Streit um eine Stützmauer: Das Wasser fliesst halt nun mal den Berg hinab | W&O

15.02.2022

Streit um eine Stützmauer: Das Wasser fliesst halt nun mal den Berg hinab

Ein jahrelanger Nachbarschaftsstreit hat es bis ans Kreisgericht Werdenberg-Sarganserland geschafft. Streitgegenstand war eine Stützmauer – notwendig oder illegal und gefährlich?

Von Reinhold Meier
aktualisiert am 28.02.2023
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Geklagt hatte eine Frau, deren Grundstück sich im Hang liegend rund zwei Meter unterhalb jenes Grundstücks befindet, das dem Beklagten gehört. Wie in der Region noch häufig zu sehen, bildeten einst stützende Bahnschwellen einen Absatz zwischen den beiden Liegenschaften. Diese Bahnschwellen jedoch, dem Oberlieger gehörend, schienen eines Tages durchgefault und instabil. Darum liess er sie ersetzen.

Klägerin fordert: Originalzustand wieder herstellen

Dabei entstand eine solide Mauer, wohl etwas höher und wuchtiger als der hölzerne Vorgänger. Daran störte sich die Nachbarin unterhalb, stiess aber auf taube Ohren. Konkret ortete sie Überschwemmungsgefahr und forderte, der Originalzustand sei wieder herzustellen. Schliesslich rage der Sockel des strittigen Bauwerks volle fünf Zentimeter auf ihr Grundstück. Damit nicht genug. Sie habe vorab nicht einmal etwas vom Bau der Wand gewusst. Das wäre ja wohl das Mindeste gewesen. Die Klägerin kritisierte an Schranken:
Ich musste plötzlich die Errichtung miterleben.
Zudem stelle der Wall eine Bedrohung dar, erklärte sie weiter. «Er ist bis zur Krone hinterfüllt». Das Ganze könne zusammenkrachen. Schlimmer noch seien die 21 Drainagelöcher da­rin, denn deren Zweck sei klar: «Die leiten das Wasser zu mir.» Erosion drohe. Von den Folgen für die Stabilität des ohnehin labilen Geländeabsatzes ganz zu schweigen. Wasserdruck und Einsturzgefahr hiessen die Stichworte. Wenn es dumm laufe, werde man gar noch erschlagen.

Regenwasser auf eigenem Grundstück sammeln

Die Klägerin forderte denn auch, die Gegenpartei zu verpflichten, den Ursprungszustand wieder herzustellen. Namentlich jene Teile der Mauer, die sich auf ihrem Grundstück befänden, seien komplett zu entfernen. Zudem seien die Aufschüttungen wegzuräumen und eine regelgerechte Stützung aufzubauen. Vor allem aber sei das beim Nachbarn anfallende Regenwasser von diesem auf seinem eigenen Grundstück zu sammeln und gesetzeskonform zu entsorgen. Der ganze Ärger rühre im Übrigen daher, dass der Nachbar sein Grundstück auf ihre Kosten habe vergrössern wollen.

«Mauer schützt die Klägerin»

Der Anwalt des Beklagten mochte die Aufregung der Prozessgegnerin nicht teilen. Die Mauer stehe nun schon seit über fünf Jahren und sei fachmännisch ausgeführt. Sie sei von der Gemeinde abgenommen.
Es gibt keinerlei Anzeichen, dass sie gefährlich ist.
In Wahrheit stelle sich die ganze Sache sogar umgekehrt dar. Sein Mandant habe ja nicht aus Zeitvertreib gebaut oder um seine Nachbarin zu ärgern, sondern weil die Bahnschwellen durchgefault waren. «Sie mussten ersetzt werden.» Deshalb sei die Stützmauer notwendig. «Sie dient dem Schutz der Unterliegerin», hielt er fest. Aufschüttungen gebe es keine, schon gar nicht auf dem fremden Grundstück. Überhaupt habe die Frau keinerlei Beweise für ihre Behauptungen beigebracht. «Wer nicht belegen kann, wo die Mauer steht, kann daraus keine Rechte ableiten. Natürliches Regenwasser müssten Unterlieger im Übrigen abnehmen, das liege in der Natur der Sache. «Wasser fliesst ja nicht bergauf.» Die Klage sei folglich vollumfänglich abzuweisen.

«Beweis der Behauptungen nicht gelungen»

Das Gericht versuchte zweimal auf ein Vergleichsangebot hinzusteuern. Schliesslich brachte der Beklagte auch noch einen möglichen Aufkauf des Grundstücks der Klägerin ins Spiel. Es folgten zehn Tage Bedenkzeit und dann ein Nein. So musste das Gericht entscheiden und wies die Klage ab. In Zivilverfahren läge die Beweislast bei den Parteien, hiess es zur Begründung. Beweise habe die Frau jedoch nicht vorgelegt, auch kein Gutachten eingeholt wegen der angeblichen Wassergefahr. Fotos genügten nicht. So handle es sich letztlich um Parteibehauptungen, rechtlich ohne Bedeutung. Der Unterlegenen verbleiben nun Gerichtskosten von 4000 Franken sowie die Entschädigung für die obsiegende Partei in Höhe von 12000 Franken.