Wie ist der politische Betrieb in anderen Städten im Kanton St. Gallen geregelt? In Gossau mit seinen rund 18000 Einwohnenden bildet ein Stadtparlament aus 30 Personen die Legislative. Es behandelt die vom Stadtrat vorgelegten Berichte und Anträge. Getagt wird üblicherweise siebenmal im Jahr.
In Wil mit rund 24200 Einwohnenden besteht das Parlament aus 40 Personen, die für vier Jahre gewählt sind. Es geht aber auch ohne, wie das Beispiel Rapperswil-Jona zeigt: Trotz rund 27500 Einwohnenden gibt es dort (noch) kein Parlament.
Uzwil zählt rund 13300 Einwohnerinnen und Einwohner – ist aber gewollt eine Gemeinde geblieben. Altstätten mit rund 12000 Einwohnenden setzt auf das System eines Stadtrates.
Folgend die Haltung der vier Buchser Ortsparteien SP, SVP, FDP und CVP.
Die SP sagt: «Fehlender Machtausgleich»
Aus Sicht der SP Buchs erhöht ein Parlament die Anreize für ein politisches Engagement und stärkt alle Akteure, die sich politisch einbringen. Es würde eine Stärkung der Bürgerrechte bringen. «Ein Einbezug bzw. die Mitwirkung von Interessensgruppen ist nicht die Lösung einer fehlenden Informationspolitik», hält Parteipräsidentin Barbara Gähwiler fest. Ein weiteres Argument der SP-Ortspartei für ein Stadtparlament sei der «fehlende Machtausgleich». Der Stadtrat verfüge über viel Macht, ein Parlament würde im Vergleich zu einer Bürgerversammlung «eine effektivere demokratische Kontrolle ermöglichen». Es sei nicht zwingend so, dass nur noch das Parlament Informationen aus erster Hand erhalte. Weitere Vorteile aus Sicht der SP: Stärkung der öffentlichen politischen Diskussion und stärkere Akzeptanz in der Bevölkerung für gefällte Entscheidungen. So entstehe nicht oder zumindest weniger der Eindruck, dass der Stadtrat «mache, was er wolle». Das Vertrauen in die Behörde könne gefördert werden. Die Einstiegs- bzw. Wahlhürden würden markant gesenkt für nicht parteigebundene Personen.Die Chancen, gewählt zu werden, sind viel grösser. Die Bedenken gegenüber der Verantwortung, nur eine von sieben Personen im Stadtrat zu sein und die grosse zeitliche Belastung fallen bei einem Parlament aus Sicht der SP wegAls Nachteil der Bürgerversammlung zählt Barbara Gähwiler auf, dass aufgrund diverser Umstände jeweils nur wenige Prozent im einstelligen Bereich überhaupt an einer Bürgerversammlung teilnehmen. Bei den meisten Versammlungen würden Budget und Rechnung ohne Einwände genehmigt. Als Problem erachtet sie auch je nach Vorlage die Beeinflussung von Abstimmungen aufgrund selektiver Mobilisierung.
Die SVP sagt: «Haben Vertrauen ins Volk»
Die SVP Buchs hält nichts von der Idee eines Stadtparlamentes; politische Teilhabe für alle Bürgerinnen und Bürger ist und bleibe wichtig. «Ein Stadtparlament macht zurzeit keinen Sinn für Buchs. Dafür hat Buchs eine zu kleine Bevölkerungszahl und steht finanziell auf zu wackeligen Beinen. Die Bürgerinnen und Bürger befanden erst kürzlich über einschneidende Sparmassnahmen. Ihnen nun Rechte vorzuenthalten, um ein teureres System einzuführen, ist höchst fragwürdig», hält Parteipräsident Mario Schlegel fest. Die SVP Buchs habe volles Vertrauen in die Bevölkerung. Es sei wichtig, dass alle Bürgerinnen und Bürger in Sachfragen direkt Einfluss nehmen können.Aus meiner Sicht besitzt der Stadtrat nicht zu viel Macht. Neben der Bürgerversammlung gibt es weitere Organe zur Kontrolle der Exekutive, etwa die Ortsparteien, Einwohnervereine, IG, Kommissionen, GPK und die MedienAus Sicht der SVP werde die politische Akzeptanz durch direktdemokratisch gefällte Entscheide der Bevölkerung gefördert, nicht durch ein Parlament. Jedes politische System besitze Stärken und Schwächen, «die Vorteile einer Bürgerversammlung überwiegen zurzeit klar gegenüber einem Stadtparlament». Für Buchs gebe es zurzeit wichtigere Fragen und Bedürfnisse, die angegangen werden müssen. So fordert die SVP Buchs seit längerem, dass die Stadt ihr Kommunikationsverhalten verbessert und Interessensgruppen einbindet. «Informationen ermöglichen und erhöhen die politische Teilhabe. Zudem schafft Kommunikation Transparenz, dies schafft wiederum Vertrauen», so Mario Schlegel weiter.
