Ukraine-Flüchtlinge: Gemeinden müssen bei der Wohnungssuche dran bleiben | W&O

03.10.2022

Ukraine-Flüchtlinge: Gemeinden müssen bei der Wohnungssuche dran bleiben

Die Flüchtlingswelle aus der Ukraine ist abgeebbt. Doch das Beschaffen von Wohnraum ist bei den lokalen Sozialämtern weiterhin aktuell.

Von robert.kucera
aktualisiert am 28.02.2023
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Im Grabser Newsletter vom 23. September weist das Sozialamt Grabs auf die zunehmend schwierige Suche nach geeignetem Wohnraum für ukrainische Flüchtlinge hin. Dies ist ein Fingerzeig dafür, dass die ausserordentliche Lage für die Gemeinden in der Region nicht vorbei ist. Grund dafür ist der laufend steigende Soll-Bestand für Flüchtlinge, den jede Gemeinde zu erfüllen hat. Dieser wird vom Trägerverein Integrationsprojekte St. Gallen (TISG) vorgegeben, der im Auftrag der 77 St. Galler Gemeinden die Verteilung koordiniert (siehe Kasten). Und wer das Soll nicht erfüllt, steht zuoberst auf der Liste jener, die innert weniger Tage Flüchtlinge aufzunehmen haben. Also gilt es, stets Wohnraum zur Verfügung zu haben, bevor die Zuteilung erfolgt.

Die Situation bleibt angespannt

«Wir haben über Jahre hinweg grossen Wert darauf gelegt, dass wir im grünen Bereich bleiben. Flüchtlinge aufzunehmen und bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen hat in Grabs stets gut geklappt», gibt Werner Hefti, Ratsschreiber der Gemeinde Grabs, Auskunft. Doch der Krieg in der Ukraine hat vieles verändert. Die Soll-Zahlen haben sich mehr als verdoppelt (auf aktuell 97 Flüchtlinge), was das Sozialamt Grabs entsprechend fordert, wie Hefti schildert:
Wir suchen intensiv nach Wohnraum. Doch angemessener und bezahlbarer Wohnraum ist knapp, der Wohnungsmarkt ist ausgetrocknet.
Auch seien nur wenige Eigentümer bereit, ihre Wohnungen zur Flüchtlingsunterbringung an die Gemeinde zu vermieten. TISG: Mehr als nur Zuweisung von Flüchtlingen Der Trägerverein Integrationsprojekte St. Gallen (TISG) erfüllt im Auftrag aller 77 St. Galler Gemeinden Aufgaben in der Unterbringung, Betreuung sowie der sozialen und beruflichen Integration von Flüchtlingen. Werden Flüchtlinge aus der Ukraine dem Kanton St. Gallen zugewiesen, sind die Gemeinden zuständig. Der TISG übernimmt im Auftrag aller 77 Gemeinden die Zuweisung der Personen an eine Gemeinde sowie auch die Führung von Kollektivunterkünften. Der TISG verfolgt zudem die Integrationsagenda als Ziel. Es gilt, Flüchtlingen und vorläufig angenommen Personen rascher in die Arbeitswelt und die Gesellschaft zu integrieren und ihre Abhängigkeit von der Sozialhilfe zu reduzieren. «Die Situation bleibt daher angespannt, gerade im Hinblick auf den nahenden Winter, in welchem zum Beispiel eine vorläufige Unterbringung im Berggasthaus Voralp nicht mehr möglich ist», beschreibt Hefti.

Mehr Verständnis für die Lage bei Gemeinden

Alles andere als entspannt war die Lage diesen Sommer in der Gemeinde Wartau (siehe W&O-Ausgabe vom 22. Juni).
 Geeigneter Wohnraum ist knapp - mittlerweile hat der Trägerverein Integrationsprojekte St. Gallen (TISG) mehr Verständnis für jene Gemeinden, bei welchen der Wohnungsmarkt ausgetrocknet ist.
Geeigneter Wohnraum ist knapp - mittlerweile hat der Trägerverein Integrationsprojekte St. Gallen (TISG) mehr Verständnis für jene Gemeinden, bei welchen der Wohnungsmarkt ausgetrocknet ist.
Bild: Belinda Schmid
Die Leiterin des Sozialamts, Elisa Langs, fühlte sich vom Kanton im Stich gelassen. Es stellte eine enorme Stresssituation für die Angestellten des Sozialamts dar, immer neuen Wohnraum für ukrainische Flüchtlinge zu beschaffen. «Der Druck ist nicht mehr so hoch», berichtet Langs. Mittlerweile teilt der TISG der Gemeinde Wartau nicht mehr so viele Flüchtlinge zu. Sie hält weiter fest:
Die Zusammenarbeit mit dem TISG ist nun angenehmer geworden. Man nimmt mehr Rücksicht auf die Gemeinden und bringt Verständnis für unsere Lage auf.
Im Soll ist Wartau aber nach wie vor nicht. «Die Suche nach Wohnraum hat nie aufgehört», sagt Elisa Langs. Wie sie schildert, sei es aber sehr schwer, in der Gemeinde freie Wohnungen zu finden. «Deshalb gibt es für uns keinen Grund auszuruhen. Sobald Wohnraum gefunden werden konnte, melden wir dies der TISG», beschreibt Langs die Zusammenarbeit.

Private unterstützen weiter ukrainische Flüchtlinge

Auf dem Sozialamt der Stadt Buchs herrschte in den Sommermonaten nicht gerade Langeweile. Doch die Lage war wesentlich entspannter als in den umliegenden Gemeinden. So verfügte man noch über genügend eigene Altliegenschaften. Doch vor allem die Privaten, die den ukrainischen Flüchtlingen ein Dach über den Kopf gaben, trugen dazu bei, dass die Stadt Buchs stets im Plus blieb. «Nach wie vor steht Wohnraum zur Verfügung und der Soll-Ist-Bestand ist auf erfreulichen plus 19», vermeldet Sozialamt-Leiter Hans Schlegel die aktuelle Lage.   Nach wie vor könne man in Buchs auf die grosse Solidarität der Bevölkerung bauen, «wir sind sehr, sehr froh, dass die Privaten daran festhalten, die Flüchtlinge zu unterstützen.» Dem Sozialamt gegenüber gab es aber den Wunsch nach einer Umplatzierung:
Das sind aber Einzelfälle. Hier wünschen sich sowohl Private als auch Ukrainer mehr Autonomie, was das Wohnen angeht.
Rasch konnten für diese Fälle geeignete Wohnungen gefunden werden.

Planungsunsicherheit ist eine Belastung

Wie Hans Schlegel festhält, ist das Wohnraum-Angebot derzeit nicht das Hauptproblem des Sozialamts und der Flüchtlinge: «Die Planungsunsicherheit ist die grösste Belastung. Denn der Schutzstatus S läuft am 11. März 2023 ab – und noch weiss niemand, wie es danach weitergeht.» Es ist die dringendste Frage, welche dem Sozialamt Buchs gestellt wird. Worauf es derzeit keine Antwort gibt. Denn der Bund hat diesbezüglich noch keine neue Regelung festgelegt.