Renovation und Denkmalpflege unter einen Hut bringen: Schindeln für 500-jähriges Haus | W&O

22.08.2022

Renovation und Denkmalpflege unter einen Hut bringen: Schindeln für 500-jähriges Haus

Für die Sanierung des Zwingli-Geburtshaus wird auf Toggenburger Know-how zurückgegriffen.

Von Sascha Erni
aktualisiert am 28.02.2023
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Wandert man durch Wildhaus, stehen die Chancen nicht schlecht, dass man auch den Ortsteil Lisighus durchquert und am Geburtshaus des Reformators Huldrych Zwingli (1484–1531) vorübergeht. Dem Fotografen Ralph Brühwiler fiel am Dienstag ein Gerüst am Baudenkmal auf. «Ich glaube, am Haus wird das Dach renoviert», schrieb er dieser Zeitung. Dies bestätigt nun die Evangelisch-reformierte Kantonalkirche St. Gallen auf Anfrage. Als Eigentümerin des Zwingli-Geburtshauses kümmert sie sich auch um alle baulichen Belange. «Ein Holzschindeldach hat eine erwartete Lebensdauer von 25 bis 50 Jahren», sagt Kirchenrat Heiner Graf aus Buchs. Man habe die nötige Sanierung auch dafür genutzt, vergangene Renovationsschritte zu korrigieren, ohne dabei auf nicht ganz so originalgetreue Ideen früherer Sanierungen zu verzichten.

Zwingli-Haus ist über 500 Jahre alt

Zwinglis Grossvater erbaute das Haus schätzungsweise Mitte des 15. Jahrhunderts. Trotz einiger weniger Veränderungen hat das Haus in seiner Grundstruktur bis heute Bestand. Original erhalten ist beispielsweise die spätgotische Balkendecke. Der Opferstock aus dem Grossmünster Zürich jedoch kam aus naheliegenden Gründen erst nach der Zürcher Reformation, die Huldrych Zwingli mitbegründete, hinzu. Die Frage, wie originalgetreu denn die Dachsanierung ausfallen sollte, beschäftigte laut Heiner Graf die Baukommission stark. In Absprache mit der kantonalen Denkmalpflege und dem Fachexperten Ambrosius Widmer sei klar geworden, dass man dabei nicht einfach die Arbeit der Vorgänger kopieren könne. Viel mehr habe man erörtert, wie denn ein originaler Dachaufbau vor fünfhundert Jahren aussah.

Lead liegt bei lokalem Unternehmen

«Diverse Massnahmen bei den letzten Dachsanierungen, etwa Schutzfolien aus Plastik, entsprechen nicht dieser Ausgangslage», so Graf. Umgekehrt wollte die Kommission nicht auf positive Entwicklungen der letzten Jahrzehnte verzichten. Als Beispiel nennt Heiner Graf die hinterlüftete Bauweise des Schindeldachs. Solche Ansätze sollen helfen, der aktuellen Sanierung eine längere Lebensdauer zu verleihen. Ein weiterer wichtiger Teil der Vorarbeiten sei die Evaluation der für den Umbau nötigen Fachkräfte gewesen. Der Schindelbauer Patrick Stäger geniesst laut Heiner Graf in der Ostschweiz hohes Ansehen bei Denkmalpflegern und Restaurationsfachleuten. Für die Kantonalkirche war aber auch der Einbezug einheimischer Handwerksbetriebe zentral. Die Federführung für das Renovationsprojekt liegt dementsprechend bei der Wildhauser Dachbaufirma Diener. «Diese zieht noch weitere lokale Holzbaufirmen bei», betont Heiner Graf.

Bauarbeiten von August bis Oktober

Dass die Sanierung nötig ist, sei bereits vor drei Jahren klar geworden, erklärt Heiner Graf. Da sei aufgefallen, dass bei speziellen Witterungseinflüssen an Einzelstellen des Daches Wasser eintrete. Bleibende Schäden habe das Haus aber noch nicht erlitten, ergänzt er. Die Vorarbeiten selbst hätten zwei Jahre in Anspruch genommen. Die Sanierungsarbeiten sollen etwa drei Monate dauern und im Oktober abgeschlossen sein, so Heiner Graf weiter. Die Gesamtkosten belaufen sich auf 77000 Franken. Ein stolzer Betrag, den die Kirche als Eigentümerin des historischen Hauses aber gerne trage. Die Kantonalkirche sei überzeugt, mit der Dachsanierung einen Beitrag für den Erhalt des Geburtshauses Zwingli zu leisten. Aber auch nicht-religiöse Gründe sprächen dafür: «Es ist ein tolles Beispiel für eine lokale Holzbau-Restauration», sagt Heiner Graf.