Die CVP sagt: «Parlament ist kein Bedürfnis»
«Solange geeignete Räumlichkeiten zur Durchführung einer Bürgerversammlung mit einem Publikumsaufkommen – wie Ende November – von mehr als 700 Personen vorhanden sind, dürfte für Buchs die Organisationsform als Gemeinde mit Bürgerversammlung das passende Konstrukt sein», sagt Martin Hutter, Präsident ad interim der CVP Buchs. Im Rahmen einer Bürgerversammlung könnten Stimmberechtigte ihre Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte direkt ausüben. In Buchs werde die Demokratie aktiv gelebt, wie die sehr angeregt geführten Debatten in jüngster Zeit eindrücklich vor Augen geführt hätten. Gerade für solche Auseinandersetzungen eigne sich die Organisationsform als Gemeinde mit Bürgerversammlung weit besser als jene mit Parlament, so die Meinung von Martin Hutter.Demgegenüber gehen bei einem Parlamentsbetrieb die direkten Mitwirkungsmöglichkeiten verloren. Zudem dauern die Prozesse bis zu einem definitiven Entscheid länger. Ein Parlament führt zu einer ‹Verpolitisierung› und darüber hinaus zu einer erheblichen Verteuerung, ohne dass dabei ein Qualitätsgewinn erkennbar wäreEntscheidend sind für Martin Hutter letztlich die Partizipationsmöglichkeiten. Beim Modell mit Bürgerversammlung müsse die Exekutive anders kommunizieren als beim Parlament, wo in erster Linie wenige Volksvertreter und nicht das Gesamtvolk einzubinden seien. Umso wichtiger sei es bei einer Bürgerversammlung, dass die Zielgruppen früh einbezogen und behördliche Entscheide transparent gemacht werden. Hier bestehe in Buchs Handlungsbedarf. «Die Bevölkerung muss besser als bisher ins Boot geholt werden. Wenn Buchs in der vernachlässigten Informationspolitik einen Zacken zulegt, dürfte das Parlament weiterhin kein Bedürfnis sein.»
Die FDP sagt: «Wäre eine Luxuslösung»
Die FDP Buchs ist der Meinung, dass die Bevölkerung von Buchs aktiver in den politischen Prozess eingebunden werden kann und muss. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten, hält Parteipräsident Daniel Marti fest. Ein Parlament sei eine davon. «Vor Jahren kannte Buchs das Bürgerforum, welches aus verschiedenen Gründen wieder aufgelöst wurde. Für eine Stadt in der Grössenordnung von Buchs wäre ein Parlament sicher eine Luxuslösung. Gerade in einer Zeit, in der es um Einsparungen im Stadtbudget geht, müsste ein solcher Schritt wesentliche Vorteile gegenüber dem heutigen System mit der Bürgerversammlung bringen. Gibt es diese Vorteile?» Der direkte demokratische Prozess mit der Bürgerversammlung wird aus Sicht von Daniel Martin an ein Stadtparlament delegiert. Ein Stadtparlament generiere hohe zusätzliche Kosten.Die Bürgerschaft hat sich aber an zwei Bürgerversammlungen deutlich gegen höhere Kosten ausgesprochenEin kleineres Gremium wie der Stadtrat seit effizienter, als wenn die Entscheide zusätzlich durch den Prozess eines Parlaments müssen. Auch bei einem Stadtparlament werde sich nicht jede Bürgerin und jeder Bürger gut vertreten fühlen. Beim heutigen System habe aber die Bürgerschaft die Möglichkeit, sich persönlich an der Bürgerversammlung zu äussern, Anträge zu stellen und abzustimmen. «Aus den genannten Gründen müssen aus Sicht der FDP Buchs vor der Implementierung eines Stadtparlaments günstigere und effektivere Varianten geprüft und allenfalls auch ausprobiert werden», schliesst der Parteipräsident.