Als junge Filmschaffende bereits mit einem Film Teil dieses Festivals zu sein, war für mich ein wirklich grosses Ereignis.
Das sagt Raphaela Wagner am Ende der Solothurner Filmtage, die als Werkschau des Schweizer Filmschaffens gelten.
Wagners zwölfminütiger Kurzfilm «Saitenstich», in dem sie sich mit Fädlerkindern beschäftigt, die vor 100 Jahren in der Schweiz lebten und arbeiteten, war als einer von 157 Filmen für das Filmfestival selektioniert worden. «Nebst neuen Ideen für meine zukünftigen Projekte konnte ich in Solothurn neue Kontakte knüpfen und bestehende Kontakte stärken», erzählt die Wartauerin gegenüber dem W&O. «Ausserdem bot Solothurn die Gelegenheit, mich auch wieder mit meiner Produzentin aus dem Tessin zu treffen, ausgiebig über meine nächsten Projekte zu diskutieren und Pläne zu schmieden.» Zusammen mit ihr entwickelt Raphaela Wagner derzeit ihren ersten Lang-Spielfilm.
Raphaela Wagner an den Solothurner Filmtagen.
Live die Reaktionen des Publikums erlebt
Nachdem «Saitenstich» seine Weltpremiere in Chicago aufgrund der Covid-Situation nur online feiern konnte, war Solothurn das erste Festival, bei dem die Regisseurin anwesend sein und die Reaktionen des Publikums live erleben konnte.
Ich durfte ganz spezielle Momente erleben: Zuschauer, die mich auf der Strasse erkannten und meinen Film lobten und andere, die sich den Film sogar ein zweites Mal anschauen kamen.
Für eine Filmschaffende sei der Austausch mit dem Publikum enorm wertvoll. Man lerne, was im Film funktioniere und was nicht. «Und vor allem bekommt man Motivation und Anreize für zukünftige Projekte.»
Wichtig sei aber auch der Austausch mit anderen Filmschaffenden, «die meinen Film nicht nur lobten, sondern auch konstruktiv kritisierten und mich so in meiner Arbeit weiter bringen».
https://www.youtube.com/watch?v=J1s3q3nt_jA
Der eigene Film auf einer riesigen Leinwand
Insgesamt dreimal wurde «Saitenstich» in Solothurn gezeigt. «Wir durften am Vor-Eröffnungsabend Teil der ‹Projéction Spéciale› sein. Dieses Programm besteht aus Kurzfilmen, die auf die kommenden Festivaltage Lust machen sollen», erzählt die 22-Jährige.
Den eigenen Film auf der riesigen Leinwand der historischen Reithalle in Solothurn zu sehen und das mit sehr vielen Zuschauern trotz Corona, war ein wirklich spezieller Moment. Ich musste beim anschliessenden Interview doch etwas mit den Freudentränen kämpfen – ich hätte nie gedacht, dass es Saitenstich mal auf so eine Leinwand schafft.
Mit der «Projection spéciale» wurde dem Publikum in der Reithalle ein erster Vorgeschmack geliefert.
Danach folgten noch zwei weitere Vorführungen. «Saitenstich» lief als Vorfilm zum Konzertfilm «Death and the Maiden» – einer experimentellen Verfilmung des gleichnamigen Grammy-gekrönten Programms von der Violinistin Patricia Kopatchinskaja und der Camerata Bern. Raphaela Wagner: «Das war eine sehr schöne Film-Kombination.»
Für eine Nomination zum Schweizer Filmpreis hat es für «Saitenstich» dann aber doch nicht gereicht. Das tut Wagners Freude keinen Abbruch. «‹Saitenstich› ist einer meiner ersten Filme. Ich bin schon mehr als glücklich, dass er überhaupt in die Vorauswahl für einen so wichtigen Preis kam», sagt sie und fügt an:
Ich bin ja erst 22, da wäre es fast schade, schon alle Ziele zu erreichen.
Weitere Kinovorstellungen von «Saitenstich», gerade auch in der Region, sind zur Zeit in Vorbereitung.
«Online-Statisten» gesucht
Raphaela Wanger dreht im März einen weiteren Kurzfilm in London, «The Draft». Anders als «Saitenstich» spielt dieser in der Zukunft. Aufgrund von Überbevölkerung ist jährlich nur eine kleine Anzahl Babys erlaubt. So kommen zwei beste Freundinnen in eine Fernseh-Lotterie, in der ausgelost wird, wer Mutter werden darf. Doch die Freundschaft der beiden Frauen droht noch während der Lotterie zu zerbrechen.
«Für dieses Projekt suchen wir übrigens noch ‹Online-Statisten›, die uns kleine selbst-gedrehte Videos schicken», so Raphaela Wagner. «Diese benötigen wir, um ein digitales ‹Zoom-Publikum› für den Film zu gestalten. Wer also gerne Teil meines nächsten Filmes sein möchte, soll sich doch gerne mit mir über die Sozialen Medien oder über meine Webseite in Kontakt setzten. Alter, Herkunft oder Schauspielerfahrung spielen hierfür keine Rolle.»
www.raphaelawagner.com