Rekordzahlen im Jahr 2021: Die Caritas befürchtet Verschuldung der jungen Generation | W&O

22.03.2022

Rekordzahlen im Jahr 2021: Die Caritas befürchtet Verschuldung der jungen Generation

Die Caritas St. Gallen-Appenzell hat den Jahresbericht 2021 im Bereich Sozial- und Schuldenberatung veröffentlicht. Sorgen machen unter anderem die stetig steigenden Krankenkassenprämien.

Von armando.bianco
aktualisiert am 28.02.2023
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Wie Bereichsleiter Lorenz Bertsch im Jahresbericht 2021 der Sozial- und Schuldenberatung, Fachbereich Sozialpolitik, der Caritas St. Gallen Appenzell, 2021 festhält, gilt bei der Organisation seit jeher dieser Leitsatz in der täglichen Ar­beit: «Dort helfen, wo niemand anderes hilft.» Man setze sich für die Menschen mit Fachwissen, Energie und Möglichkeiten ein. Kreativität sei heutzutage gefragt, um Problemfelder zu erkennen und nachhaltige Lösungen zu installieren und somit die Rahmenbedingungen der armutsbetroffenen Menschen zu verbessern.

Neue Höchststände in der Schuldenberatung

Gegenüber dem Jahr 2020 mit 556 Fällen ist die hohe Fallzahl ungefähr gleich geblieben. Dies, obwohl man Fälle betreffend Corona ab Mai 2021 an kantonale Fachstellen weiterleiten konnte. Dieser Aspekt zeige auf, dass die grundlegende Problematik der Working Poor, sprich Menschen, welche im Tieflohnsegment arbeiten und am Existenzminimum leben, stark vorhanden ist. Die Sozialberatung ist wegen der Triage letztes Jahr leicht zurückgegangen, währenddem in der Schuldenberatung ein neuer Höchststand ausgewiesen wurde. Bereichsleiter Lorenz Bertsch geht davon aus, dass diese Problematik künftig noch grösser wird. Dies weil Personen im Schuldenkreislauf gefangen und durch die Coronakrise in weitere finanzielle Probleme geraten sind oder wiederum andere Personen infolge der Coronakrise neu in die Schulden geraten seien. Die Gruppe der «Alleinstehenden» ist sowohl in der Schulden- als auch in der Sozialberatung nochmals grösser geworden. Alleinstehende würden oft im Tieflohnsegment arbeiten und müssten alle Kosten selbst tragen. Oder sie verfügen über keine erstmalige Berufsausbildung oder leben infolge Scheidung am Existenzminimum. Nicht zu unterschätzen sei auch die Problematik, dass alleinstehende Menschen vielfach einsam seien und psychische Probleme haben.

Verschuldung der jungen Generation vermeiden

In der Schuldenberatung ist die Altersgruppe der 30- bis 50-Jährigen gegenüber dem Vorjahr stark angestiegen. Bei den 18- bis 25-Jährigen war im Jahr 2021 ein Anstieg der Fallzahlen zu verzeichnen. Lorenz Bertsch hält in seinem Jahresbericht unmissverständlich fest:
Die Verschuldung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen sollte präventiv angegangen und wenn möglich verhindert werden.
In der Sozialberatung ist der Anteil der Männer von 37 auf 44 Prozent angestiegen – das ist der höchste Männeranteil, welchen die Caritas je ausgewiesen hat.
 Anhaltend hohe Fallzahlen: Die Coronakrise hat den sogenannten Working Poor finanziell und psychisch zugesetzt.
Anhaltend hohe Fallzahlen: Die Coronakrise hat den sogenannten Working Poor finanziell und psychisch zugesetzt.
Bild: Christof Schürpf/Keystone

Die Krankenkassenprämien machen Sorgen

Sorgen machen der Caritas weiterhin die stetig steigenden Krankenkassenprämien in den letzten 20 Jahren, denn die Summe der ordentlichen Prämienverbilligung im Kanton St. Gallen habe sich im gleichen Zeitraum fast nicht erhöht. Ebenfalls habe sich die Anzahl Bezüger der ordentlichen Prämienverbilligung von damals 141000 auf 61000 im letzten Jahr reduziert. Das zeige exemplarisch, dass das Ziel der IPV nicht umgesetzt werde. Zuhanden der Medien und Kantonsrätinnen und Kantonsräte wurde ein Positionspapier ausgearbeitet. Die Resonanz sei sehr gross gewesen, die Thematik sei aber sehr schwierig anzugehen. Es brauche noch sehr viel Aufklärung und persönliche Gespräche, um die umfangreiche Problematik aufzuzeigen. Die Prämienverbilligung bilde einen wichtigen Grundpfeiler im Sinne der Budgetentlastung von armutsbetroffenen Menschen. «Die Summer der ordentlichen Prämienverbilligung muss dringend erhöht und den gestiegenen Prämien angepasst werden», so Lorenz Bertsch. Neu angegangen wurde im letzten Jahr die Thematik der ausbleibenden Elternschaftsbeiträge, die ebenfalls eine wichtige Entlastung bilden würden. Die Situation zeige, dass Elternschaftsbeiträge bei den Gemeinden einer Informationswillkür ausgesetzt seien. Dies zeige auf, dass die Grundsatzidee der Elternschaftsbeiträge nicht angewendet werde, obwohl diese im Gesetz verankert ist.