Vor einer Schweizer Flagge spielt ein sportlicher junger Mann Luftgitarre auf seinem Bett, mit Sonnenbrille, Armee-Feldmütze und Zigarette im Mund. Über dem Bett hängt ein gut 40 Zentimeter grosses Kreuz mit Jesus darauf, neben der Flagge ein altes Schwert und ein in die Jahre gekommenes Porträt von General Henri Guisan.
Dies mag heutzutage keine typische Einrichtung für das Zimmer eines jungen Mannes sein, bedenklich ist sie jedoch nicht. Bis man den Namen liest, unter dem der junge Mann das Bild auf Instagram veröffentlichte.
Er nannte sich Raoul Salan, einstiger Oberbefehlshaber der französischen Truppen in Algerien und Indochina sowie Mitgründer der rechtsextremen Terrortruppe OAS, die in Algerien und in Frankreich über 2200 Menschen ermordete.
Hinter dem Pseudonym, das mittlerweile geändert wurde, verbirgt sich der 28-jährige Samuel B.* aus Buchs, bis 2019 Vizepräsident der Jungen SVP (JSVP) St. Gallen und Präsident der SVP Buchs. Heute ist er eines von mindestens zwei St. Galler Mitgliedern der Neonazi-Gruppe Junge Tat.
Ein frischer Anstrich
Die rechtsextreme Gruppe drängt seit Monaten mit ihren äusserst professionell umgesetzten Aktionen und Videos aggressiv an die Öffentlichkeit. Statt mit Glatze und Springerstiefeln treten die Vertreter der neuen radikalen Rechten mit stylishen Hipsterfrisuren und Turnschuhen auf – wie ganz normale Jungs eben. Entsprechend taufte sie die «Wochenzeitung» (WOZ) «die Schwiegersohn-Neonazis». Wenn sie sich für ihre Aktionen nicht gerade als Araber verkleiden, die Schweizern die Kehle durchschneiden, organisieren sie Boxtrainings und Wanderungen – noch im Oktober eine im Kanton St. Gallen – oder auch mal eine Müllaufräumaktion in Rapperswil. Danach posten sie Bilder und Videos davon auf Social Media, auf denen die Gesichter der Teilnehmer unkenntlich gemacht sind. Nie fehlt der Aufruf, sich zu melden, um beim nächsten Mal auch dabei zu sein.Alte SVP-Weggefährten distanzieren sich
Samuel B. trat 2019 als Präsident der SVP Buchs zurück. Bis dahin war er in der Kantonspolitik einige Jahre sehr aktiv gewesen. Gemeinsam mit dem heutigen SVP-Nationalrat Mike Egger und dem heutigen SVP-Kantonsrat Sascha Schmid gründete B. 2015 das Komitee Sichere Grenzen im Rheintal (SGiR). Egger und Schmid waren Co-Präsidenten, B. der Vizepräsident. Auch waren alle drei in der kantonalen Jungen SVP (JSVP), bis Egger 2016 als deren Präsident zurücktrat, Sascha Schmid seine Nachfolge antrat und B. sein Vize wurde. Samuel B. blieb bis 2019 Vizepräsident der JSVP, trat dann jedoch unvermittelt von seinen Ämtern zurück und verliess die Partei. Sascha Schmid, der mehrere Jahre gemeinsam mit B. Politik machte, bekam dessen Radikalisierung nur am Rande mit, wie er festhält:Man hat gemerkt, dass sich bei ihm etwas verändert, der Kontakt wurde immer sporadischer.Dennoch sei er sehr überrascht gewesen, als er von B.s Gesinnung erfuhr. «Wir haben einen anonymen Tipp bekommen, dass er in rechtsradikalen Kreisen verkehre.» Man habe diesen verfolgt und der Verdacht habe sich erhärtet, woraufhin Schmid und seine Parteikollegen B. vor die Wahl stellten, selbst zurückzutreten oder aus der Partei ausgeschlossen zu werden. B. entschied sich für Ersteres. Schmid sagt:
Solches Gedankengut hat bei uns nichts verloren.Nationalrat Mike Egger entgegnet auf B. angesprochen, die Jungpartei habe mit B.s Ausschluss alles richtig gemacht und somit ein klares Zeichen gegen die Radikalisierung gesetzt. «Die SVP lehnt jede Form von Radikalisierung ab.»