«Immer wieder Sex mit Kind», Ausgabe vom 28. Februar
Ein Mann hat Sex mit einem Mädchen. Nein, nicht einmal, über längere Zeit. Ungeschützt. Ein Richter urteilt. Nein, für seine Taten muss der Gewalttäter nicht ins Gefängnis. Das Mädchen, eine heute junge Frau, ist traumatisiert. Der W&O berichtet ganz nett und sachlich darüber auf der Titelseite. Das ist die Kurzform.
Da ist ein Täter mit Scham- und Schuldgefühlen (ja?). Seines grauenhaften perfiden Handelns ist er sich nicht bewusst («er wisse nicht, was ihn getrieben habe»). Der Richter fühlt mit ihm mit («er macht einen relativ guten Eindruck», «er werde sich künftig wohl verhalten»). Die Frau, das Opfer? – Traumatisiert, ein zerstörtes Leben?
Und der W&O schreibt über all das unreflektiert, als ob er an einer Versammlung der Gärtner gewesen wäre. Keine Einordnung, kein Kommentar. Als Leser bleibe ich da sprachlos zurück. In Wut und Entsetzen. Sind wir wirklich im Jahr 2025? Haben wir nicht viel und schmerzhaft gelernt? Als Gesellschaft in den letzten Jahrzehnten? Sind wir nicht weiter, was Gewalt, Ethik, Würde und Empathie anbelangt? Ich schäme mich. Ich hoffe doch sehr, dass unentschuldbare und grausame Gewalttaten als solche gesehen und geahndet werden. Ich fühle mit dem Opfer, das grosses Leid durchgemacht hat und schwer daran zu tragen scheint.
Michael Wegener,
Spinnereistrasse 4, 9472 Grabs