Trotz Konzertabsage: Band Megawatt gibt Vollgas, wann immer sie kann | W&O

31.12.2021

Trotz Konzertabsage: Band Megawatt gibt Vollgas, wann immer sie kann

Megawatt-Frontmann Thomas Graf blickt auf ein herausforderndes Jahr für die Mundart-Rockband zurück.

Von Bettina Stahl-Frick
aktualisiert am 28.02.2023
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  Thomas Graf, Anfang Woche wären Sie mit Ihren Bandkollegen im Triesner Saal für ein letztes Konzert in diesem Jahr auf der Bühne gestanden: Die Vorfreude – gerade am Ende eines wiederum nicht ganz einfachen Jahres – war bestimmt gross. Ist umso grösser nun auch die Enttäuschung? Die Vorfreude war riesig! Natürlich war ich für kurze Zeit enttäuscht. Ich bin aber grundsätzlich ein Mensch, der lieber Chancen nachgeht als Enttäuschungen nachhängt. Es nützt ja nichts. Leid tat es mir auch für die vielen Fans, die ihre Tickets im Vorverkauf gekauft haben und sich auf diesen Moment freuten. Über 600 Tickets waren schon weg, und mir ist bewusst, dass dies in dieser Zeit sehr viele Tickets sind und von grosser Wertschätzung zeugt. Auch deshalb sind wir sehr motiviert, nach vorne zu blicken, anstatt Trübsal zu blasen. Was war denn ausschlaggebend für den Entscheid, das Konzert abzusagen? Wir haben alle erdenklichen Varianten geprüft – so schnell wollten wir nicht aufgeben. Wir haben mit dem Gedanken gespielt, das Konzert nach draussen ins Freie zu verlegen, um allen Leuten das Konzert mit einem guten Gefühl zu ermöglichen. Als dann aber bekannt wurde, dass bei mehr als 300 Menschen die 2G-Regel auch im Aussenbereich gilt, fing auch diese Idee an zu bröckeln. Dann war also 2G die grosse Hürde? Nicht nur. Wir haben unseren Entscheid aus drei Gründen gefällt: Zum einen war der Ticketvorverkauf auf 3G-Basis. Den Event hätten wir aber – wie eben angesprochen – unter 2G-Massnahmen durchführen müssen, entsprechend hätten wir den Fans natürlich die Möglichkeit angeboten, ihre Tickets zurückzugeben. Ein weiterer Grund waren die vielen Auflagen. Beispielsweise hätten wir 15 Sicherheitsleute stellen müssen, um die Zertifikatskontrolle und die Einhaltung der Massnahmen sicherzustellen. Auch die Auflagen für die Verpflegung stellten sich als eine unverhältnismässige Hürde dar. Der dritte Grund hat uns dann im Endeffekt davon abgehalten, am Konzert festzuhalten: die Unsicherheit. Am Ende heisst es dann kurz davor: Geht doch nicht. Siehe das jüngste Beispiel vom Spengler-Cup in Davos, bei dem der Kanton kurzfristig die Bewilligung entzog. Solche Entscheide können wir nicht beeinflussen. Und eine kurzfristige Absage würde wohl alle noch mehr schmerzen. So ganz wolltet ihr eure Fans am Dienstag dann aber doch nicht im Stich lassen. Zumindest via Livestream zeigtet ihr euch an den Bildschirmen... Jawohl! Wie gesagt, den Kopf in den Sand zu stecken, ist nicht unser Ding. Meine Jungs aus der Band kennen mich und waren dann auch gar nicht überrascht, als ich in unserem Band-Chat mit der Idee kam, was anderes, cooles auf die Beine zu stellen. Schnell waren wir uns einig, dass wir uns bei unseren Fans mit einem Livestream auf Facebook bedanken wollen. Konnten sich die Fans einbringen? Ja! Wie bei den letzten Live­streams auf Facebook konnten unsere Fans die Kommentar-Funktion nutzen und so das Gesagte ergänzen oder unterstreichen. Zum Thema «einbringen» werden wir für unser neues Album eine ganz grosse Bitte an unsere Supporter haben. Und die wäre? Wir rufen die Fans auf, ihr Por­trätbild unter einem Link hochzuladen. Aus all diesen Porträtbildern wird ein Mosaikbild gestaltet. Dieses Bild wird das Cover unseres neuen Albums sein. Die Fans werden also zu einem Teil eures neuen Albums gemacht... Weil wir wissen: Ohne sie hätten wir das alles nicht erleben dürfen, was wir in dieser doch speziellen Zeit tatsächlich erleben durften. Diese Dankbarkeit spiegelt auch unser neues Album wider. Ebenso die Faszination, was wir gemeinsam mit unseren Supportern erreicht haben. Entsprechend passender könnte das geplante Coverbild vom neuen Album nicht sein. Inwiefern wird sich das neue vom aktuellen Album unterscheiden? Natürlich sind wir dem Mundart-Rock treu geblieben. Die Produktion und die Songs sind kraftvoll und die Texte tiefsinnig. Vielleicht ist es ein Spürchen rockiger als das aktuelle (grinst). Und was mich besonders freut: Alle Songs klingen neu – sind also keine Kopie – und haben trotzdem einen hohen Wiedererkennungswert. Apropos Songs: Wenn Sie einen