Am 15. Mai stimmt das Schweizer Volk unter anderem über eine Änderung des Transplantationsgesetzes ab. Die Änderung ist ein indirekter Gegenvorschlag zur Initiative «Organspende fördern – Leben retten». Beide wollen die sogenannte Widerspruchslösung einführen. Will heissen: Wer seine Organe nicht spenden möchte, muss dies zu Lebzeiten festhalten. Für Moderator Dr. med. Friedrich von Toggenburg ist es ein «fundamentales Gesetz». Bisher gelte: Nur wer zustimmt, kann Organspender sein.
Neu gilt: Nur wer widersprecht, wird kein Organspender.Liegt kein Widerspruch vor, wird gemäss Abstimmungsunterlagen davon ausgegangen, dass diese Person grundsätzlich mit der Spende einverstanden ist. Weil aber die Initiative die Rolle der Angehörigen nicht regelt, soll dies nun im geänderten Gesetz geschehen. Dagegen wurde das Referendum ergriffen. Wird das Gesetz abgelehnt, kommt später die Initiative zur Abstimmung. Bei einem Ja zum Gesetz würde die Initiative zurückgezogen, wie die Initianten versprechen.
Entscheid soll in Register festgehalten werden
Dr. med. Franz Immer, Direktor Swisstransplant und Facharzt für Herz- und thorakale Gefässchirurgie, erklärte die Voraussetzungen für die Organspende gemäss dem Gesetz:Der Spender muss verstorben sein und zwei Ärzte auf der Intensivstation müssen dies bestätigen. Auch geregelt sind die Voraussetzungen auf Spenderseite.Swisstransplant führt eine Warteliste, je nach Organ beträgt die Wartezeit mehrere Monate bis manchmal Jahre. Nicht betroffen von der Gesetzesänderung sind die Lebendspenden. «Mehr als die Hälfte der Angehörigen am Bett sind im Entscheidungsfall überfordert. Sie können nicht Ja oder Nein sagen.» Künftig soll es ein Bundesregister geben, in welchem jede Person ihre Entscheidung Ja oder Nein eintragen kann. Damit würden die Angehörigen entlastet. Und:
Wer nicht Organe spenden will, sollte Ja stimmen. Denn er erhält die Sicherheit, dass sein Nein zur Spende im Register festgehalten wird.
Viele wollen nicht über das Thema sprechen
Für den Theologen und Journalisten David Gysel, Vertreter des Referendumskomitees, ist die Änderung ein Eingriff in das Grundrecht, denn der bisherige Grundsatz werde umgekehrt. Wer nicht widerspricht, steht für die Organentnahme zur Verfügung.Schweigen heisst Ja zur Organspende.Gefragt nach einer besseren Lösung, verweist Gysel auf die Erklärungslösung, die auch von den Landeskirchen propagiert werde. Dabei würden die Personen aktiv kontaktiert: sie sollen sich für Ja oder Nein entscheiden. Franz Immer sagte:
Für mich wäre dies eine Lösung, wenn alle entscheiden. Aber viele wollen einfach nicht darüber sprechen.Deutschland habe die Erklärungslösung – und gleichzeitig die tiefsten Spendenzahlen und längsten Wartezeiten in Europa. Viele Fragen wären bei der Erklärungslösung noch nicht geregelt. Er verspricht sich von der Widerspruchslösung eine höhere Spenderzahl.
Mit Organspenden können Leben verbessert werden
Unbestritten ist, auch von Gysel, dass die Organspende zur Verbesserung bei den Empfängern führt. Dies sagte Gianni Guagnano, Empfänger einer neuen Niere und Bauchspeicheldrüse, und schilderte seinen Leidensweg und seine Erfahrungen. Heute kann er festhalten:Mein Leben hat sich um 180 Grad geändert. Ich kann jetzt wieder recht gut leben. Es ist für mich ein dreifaches Weltwunder.Es gehe bei Transplantationen nicht in erster Linie darum, Leben zu retten, sondern um eine Verbesserung des Lebens. Dankesworte bekam das Referendumskomitee aus dem Publikum und von Friedrich von Toggenburg, dass es das Referendum überhaupt ergriffen hat. «Es ermöglicht der Bevölkerung, dieses wichtige Thema zu diskutieren und sich damit zu befassen», erklärte der Moderator.