn viel Schnee liegt und die Tiere nicht mehr ans Gras gelangen, werden die Schafe in tiefere Lagen gebracht.» (alr)