über das Jahr 2021 schreiben würden – wie würden Sie ihn nennen? Puh, so auf die Schnelle überfordert dies gerade meine Kreativität (lacht). Auf alle Fälle wäre es aus Sicht der Band ein positiver Song. Wir sind zusammengewachsen und haben in dieser Zeit jede Menge lustige Geschichten erlebt. Wahrscheinlich würde der Song wieder in Richtung Power-Hymne gehen … ich denke, das Wort «unglaublich» dürfte nicht fehlen. Dann würden Sie auch so das Jahr beschreiben? Auf alle Fälle: Am Sonntag haben wir erfahren, dass das aktuelle Album auf Platz 12 der Schweizer Jahreshitparade gelandet ist, wir haben den Swiss Music Award gewonnen, die Goldene Schallplatte bekommen, wir durften 15 Konzerte spielen, und auf Spotify wurde unser Song «Heimatgfühl» über eine Million Mal angeklickt – das ist doch unglaublich? Wann immer wir durften, haben wir Vollgas gegeben – und die Fans haben es uns mit viel Applaus und stets sehr wohlwollenden Worten gedankt. Megawatt darf durchaus von einem sehr erfolgreichen Jahr sprechen. Überhaupt nichts, das hätte besser laufen können und Sie verärgert hat? Ich ärgere mich extrem selten. Und falls, ist dieser Moment von kurzer Dauer. Ich bin zu dankbar und zu demütig, als dass ich mich über irgendetwas ärgern möchte. Natürlich gibt es Momente, in denen nicht alles rosarot und himmelblau ist. Beispielsweise als wir dieses Jahr für ein Konzert nach Murten reisten und in dem Moment, als wir ankamen, erfuhren, dass das Konzert wegen einer Gewitterfront verschoben werden musste. Aber auch da war unser Motto: Lasst uns das Beste daraus machen. Und das haben wir. Wir haben abends zusammen gegessen und konnten einen schönen, lustigen Abend verbringen. Das Konzert durften wir am nächsten Tag gleich zu Beginn des Programms spielen. Sie lassen sich tatsächlich nicht so schnell aus der Ruhe bringen ... aber mal ehrlich: Lastet nach diesen erfolgreichen zwei Jahren, in denen es steil nach oben ging, nicht auch gewissermassen ein Druck auf der Band, auch mit dem neuen Album die Charts wieder zu stürmen? Wir sind wirklich ein sehr cooles Team, und jeder Einzelne lässt seine Kreativität in die gemeinsame Arbeit einfliessen – gekoppelt mit viel Herzblut. Da kann doch eigentlich nur etwas Positives rauskommen! Vielleicht mag dies jetzt nach einem Bluff klingen – aber ich meine dies tatsächlich so, wie ich es sage. Wir alle sind sehr, sehr zufrieden mit dem, was durch den vollen Einsatz jedes Einzelnen entstehen durfte. Ob sich dieser Einsatz auch in den Charts zeigen wird – wir lassen uns überraschen. (grinst) Auf euren Social-Media-Kanälen ist immer etwas los. Kann es nicht auch manchmal mühsam sein, ständig so präsent zu sein? Nein. Vielmehr ist es eine Leidenschaft. Wenn ich keinen Plausch daran hätte, würde ich es nicht machen. Ausserdem habe ich auch wertvolle Skills in dieser ganzen Social-Media-Welt gelernt. Erfolg macht gewissermassen auch angreifbar – haben Sie auch etwas über sich gelernt? Nichts, was ich nicht vorher schon gewusst hätte: Wichtig ist in jeder Lebenslage, authentisch zu sein und sich selbst treu zu bleiben. Klar erkennen mich mehr Menschen, und entsprechend ist die Aufmerksamkeit gestiegen. Deswegen fühle ich mich aber nicht wichtiger. Aber Sie geniessen diese Aufmerksamkeit? Geniessen klingt irgendwie nach bewusstem Danach-Suchen. Ich gehe ganz bestimmt nicht irgendwohin, um bewusst Aufmerksamkeit zu generieren. Ich freue mich, wenn sich andere Menschen freuen, mich zu sehen – das war auch vor Megawatt schon so, und ich denke, dass es uns allen so geht. Ich bin einfach immer Thomas Graf. Ob ich im Facebook einen Post mache, in meinem Beruf als Lehrlingsausbildner mit jungen Menschen arbeite oder jetzt: Ich bin immer derselbe Thomas. Und wie feiert dieser Thomas Graf den Jahreswechsel? Ruhig, gemütlich und im Kreise meiner Liebsten. Ist für Sie der Silvester ein Tag wie jeder andere? Ja. Ich bin nicht so der Mensch, der sentimental auf das Jahr zurückblickt. Ich reflektiere zeitnah und schaue grundsätzlich lieber nach vorne. Natürlich habe ich auch meine nachdenklichen Momente, wenn ich beispielsweise um eine Videobotschaft oder eine Sprachnachricht für einen Menschen gebeten werde, der nur noch wenige Wochen zu leben hat. Solche Situationen berühren mich natürlich sehr und gehen mir nahe. Dies aber ganz unabhängig von Silvester. Hinweis: Die Tickets für das geplante Konzert behalten ihre Gültigkeit. Am 12. Januar 2022 werden die Details bekanntgegeben.