Orgelvesper mit Musik von Johann Sebastian Bach: Von der Bedeutung Zeit zu haben | W&O

08.11.2021

Orgelvesper mit Musik von Johann Sebastian Bach: Von der Bedeutung Zeit zu haben

Orgelmusik von Mechthild Neufeld von Einsiedel und Texte von Pfarrer Erich Guntli waren in Buchs zu hören.

Von Esther Wyss
aktualisiert am 28.02.2023
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Am vergangenen Sonntagabend fand in der mit sanftem Kerzenlicht beleuchteten katholischen Kirche in Buchs eine Orgelvesper mit ausschliesslich Musik von Johann Sebastian Bach statt. Mit Choralbearbeitungen von vier Bachkantaten, einem Präludium und einer Fuge in a-Moll zog Musikerin Mechthild Neufeld von Einsiedel die Zuhörer in den Bann der wundervollen Musik.

Auf das Programm angesprochen erklärte sie:

Die Musik von Johann Sebastian Bach begleitet mich schon mein ganzes Leben.

Pfarrer Erich Guntli bereicherte das Konzert mit Meditationen zum Thema «Es ist noch Zeit» und stellte auch die Frage, ob wirklich noch Zeit sei. Zum Auftakt spielte Mechthild Neufeld von Einsiedel «Wo soll ich fliehen hin». Unüberhörbar waren die Melodie des Chorals und das Ticken der Zeit erkennbar.

Der Liechtensteiner Künstlers Martin Frommelt stellt zurzeit in der Kirche grossflächige Bilder zur Offenbarung des Johannes, auch Apokalypse genannt, aus. Johannes will mit der Offenbarung nicht den Weltuntergang, sondern den Glaubensmut stärken. Pfarrer Erich Guntli interpretierte die Zeit, in der wir uns befinden, als Zwischenzeit, in der etwas Neues entsteht. Es gelte wachsam wahrzunehmen, was jetzt geschieht, und sich nicht treiben zu lassen von Ängsten und Befürchtungen. Mechthild Neufeld von Einsiedel spielte in Anlehnung an das Gleichnis der klugen Jungfrauen den Choral «Wachet auf».

Klar akzentuiert erklang die Melodie. Anschliessend rezitierte Erich Guntli das Gedicht «Spät im Jahr» des protestantischen Pfarrers und Dichters Albrecht Goes, der eine offene Sprache verwendete, welche die Möglichkeit eröffnete, Hoffnung zu nähren.

Apokalyptische Abwärtsbewegung

Im Präludium in a-Moll ist eine apokalyptische Abwärtsbewegung gut herauszuhören. Zwischendurch blitzt Hoffnung in der Musik auf. Das Präludium wurde von Mechthild Neufeld von Einsiedel einfühlsam interpretiert. Energiegeladen griff sie kraftvoll und virtuos in die Tasten, wie man es den zierlich wirkenden Musikern kaum zutrauen würde. Ihre Finger glitten leicht über die Tasten.

In Bachs Fuge, auch in a-Moll, spitzte sich das Dramatische zu, steigerte sich zum mitreissenden Wirbel, um dann musikalisch in «Es ist noch Zeit» zu münden. Auf dem Programm war ein wundervolles Gedicht von Jörg Zink abgedruckt. Er war während des Zweiten Weltkrieges einer der drei Überlebenden von 400 Mann aus seinem Geschwader. Dieses Gedicht «Zeit haben» ist stimmig. Zink appelliert an die Leser:

Ein Zeitverschwender aber wirst du sein müssen, wenn jemand deine Liebe braucht, - da ist es Zeit für viel Zeit.»

Und weiter: «Am Ende wird kaum etwas Schöneres über dich gesagt werden können als: Er – oder sie – hat Zeit für mich gehabt.» Anschliessend an die ausführlichen Betrachtungen von Erich Guntli spielte die Musikerin «Nun freut euch liebe Christen g‘mein». «Es ist noch Zeit», mit diesem Zitat wurden die Besucher der Orgelvesper aufgefordert, dieses Geschenk zu nutzen, um es für jene einzusetzen, die es dringend nötig haben.

Die Kollekte der Orgelvesper war für das Solidaritätsnetz Ostschweiz bestimmt.