Sterbebegleiter Martin Bürki aus Rüthi hat ein tiefgründiges Buch geschrieben | W&O

08.02.2023

Sterbebegleiter Martin Bürki aus Rüthi hat ein tiefgründiges Buch geschrieben

Martin Bürki aus Rüthi ist Coach und Vorstand vom Hospiz-Dienst Rheintal. In seinem Erstlingswerk als Autor beschreibt er, was Selbstwert, Vergebung und Respekt mit Selbstachtsamkeit zu tun haben.

Von Monika von der Linden
aktualisiert am 28.02.2023
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Sie haben ein Buch über Selbstachtsamkeit geschrieben. Braucht es diesen weiteren Ratgeber zum Thema? Martin Bürki: Mein erstes Buch hebt sich von üblichen Glücksbringer-Ratgebern ab. Es ist ein wissenschaftlich fundiertes Sachbuch und basiert auf der Haltung der Individualpsychologie. Ich habe noch kein Werk gesehen, dass sich in dieser Form mit der Selbstachtsamkeit befasst. Dieses hier ist ein gut verständliches psychologisches Selbsthilfebuch. Was veranlasste Sie dazu, Autor zu werden? In meinem Beruf als Coach ist die Selbstachtsamkeit zunehmend ein Thema. Meist spricht man erst über sie, wenn sich bereits ein Drama anbahnt und jemand zum Beispiel schon unter einem Burn-out leidet. Wer die Selbstachtsamkeit nicht pflegt, hat oft ein vermindertes Selbstwertgefühl. Sie widmen ein Kapitel Ihres Buches dem Thema Sterben. Wie kamen Sie dazu? Selbstachtsamkeit ist ein individuelles Thema. Als Sterbebegleiter habe ich erfahren, dass sie am Lebensende fast immer ein Thema ist. Um dies verständlich zu machen, beschreibe ich, wie Persönlichkeit und Charakter eines Menschen entstehen und spanne den Bogen bis zum Lebensende. Ich denke, damit beschreite ich Neuland. Ich hebe hervor, dass alle Menschen gleichwertig sind, egal welcher Herkunft sie sind. Sie sind als freiwilliger Sterbebegleiter tätig. Damit üben sie kein typisch männliches Ehrenamt aus. Im Hospiz-Dienst Rheintal sind wir sechs Männer und 25 Frauen. Unser Männeranteil ist im Vergleich zu ähnlichen Einrichtungen tatsächlich überdurchschnittlich. Ich begleite chronisch Kranke oder Sterbende aus der tiefen Überzeugung heraus, dass der Mensch ein soziales Wesen ist. Mich bereichert es, am Ende eines Lebens präsent zu sein, zu schweigen oder sowohl über alltägliche als auch spirituelle Themen zu sprechen. An Einsätzen komme ich tiefer zu mir selbst und werde eingemittet.
Zur Person Martin Bürki, geboren 1960, wuchs in Thun auf und lebt seit 2014 in Rüthi. Er studierte Betriebsökonomie, absolvierte eine Ausbildung als individualpsychologischer Berater und ist seit 15 Jahren selbstständiger Coach für Firmen und Institutionen. Martin Bürki ist Gründungsmitglied und Vorstand des im Jahr 2017 gegründeten Vereins Hospiz-Dienst-Rheintal mit Sitz in Altstätten. Weiter wirkt er seit dem Jahr 2009 als freiwilliger Sterbebegleiter.
Hat das Buch einen autobiografischen Teil? Nein, gar nicht. Ich offenbare mich aber teils selbst. Ich musste auch erst lernen, selbstachtsam zu werden. Insofern hat die Motivation zu schreiben, eine persönliche Komponente. Weitere sind die Entwicklungen in der Gesellschaft und auf dem Arbeitsmarkt. Viele Leute erreichen oder überschreiten ihre Grenze an Belastbarkeit. Ich möchte möglichst vielen Menschen helfen, an Lebensqualität zurückzugewinnen. Ein Kapitel handelt vom Verzeihen und Vergeben. Erklären Sie bitte den Bezug zur Selbstachtsamkeit. Viele Menschen zürnen mit einer Entscheidung, die sie irgendwann einmal getroffen haben. Wer hadert, macht sich selbst zum Objekt. Wer sich aber vergibt, wird zum Subjekt. Es ist ein Prozess, sich selbst und nicht nur anderen zu vergeben. Kann es die Mitmenschen irritieren, wenn man plötzlich selbstachtsam ist? Selbstachtsamkeit wird oft mit Egoismus verwechselt. Stelle ich fest, dass es mir an Respekt vor mir selbst mangelt, und ändere mein Verhalten, richte ich mich nicht gegen andere. Ich bin nicht rücksichtslos, sondern grenze mich ab. Das ist nicht egoistisch. Ich gestehe mir den Wert zu, den ich auch anderen Menschen gebe. Ich behandle mich so, als wäre ich ein guter Freund. Wirft mir das jemand vor, verhält er sich egoistisch. Welche Erkenntnis haben Sie gewonnen? Ich bin demütiger geworden. Es ist ein Wunder, dass es uns gibt. Jeder Mensch ist einzigartig und doch nur ein Sandkorn auf der Welt. Wir haben alle das Potenzial, etwas zu verändern. Oft merken wir es nicht, weil wir uns als Opfer sehen. In meinem Buch führe ich Beispiele auf, mit denen ich die Theorie praktisch erkläre. So kann man erkennen, ob man sich unter Umständen selbst zu wenig achtet. Der Titel Ihres Buches lautet «An mir selbst wachsen …!» Trifft das auch auf Sie zu? Meine Zuversicht darauf, dass ich mit dem umgehen kann, was auf mich zukommt, ist grösser geworden. «An mir selbst wachsen…! Durch Selbstachtsamkeit zu mehr Lebensqualität» ist beim Verlag BoD – Books an Demand, Norderstedt, erschienen und im Buchhandel erhältlich (ISBN: 978-3-7568-6095-1).

Lesung unter anderem in Buchs

Martin Bürki liest aus seinem Werk: Dienstag, 21. Februar, um 18.30 Uhr, Malia Stiftung, Forst 1, Altstätten; Donnerstag, 9. März, 19 Uhr, Bibliothek Buchs; Freitag, 30. Juni, 19 Uhr, Biermuseum «Zum alten Bock», Rüthi (Anmeldung für diese Lesung bis 30. Juni an E-Mail: mbrki@bluewin.ch).