Ruedi Roth ist gut gelaunt, als diese Zeitung ihn im Restaurant Löwen in Hemberg besucht. Bereits beim Betreten der Gaststube wird klar, dass es hier auch musikalisch hoch zu und her geht. In einer Ecke stehen zwei Handorgeln und eine Bassgeige, an der Wand sind Roths Tonträger ausgestellt. Es sind viele. Roth erklärt:
Das Jodeln ist seit zehn Jahren nebst dem freien Journalismus mein Haupterwerb.Dann ergänzt der Hemberger:
Bis zur Pandemie.
Massgeschneiderte Kompositionen
Musikalisch untätig blieb Ruedi Roth die letzten zwei Jahre allerdings nicht. Im März stellt er sein frisches Album «Jodelfründschafte» vor. 17 neue Kompositionen sind es geworden, massgeschneidert auf verschiedene Formationen und Solisten aus der Region. Die titelgebenden Jodelfreundschaften pflegt er aber auch mit Sängerinnen und Sängern aus anderen Teilen der Schweiz – und einige dieser Stimmen verleihen dem Tonträger zusätzlich Farbe. Er sagt:Mir liegt die Förderung junger Jodelstimmen am Herzen, was auf dem neuen Tonträger auch gut zu hören ist.Die Arbeit begann für Ruedi Roth mit dem Shutdown im Januar 2021. Seine Gattin ist die Wirtin des «Löwen», er hilft dort aus – das fiel plötzlich weg und er hatte mehr Zeit. «René Zimmermann hat mir Texte zugeschickt, die ich vertonen sollte», erzählt Roth. Nun feiern diese Kompositionen am 26. und 27. März in der Kirche Hemberg Premiere, weitere Konzerte folgen im April. Kirchenkonzert in Alt St. Johann und Platten-Taufe Ruedi Roths Kompositionen sind am 26. März mit der Chilbi im Gasthaus Löwen; am 27. März in der Kirche Hemberg, am 2. April in der Kirche Alt St. Johann (mit warmer Küche ab 18 Uhr) und am 3. April in der Kirche Pfäffikon (ZH) zu hören. Vorgetragen werden sie von zehn verschiedenen Formationen. Reservationen für die Konzerte in Hemberg ab dem 14. März, jeweils 17 bis 19 Uhr, unter Telefon 079 741 51 69. CD-Bestellungen ebenfalls unter dieser Nummer oder E-Mail an rb.roth@bluewin.ch. Weitere Informationen über die Website www.ruedi-roth.ch. (rb) Ruedi Roth ist 1964 geboren und in Hemberg aufgewachsen. Er besuchte die Sekundarschule, wusste aber nicht, was er anschliessend machen wollte. «Also blieb ich beim Bauern.» Immer dabei war aber die Musik.
Wir sind eine sehr volkstümliche Familie.Seine Mutter jodelte, zwei seiner drei Geschwister ebenfalls, die Schwester ist noch heute Dirigentin. Als Kind jodelte er und begann mit 15 Jahren mit dem Handorgelspiel, später kam der Kontrabass hinzu. Die klangvolle Familientradition wird von der nächsten Generation weitergeführt: Auch für seine eigenen vier Kinder spielt die Musik eine Schlüsselrolle im Leben.
Vom Autodidakten zum Profi-Musiker
Ruedi Roth ist Autodidakt. Er hatte in der Jugend keine formelle musikalische Ausbildung. Mit seinem guten Musikgehör fiel es ihm jedoch immer leicht, spontan zweite und dritte Stimmen zu singen. Er bedauert es, dass er nicht so gut geworden ist, wie er es eigentlich werden wollte. Er sagt:Ich habe technisch vieles falsch gemacht, besonders an der Handorgel.Und weiter: «Meine Kinder habe ich dann gleich zu Willi Valotti in den Unterricht geschickt.» Mit dem bekannten Musiker verbindet ihn viel. 1999, nach vielen Jahren in verschiedenen Ländlerkapellen, wollte Roth eigentlich damit aufhören. Dann rief Willi Valotti an, er suchte einen Dirigenten. Ruedi Roth war sofort dafür zu haben, hatte aber ein Manko aufzuweisen: Ihm fehlte der theoretische Unterbau. Valotti drückte ihm drei Theoriehefte in die Hand und gab ihm Unterricht. Roth erinnert sich:
Ich habe von null auf alles neu gelernt.Es folgte eine bemerkenswerte musikalische Karriere. Ruedi Roth war zehn Jahre lang Mitglied im Organisationskomitee des «Toggenburger Priisbödelä» und Kurs-Chef der Naturjodelvereinigung Toggenburg/Appenzell. Von 2013 bis 2016 war Roth eidgenössischer Juror bei Jodlerfesten. In Eigenregie erteilt er Naturjodelerlebnisse, leitete jahrelang drei Chöre, schreibt für Zeitungen und Magazine. Und immer hat er komponiert, bis heute sind 60 Kompositionen bei der Suisa gemeldet, darunter auch das erste Jodelmusical, das überhaupt je geschrieben wurde. «Stilli Zärtlichkeite» feierte bereits über 50 Aufführungen, selbst im Allgäu fand es sein begeistertes Publikum. https://www.youtube.com/watch?v=yYB6xjeUxNY
Toggenburger Naturklänge gehen global
Rund um die Welt reisten Ruedi Roths Klänge im Jahr 2015. Der US-amerikanische Regisseur Wes Anderson stiess per Zufall auf eines seiner Stücke.Er sah einen Film, in dem Talerschwingen vorkam, und erkundigte sich fasziniert über musikalische Traditionen im Alpstein.Und nun öffnen und schliessen Roths Klänge Wes Andersons Spielfilm «The Grand Budapest Hotel». Die Filmmusik erhielt sowohl den Oscar als auch einen Grammy. Stolz macht das Roth nicht, er schreibe einfach das, was sein Herz gerne hören möchte und freue sich, wenn es anderen gefalle. «Als wir den Film dann aber selbst auch sahen, war ich schon froh, dass er gut geworden ist», sagt er und lacht.